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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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fünf oder sechs Metern einen Schlüssel verlieren und nicht wiederfinden?«
    »Das ist alles sehr interessant, Mr. Williams. Aber das sind keine handfesten Beweise dafür, dass Reverend Pickering in Wahrheit eine riesige Ratte ist. Außerdem: Warum sollte er Sie glauben machen, dass Sie unter Halluzinationen leiden?«
    »Das macht nicht er.«
    »Wer dann?«
    In dem Moment wurde mir bewusst, wie lächerlich ich mich anhören musste. Ich hätte mir gewünscht, dass Miller mir glaubte. Aber sein Tonfall ließ mich erkennen, dass ich seine Bereitschaft, an das Übersinnliche zu glauben, viel zu sehr strapazierte. Er begann offensichtlich zu denken, dass ich tatsächlich unter Wahnvorstellungen litt:. Das Schlimmste daran war, dass ich langsam bereit war, selbst daran zu glauben.
    Alles, was ich seit dem ersten Tag in Fortyfoot House erlebt hatte, schien so real zu sein wie ein Horrorfilm. Miller sagte: »Also gut. Reverend Pickering ist wieder da, zumindest jemand, der so aussieht. Das heißt, wir müssen Ihnen nun doch nicht den Fußboden im Wohnzimmer aufreißen. Das wär's dann für heute.«
    »Tut mir Leid«, sagte ich. Während ich den Hörer auflegte, wunderte ich mich, was genau mir eigentlich Leid tat. Mein Blick fiel auf die Buntstiftzeichnung, die Danny an die Wand gehängt hatte. Sweet Emmeline mit roten Würmern in den Haaren. Und der Mann mit dem Schornsteinhut. Ich hatte das Gefühl, dem Wahnsinn ganz nahe zu sein.
    Ich ging in die Küche, wo Liz Zwiebeln schälte und heulte. Ich blieb im Durchgang stehen und fragte sie: »Was machst du da?«
    Sie wischte mit dem Handrücken die Tränen fort und verschmierte ihren Lidschatten. »Ich mache eine Hühnchenkasserolle. Wieso?«
    »Das ist unsinnig. Es sei denn, du willst sie ganz alleine essen. Wir gehen. Jedenfalls Danny und ich.«
    »David«, sagte sie. »Jetzt wegzulaufen, wäre der größte Fehler, den du machen könntest. Wenn du wegläufst, dann wirst du dich nie den Dingen stellen können, die dir diesen Stress bereiten. Du brauchst Ruhe, und du musst darüber reden. Du musst darüber nachdenken.«
    »Große Worte einer Amateurpsychiaterin.«
    Sie legte das Messer zur Seite. »David, bitte. Du hast Fortyfoot House zu einer Allegorie für deine Beziehung zu Janie werden lassen. Kannst du das nicht verstehen? Als du dann Harry Martin hast sterben sehen und als du Doris Kembles Leiche gefunden hast, hast du das als Beweise dafür angesehen, dass all deine Albträume von Fortyfoot House real sind. David, ich habe dich beobachtet. Du benimmst dich merkwürdig und du sagst sonderbare Dinge. Ich nahm an, du hättest es überwunden, aber es scheint nur noch schlimmer zu werden. Wenn dn gehst, dann wirst du umso mehr glauben, dass deine Albträume die Realität darstellen.«
    »11mm«, sagte ich, während ich um den Küchentisch ging. »Gute Theorie, guter Versuch. Aber angenommen, ich gehe nach oben und werfe einen Blick auf den Speicher. Was wäre dann?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen? Du redest die ganze Zeit über vom Speicher.«
    Ich sah auf meine Uhr. »Im Jahr 1886 müsste jetzt bald die Sonne aufgehen.«
    »David«, flehte mich Liz an. »Hörst du dir eigentlich selbst zu? Das klingt völlig verrückt. Als Nächstes erzählst clu mir noch, dass du Napoleon bist.«
    »Ich brauche nur einen Beweis«, sagte ich. Gott, ich hoffte, dass ich nicht zu zittern begann. Dannys Ball schlug immer wieder gegen die Küchenwand, während eine Möwe, die in der warmen Morgenluft ihre Bahnen zog, eine Reihe von Schreien ausstieß, die sich wie Babyschreie anhörten.
    »Wie wär's mit einer Tasse Kaffee?«, fragte sie mich besorgt. Würde ein seelenloses Wesen vom Anfang aller Zeiten mich fragen, ob ich eine Tasse Kaffee wollte? Vielleicht ja. Vielleicht war es zu einer so subtilen und detaillierten Täuschung in der Lage. Bei Pickerings Wagen hatte es zum Beispiel einen Fehler gemacht. Das Wesen mochte Liz' Bild von Dennis Pickering genommen haben, um eine Illusion von Pickering zu erschaffen. Aber ein Mädchen wie Liz, das kein Auto und keinen Führerschein besaß, machte sich keine Gedanken darüber, dass der Motor seines Wagens heiß sein müsste. Also hatte das in der Illusion gefehlt.
    Und was war mit dem Schlüssel? Den hatte sie auch vergessen. Wenn Pickering aber wirklich eine Illusion war, dann hätte sie vielleicht doch daran gedacht, ihm einen Schlüssel zu geben. Vielleicht konnten Illusionen aber auch kein Auto fahren. Konnte ein

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