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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gebrauchen.«
    »Unverzüglich, Meister«, antwortete der Ork. Irgendwann mach ich dir einen Knoten in die dämlichen Tentakel, Fischgesicht, dachte er.
    Unvermittelt fuhr dem Ork ein stechender Schmerz durchs linke Auge. Eine lange Schnittwunde bahnte sich zwei Finger breit über der Braue bis zum Ansatz des Wangenknochens ihren Weg. Wie von einer unsichtbaren Klinge geführt, nahm sie dem Ork die Hälfte seiner Sehkraft. Er presste sich die Hand vor das Gesicht und stieß einen quiekenden Schrei aus. Grünes Blut drang unter seiner Hand hervor.
    Noch einmal ertönte die Stimme aus dem Zimmer.
    »Es heißt Teudraeda, nicht Fischgesicht.«

6
Nächtlicher Überfall
 
    »Woher willst du wissen, dass es unter der Stadt keine Monster gibt? Du warst ja noch nie dort«, beharrte Cindiel.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass es dort keine Untiere gibt. Die Stadtwachen sind hinuntergeklettert, haben nach Spuren gesucht und nichts gefunden. Außerdem, wenn ich über einem Einstieg stehe und mir die Düfte von dort in die Nase steigen, weiß ich, dass dort nichts lebt, jedenfalls nichts, was eine Nase hat«, antwortete Hagrim ebenso beharrlich.
    »Vielleicht lebt dort aber ein Monster ohne Nase, ein Käfer oder ein Fisch«, drängte Cindiel weiter.
    »Ich habe schon viele Insekten gesehen, aber noch keines, das einem Tritt standhalten würde. Und wenn es dort Fische gäbe, hätten wir hier sicherlich auch Fischer«, gab Hagrim besserwisserisch zurück.
    Dieses Gespräch hatte in den letzten drei Monaten schon oft in der einen oder anderen Form stattgefunden, aber für Cindiels Geschmack zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt.
    Die Bürger von Osberg hatten den Vorfall mit dem toten Zwerg recht schnell vergessen. In der ersten Woche mieden sie noch die kleine dunkle Gasse, aber in der darauffolgenden tummelten sich hier schon wieder Schwarzmarkthändler und Frauen von verhandelbarer Moral. Selbst die Markierungen, die die Stadtwachen am Ort des Geschehens hinterlassen hatten, überstanden den ersten Regenguss nicht. In den Berichten der Wachen war nur ein kleiner Vermerk zu lesen, in dem stand: Zwerg von einem unbekannten Täter in der Trunkgasse niedergeschlagen. Tot. Täter entkam durch Kanalisation. Spurensuche erfolglos (Familienfehde).
    Der komplette Vorfall geriet einfach in Vergessenheit, nur Cindiel konnte ihn nicht ganz aus ihren Gedanken verbannen.
    »Es könnte doch sein, dass ein wahnsinniger Mörder dort unten haust, der wahllos Leute umbringt und dann wieder in der Kanalisation verschwindet oder ...?«
    »Na ja ...«, entgegnete Hagrim, »sein Wahnsinn hält sich dann aber noch in Grenzen. Er hat schließlich in den zwölf Wochen seit dem Vorfall niemanden mehr getötet. Aber wenn das so ist, dann werden sie ihn bestimmt bald fangen.«
    »Wieso?«
    »Wenn er seine Sachen zum Lüften raushängt, werden sie ihn wegen mangelnder Körperpflege verhaften«, lästerte Hagrim.
    »Meinst du, es gibt eine Belohnung, wenn man den Mörder findet?«, fragte Cindiel mit finsterer Miene.
    »Warum, hast du einen Verdacht?«
    »Ja, sicherlich. So wie du riechst, ist das ein stichhaltiger Beweis.« Bei dem Wort »stichhaltig« piekste Cindiel Hagrim in die Seite.
    »Los komm, Prinzessin, lass uns zum Marktplatz gehen, dort findet gleich ein Puppenspiel statt. Die Gaukler sind schon heute Nachmittag angereist und haben eine Vorstellung gegeben. Sie soll wirklich brillant gewesen sein. Heute Abend findet eine kostenlose Aufführung für arme Kinder und alte übelriechende Geschichtenerzähler statt, die ihr Geld immer versaufen. Wahrscheinlich sind wir die einzigen beiden Zuschauer.«
    »Ein Puppentheater! Meinst du nicht, dass wir schon etwas zu alt dafür sind?«, fragte Cindiel.
    »Niemals!«, kam die überzeugte Antwort von Hagrim, der dabei eine Bewegung machte, als wenn er ein Schwert zog. Er nahm Cindiel bei der Hand und marschierte in großen Schritten los.
    Sie hatten gerade zwei Querstraßen hinter sich gelassen, als es zu schneien begann. Die spärlich herabfallenden Flocken tanzten vor den Straßenbeleuchtungen. Der Winter beugte sich zwar eigentlich bereits dem beginnenden Frühling, aber so weit im Norden konnte sich die kalte Luft des Abends noch immer durchsetzen. Cindiel lächelte. Der Schnee bedeutete Geborgenheit. Sie hatte immer das Gefühl, er legte sich auf die Dächer der Stadt und beschützte die Bewohner, vor was auch immer. Außerdem war sie ein Kind, und alle Kinder mochten Schnee. Hagrim ging es

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