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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Niemand hatte bemerkt, was geschehen war, und auch niemand bemerkte das zufriedene Grinsen auf den Gesichtern der Oger.
    Nachdem Ursadan und seine Truppe die Stadt geplündert und die Bewohner, die nicht geflüchtet waren, getötet hatten, kamen sie zurück. Sie trugen den Leichnam von Brochqnat. Alles, was die beiden Oger zum Tod ihres Rottenführers sagten, war: »Ist Unfall gewesen.«

39
Das Kleine Volk
 
    Kapitän Londor stand beängstigend nah am Rand der Klippen und ließ seinen Blick über den Horizont schweifen. Die Seestern war nur noch ein kleiner Punkt in der Unendlichkeit des Meeres. Er hatte schon hier gestanden und zugeschaut, als seine Mannschaft den Anker lichtete. Seitdem verfolgte er ihre Fahrt, aber nun war es an der Zeit, weiterzuziehen und seinen Leuten alles Gute zu wünschen. Sein Weg würde ein anderer sein.
    Den Blick mit einem Seufzen abwendend, verließ er den Ausguck. Er zwängte sich zwischen den Felsen hindurch und bestieg den schmalen Bergpfad, der hinauf zu den Zwergenminen führte. Kurz vor einer Wegbiegung stoppte er, als er die brummige Sprache seiner neuen Reisegefährten hörte.
    »Wir nicht brauchen«, vernahm er Brakbars Stimme. »Er klein und schwach. Er keine Hilfe.«
    »Wir nicht brauchen für Kampf«, erwiderte Kruzmak. »Hüttenbauer Recht, kleines Volk nicht trauen uns. Sie fürchten Oger. Er kann sprechen mit ihnen und erzählen Wahrheit.«
    Als Londor den Ogern von seinem Plan berichtet hatte, sie zu begleiten, war er keinesfalls nur auf Zustimmung gestoßen. Er musste es dennoch wagen. Ihm blieb keine andere Wahl. In Sandleg lauerte noch immer dieses Wesen, das seinen Kopf wollte, und zu allem Überfluss hatte er auch noch den Hafenmeister auf dem Gewissen. Dort gab es für ihn nichts mehr zu holen, bis die Sache aus der Welt geschafft war. Die einzige Chance, die er sah, lag darin, dafür zu sorgen, dass diese Nesselschrecken, oder wie sie sich auch immer schimpften, aus dem Land verschwanden.
    Und was gab es da Besseres zu tun, als eine Gruppe von riesigen Muskelprotzen zu unterstützen, die nichts anderes im Sinn hatten, als aus diesen Monstren ein Hauptgericht zu machen? Das kleine Problem, dass Londors Leben ihnen auch nicht allzu sehr am Herzen lag, überging er großzügig.
    Vorsichtig schlich er ein Stück des Weges zurück, um einen neuen Anfang zu wagen, diesmal erheblich schlurfender. Zusätzlich räusperte er sich, damit sie ihn kommen hörten. Entweder zählten Oger nicht zu den aufmerksamsten Reisenden, oder es gab nichts, wovor sie sich in den Bergen fürchteten.
    »Du nicht rumschleichen wie Dieb«, fauchte ihn Brakbar an. »Nie laufen in Rücken, sonst ...«
    Er sprach nicht weiter, aber der Fingerstrich über die Schneide seiner Breitaxt ließ keine Vermutung offen.
    »Ich werde es mir merken«, gab Londor äußerst trocken zurück, in der Hoffnung, über seine Verängstigung hinwegtäuschen zu können. Er versuchte selbstsicher zu wirken und setzte sich zusammen mit Kruzmak an die Spitze der acht Oger.
    Londor hatte Schwierigkeiten, mit den Ogern Schritt zu halten, aber er betrachtete es als Prüfung seiner neuen Gefährten: Er sollte sich als würdig erweisen. Der Pfad wurde enger und steiler, bis sie schließlich gezwungen waren, im Gänsemarsch hintereinander herzulaufen. Immer wieder brachen Geröllstücke ab und stürzten lautstark in die Tiefe. Londor wunderte sich über die Oger, denen die Höhe überhaupt nichts auszumachen schien, die aber an Bord seines Schiffes keinen Moment ihren Unmut über die Nähe zum Wasser überspielen konnten. Er hingegen würde lieber über den Grund des Meeres laufen, als diese Gipfel zu besteigen. Erst als Londor kurz davor war, vor Erschöpfung zusammenzubrechen, beschloss Kruzmak, ein Lager aufzuschlagen. Ein nicht mehr genutzter Probestollen der Zwerge sollte ihnen als Nachtlager dienen. Überall in den Bergen fand man solche nur etwa fünfzig Schritt lange Tunnel. Das Gebirge erweckte den Eindruck eines verlassenen Ameisenbaus.
    Londor empfand es als unangebracht, sich einen Lagerplatz abseits der Oger zu suchen, und somit legte er seine Decke mitten zwischen ihnen ab. Zu spät erkannte er, dass Brakbar genau neben ihm saß, aber er wollte die Abneigung des Ogers nicht zusätzlich schüren, indem er gleich wieder aufstand und das Weite suchte.
    Überaus geschäftig packte der Kriegsoger ein Stück Dörrfleisch aus seinem Proviantbeutel. Die Größe des Stückes war besorgniserregend. Londor kannte kein

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