Die Oger - [Roman]
doch es konnte unmöglich sein, dass sie den Oger witterten. Sie standen gegen den Wind.
Das Haus ähnelte eher einer verlassenen Baumfällerhütte. Links und rechts neben dem Haupthaus, wenn man es überhaupt so nennen konnte, standen zwei Schuppen. Der eine diente vermutlich als Stall, von dem anderen vermutete Mogda, dass es sich um eine Art Heuschober handelte.
Die Tür öffnete sich knarrend, und ein alter Mann kam heraus. Er wuchtete sich beschwerlich auf den Wagen.
»Kommt ihr beiden, wir haben einen weiten Weg«, rief er den Pferden zu, nahm die Zügel in die Hand und fuhr los.
»Usil, du lebst«, flüsterte Mogda.
»Ein alter Freund?«, fragte Cindiel leise.
»Nein, nur ein ... doch, ein Freund.«
»Es sieht aus, als ob er nach Osberg fährt, um seine Waren zu verkaufen. Vielleicht könnten wir in seiner alten Scheune rasten. Was meinst du?«
Mogda nickte. »Er lebt allein hier und wird frühestens in drei Tagen wieder da sein. Komm, wir schlagen es den anderen vor. Lass uns nur warten, bis er außer Sicht ist.«
Mogda war sich nicht ganz sicher, wie die anderen auf Menschen reagierten, und auch Usils Verhalten war schwer vorauszuahnen, wenn er auf einen ganzen Trupp Oger stieß. Usil war ein guter Mann, und von ihm ging auch keine Gefahr aus. Doch es war ungefährlicher für ihn, nichts von diesem Besuch zu wissen. Vielleicht gab es noch einmal eine andere Gelegenheit, sich mit dem Alten zu treffen.
Cindiel und Mogda machten sich auf den Weg zurück zu den anderen.
Zwar war die Begeisterung der übrigen Oger eher verhalten, dennoch lockte die Aussicht, sich im Schutz einer Scheune auszuruhen. Abgesehen davon konnte es ganz nützlich sein, die Vorräte wieder etwas aufzufrischen. Sie folgten dem Weg, der sich westlich dem Haus näherte, um keine verräterischen Spuren in den Äckern rund um den Hof zu hinterlassen. Auch ohne viel Wissen über Landwirtschaft konnte Mogda doch erkennen, dass Usil nicht zu den Großbauern gehörte. Die Felder rund um das Haus glichen eher einem Garten zur Selbstversorgung. Die Gebäude waren vermutlich noch von vor der Zeit des Trollkrieges erbaut worden, und hatten seitdem nur die notdürftigsten Reparaturen erfahren. Das Dach wies bereits eine beängstigende Neigung auf, passte sich aber hervorragend den halb abgerissenen Fensterläden an. Moose und Flechten, die sich ihren Weg durch die alten Bretter bahnten, spiegelten den Eindruck wider, die Natur hole sich das zurück, was ihr gehörte.
Mogda und Cindiel näherten sich noch einmal dem Haus, als die anderen sich ihre Lagerplätze in der Scheune zurechtmachten. Die Tür stand halb offen. Anscheinend hatte Usil keine Angst vor Räubern, oder er besaß nichts, das sich zu stehlen lohnte. Beim Betreten der Hütte sah Mogda rasch, dass wohl die zweite Annahme richtig war. Er konnte in der Hütte nicht aufrecht stehen und ließ sich auf die Knie nieder, um nicht Gefahr zu laufen, die Hütte aus Versehen einzureißen. Der ganze Innenraum bestand nur aus einem einzigen Zimmer. Und das war auch noch sehr spärlich eingerichtet, selbst für die Vorstellungen eines Ogers. Neben einem einfachen Bett, einem Tisch und einer Kochstelle befand sich nur noch ein schlichtes Regal an der Wand.
»Vielleicht liebt er es übersichtlich«, vermutete Mogda zögerlich.
Cindiel erwiderte nichts. Sie kannte zwar Armut, aber diese Trostlosigkeit gab es in der Stadt nicht. Jemand, der nichts hatte, lebte zwar auf der Straße, nahm aber am Leben dennoch teil und war ein Teil der Stadt. Mogda fiel ein Buch auf, das im Bett lag und halb von dem klammen, zerfledderten Kopfkissen überdeckt wurde. Er erkannte es gleich wieder. Auf dem Ledereinband stand: »Gorondier Adulib - gesammelte philosophische Weisheiten«.
Das war das Buch, in dem Mogda im letzten Winter häufig gelesen hatte.
Er schlug den Einband auf und blätterte zu einer der ersten Seiten. Dort stand von einem unbekannten Schreiberling nur ein einziges Zitat: »Nicht glauben heißt wissen.« Mogda wollte damals einige Bemerkungen dazuschreiben, aber aufgrund seiner motorischen Fähigkeiten und den furchtbar kleinen Stiften hatte es nur für ein paar Fragmente gereicht. »Nicht wissen gleich Glauben?« »Mit Wissen kein Glauben.« Es war ihm damals nicht aufgefallen, dass es einen Unterschied zwischen etwas glauben und dem Glauben an sich gab. Er schloss das Buch und legte es auf den Tisch.
Dann zog er den Dolch von dem toten Ork hervor, der behauptet hatte, Usil getötet zu
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