Die Operation
sie das gelegentlich im Kino zeigten. Jemanden umzulegen war nicht so einfach, wie es manchmal dargestellt wurde. Es bedurfte der Planung. Die Methode musste effektiv und schnell sein, der Schauplatz einigermaßen abgeschieden, damit man sofort abhauen konnte. Und dafür gab es nichts Besseres als eine Kanone. Eine gute, schallgedämpfte Kanone.
Gaetanos Problem in der gegenwärtigen Situation bestand darin, dass er auf Leute angewiesen war, die er nicht kannte und die ihn nicht kannten. Irgendjemand sollte mit ihm Kontakt aufnehmen, sobald er auf der Insel gelandet war, aber dafür gab es keine Garantie. Da er sich so überstürzt auf den Weg gemacht hatte, gab es keinen Plan B oder irgendwelche Kontakte, die er hätte anrufen können, höchstens Lou zu Hause in Boston, aber der war nach Feierabend nicht immer leicht zu erreichen. Selbst wenn der geheimnisvolle Fremde wirklich am Flughafen auftauchen sollte, gab es immer noch die Möglichkeit, dass sie sich in dem üblichen, unvermeidlichen Durcheinander verfehlten, da sie beide nicht wussten, wie der andere aussah. Und dann wurde Gaetano zu allem Überfluss auch noch am nächsten Tag wieder in Boston erwartet. Er hatte also nicht gerade viel Zeit.
Der andere Grund für Gaetanos Nervosität war die Tatsache, dass er keine kleinen Flugzeuge mochte. Die großen waren okay, da konnte er sich einreden, dass er gar nicht in der Luft war. Aber mit den kleinen war das etwas anderes, und das, in dem er momentan saß, war das kleinste, das er jemals betreten hatte. Dazu kam noch, dass das Ding vibrierte wie eine elektrische Zahnbürste und durch die Gegend hüpfte wie eine Billardkugel. Abgesehen von der Rückenlehne direkt vor seiner Nase hatte Gaetano nichts, woran er sich festhalten konnte. Die Kabine war nicht besonders groß, und so wurde er durch seinen massigen Körper buchstäblich gegen das Fenster gequetscht.
Gaetano hatte einen American-Airlines-Flug nach Miami erwischt. Dort war er dann in diesen Hüpfer umgestiegen. Beim Start zu seiner zweiten Etappe war gerade die Sonne untergegangen, und jetzt war es draußen pechschwarze Nacht. Er versuchte, nicht daran zu denken, was sich unterhalb des hopsenden Flugzeugs befand, aber jedes Mal, wenn die Motoren sich anhörten, als würden sie langsamer werden, tauchte unwillkürlich das Bild eines riesigen schwarzen Ozeans vor seinem geistigen Auge auf und ließ seine Ängste noch ein Stückchen größer werden.
Gaetano hatte ein Geheimnis: Er konnte nicht schwimmen, und die Vorstellung, zu ertrinken, war für ihn ein ständiger Alptraum.
Gaetano sah sich nach den anderen Passagieren um. Niemand sprach, als wären alle anderen genauso panisch wie er. Die meisten starrten ausdruckslos vor sich hin. Ein paar lasen im Schein schmaler Lichtbündel, die über ihren Köpfen entsprangen - vereinzelte helle Streifen in der alles beherrschenden Düsternis. Die Stewardess hatte sich auf Anweisung des Piloten wegen bevorstehender Turbulenzen auf ihren Platz gesetzt, den Blick ihren Schützlingen zugewandt. Ihr gelangweilter Gesichtsausdruck wirkte ein wenig beruhigend, obwohl diese Wirkung zum Teil beim Anblick ihres eindeutig stabileren Sicherheitsgurts wieder aufgehoben wurde. Ob die Schultergurte besagten, dass sie mit dem Schlimmsten rechnete?
Ein besonders harter Schlag, der das ganze Flugzeug erbeben ließ, schreckte Gaetano auf. Das hatte sich angehört, als hätten sie irgendetwas gestreift. Eine Minute lang hielt er den Atem an, ohne dass etwas passierte. Er schluckte, was seinem plötzlich ausgedörrten Hals gut tat. Dann ergab er sich in sein Schicksal, schloss die Augen und ließ sich gegen die Kopfstütze sinken. Genau in diesem Augenblick kündigte der Pilot über die Lautsprecheranlage die kurz bevorstehende Landung an.
In einem Anfall von Zuversicht drückte Gaetano seine Nase an die Scheibe und blickte nach unten. Anstatt eines schwarzen Nichts entdeckte er blinkende Lichter. Erleichtert stieß er den Atem aus. Es sah ganz danach aus, als würde er es noch einmal überleben.
Das Flugzeug setzte mit einem ersehnten, deutlich wahrnehmbaren Ruck auf dem Boden auf. Einen Augenblick später wurde das Jaulen der Triebwerke lauter und die Bremsen setzten ruckartig ein. Gaetano stützte sich gegen die vor ihm befindliche Lehne. Er war so froh darüber, dass das Flugzeug gelandet war, dass er dem Fluggast zu seiner Rechten zulächelte. Der Mann erwiderte sein Lächeln. Gaetano schaute wieder zum Fenster hinaus. Jetzt
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