Die Oger - [Roman]

Arm und versuchte ihn mitzureißen. Ein Sandläufer stieß direkt unter ihm hervor und bohrte seine Zangen tief in seinen Fuß. Kruzmak schrie auf. Das weckte selbst Matscha aus seiner Starre. Rator rollte sich über die Schulter ab und führte einen schwungvollen Axthieb, den er dicht neben Kruzmaks Fuß in den Sand setzte. Die brachiale Gewalt des Schlages trennte dem Rieseninsekt den Kopf vom Rumpf. Kruzmak bekam seinen Fuß frei und lief los, wobei er das Bein nachzog. Sie rannten in westlicher Richtung über die Felder, um in den Bäumen Schutz zu suchen. Sie blickten nicht zurück. Ein lieblos angelegter Zaun wurde einfach niedergetrampelt, genauso wie einige kleine Obstbäume, die ihnen im Weg waren. Sie liefen und liefen.
    Erst nach zwei Stunden unermüdlicher Flucht verlangsamten sie ihr Tempo und hofften, genügend Abstand zwischen sich und ihre Verfolger gebracht zu haben.
    Noch ganz außer Atem fragte Mogda: »Was waren das für Wesen?«
    »Die Sandläufer nur Späher«, erklärte Rator. »Sie zeigen Ziel für Schattenwurm. Riesiger Wurm stößt aus Erde und verschluckt Feinde. Jagt so lange, bis hat Beute.«
    »Halt, halt, halt«, unterbrach Cindiel ihn. »Das Wesen, von dem ihr sprecht, nennen sie bei uns ›Blutrach‹. Der Wurm kann von Magiern beschworen werden und wird mit den Opfern seiner Feinde gefüttert. Dann sucht er den Mörder so lange, bis er ihn gefressen hat und tötet alle, die sich ihm in den Weg stellen.«
    »Bei uns heißt Schattenwurm«, entgegnete Rator.
    »Das ist aber nur eine Geschichte, so ein Wesen gibt es in Wirklichkeit nicht.«
    Mogda schaute sie mitleidig an. »Wenn alles, was ihr Menschen als Geschichten abtut, und alles was ihr als wahr erachtet stimmen würde, wären wir sicher nicht hier und würden dich nach Hause begleiten.«
    »Wir besser weiter, bevor Geschichte von Hüttenbauern beißt uns Hintern ab«, ermahnte Kruzmak.
    Sie machten sich auf, um noch einen Teil der Wegstrecke hinter sich zu lassen.
    Sie mussten den Abstand zu den Sandläufern vergrößern, um tagsüber rasten zu können. Was aber alle noch viel mehr beschäftigte, war die Frage, auf wen von ihnen der Schattenwurm angesetzt war.
    Mogda war froh, dass Cindiel bei ihm war und nicht bei einem der anderen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gerade den toten Ork vom Gefängnis wählten, war sehr gering.
    Er musste ständig zu Matscha hinübersehen. Warum war er ihnen gefolgt? Suchte er nur Anschluss, oder war er auf sie angesetzt worden? Er wunderte sich, dass sich kein anderer diese Frage zu stellen schien. Sie sahen den verkrüppelten Oger nicht als Bedrohung an.
    »Matscha, warum bist du hinter uns hergelaufen?«
    Er schien ein wenig verlegen und suchte, so wie es aussah, nach den richtigen Worten.
    Mogda fiel auf, dass Brakbar, der neben Matscha lief, eine Hand an die Axt legte. Anscheinend interessierte es doch noch jemanden, warum er ihnen gefolgt war. Mogda hoffte, Matscha werde die richtige Antwort geben.
    »Ich auf Lagerplatz unter euch. Ich hören Reise zu Wasserzahn. Reise zu Zauberoger. Matscha wollen immer schon sehen Zauberoger. Bitte nicht lassen Matscha allein.«
    Brakbar ließ die Hand wieder sinken.

19
Zwei Oger
 
    Es war nur eine Ansammlung Felsen; von Inseln konnte man kaum sprechen. Die kleinsten boten nicht einmal genug Platz für eine Hütte, und selbst auf der größten wäre kaum eine Siedlung untergekommen. Dies war aber nicht der Grund, warum die Inseln unbewohnt waren. Zum einen war der Fels vulkanischen Ursprungs und damit wie ein riesiger poröser Stein mit messerscharfen Kanten. Es gab so gut wie keine Vegetation, kein Süßwasser und auch Tiere siedelten sich hier nicht an.
    Zum anderen rankten sich zahlreiche geheimnisvolle Geschichten um diesen Ort. Seefahrer berichteten von Schreien, die in den Nächten zu hören waren, von monströsen Bestien, die im Inneren der Inseln hausten und von einem Zauber, der diesen Ort in Nebel hüllte, auf ihm ein Licht erstrahlen ließ und dann Schiffe anlockte, um sie am Riff zerschellen zu lassen.
    Die Wahrheit aber war, dass die Menschen die Inseln mieden, weil es hier nichts für sie zu holen gab.
    Meistens ist es dann nur ein Zufall, dass so ein Ort trotzdem ein Geheimnis birgt. Aber es kommt vor.
    Der kleine rostbraune Käfer hatte es schwer auf diesem Untergrund. Oft lag sein chitingepanzerter Körper hilflos in einer der geplatzten Steinblasen der Vulkanschlacke. Aber immer wieder schaffte er es, mit einem seiner sechs Beine neuen