Die Opferung
oder Doris Kemble zu tun haben könntest, oder?«
»Nein, natürlich nicht. Er will nur noch einmal alles überprüfen. Nächste Woche gibt es wegen Harry Martin eine gerichtliche Untersuchung. Er will nur sicher sein, dass ich nichts ausgelassen habe.«
»Oh, das ist gut«, sagte Liz. »Dann gehe ich mit Danny spazieren.«
Augenblicklich überkam mich Angst. Wenn sie von dem Hexending besessen war, konnte ich Danny dann mit ihr allein lassen? Der junge Mr. Billings hatte mir versichert, dass alle Märchen der Wahrheit entsprachen und dass Kinder das Grundnahrungsmittel für Hexen waren. Ich erinnerte mich entsetzt an ein Märchenbuch aus meiner Kindheit, das eine Hexe mit Hakennase zeigte, die sechs oder sieben verstörte Kinder auf einem riesigen Backblech in den Ofen schob.
»Ich ... ich dachte, dass ich Danny mitnehme. Sergeant Miller sagte, er würde ihm den Polizeiwagen zeigen.«
Liz ging vor mir und drehte den Kopf um, während sie die Nase rümpfte. »Laaaaaaangweilig! Danny will bestimmt nicht den Nachmittag mit einer ganzen Horde Bullen verbringen.«
»Ihn interessiert so etwas.«
In dem Augenblick betrat Danny die Küche, während er noch immer mit Pickerings Schlüsseln spielte.
»Dein alter Herr muss zur Polizei gehen«, sagte Liz und legte den Arm um seine Schultern. »Sollen wir nicht währenddessen nach Ventnor spazieren und Süßigkeiten kaufen? Danach bauen wir eine riesige Sandburg, setzen uns hinein und essen tonnenweise Süßes, bis wir keinen Hunger mehr aufs Abendessen haben.«
»Ich hatte eigentlich gehofft, dass du mit mir mitkommst«, sagte ich. »Sergeant Miller sagte, er wolle dir einen richtigen Polizeiwagen zeigen.«
»Und dann?«, fragte Danny.
»Und dann ... dann muss ich mit ihm noch ein paar Dinge durchsprechen. Das wird nicht allzu lange dauern.«
Ich wünschte, mir wäre eine bessere Lüge eingefallen, aber ich hatte mir bereits ein Bein gestellt. Ich konnte mir genau vorstellen, was in Dannys Kopf ablief. Er überlegte, ob er mit seinem Vater in einem muffigen Büro einen langweiligen Nachmittag verbringen oder ob er Süßigkeiten haben und am Strand spielen wollte.
Liz legte ihren Kopf schräg. »Du musst dir keine Sorgen machen, David. Ich werde schon auf ihn aufpassen.«
»Bitte, Daddy«, bettelte Danny und ließ mir keine andere Wahl, als schulterzuckend einzuwilligen.
Ich warf Liz rasch einen prüfenden Blick zu, ob ihr Gesicht irgendetwas Bösartiges, Zufriedenes oder Gieriges erkennen ließ, doch sie sah aus wie immer, und für einen Moment fühlte ich mich schuldig, dass ich an ihr zweifelte. Nur die Schlüssel sprachen einen andere Sprache.
Als Detective Sergeant Miller ankam, sah er ungeduldig und gerötet aus. Am Nachmittag war es fast unerträglich heiß geworden. »Sind Sie so weit?«, fragte er und blickte auf seine Armbanduhr, als hätte ich gerade etwas Impertinentes gesagt.
»Ja. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, dass das sehr an den Haaren herbeigezogen klingt.«
Er ging um seinen Wagen und öffnete die Tür. »An den Haaren herbeigezogen? Das trifft es nicht mal annähernd. Völlig verrückt, das klingt besser. Sie lassen sich von diesem Haus ins Bockshorn jagen. Nächstes Mal rufen Sie mich an und erzählen mir, Sie hätten Satan persönlich gesehen.«
»Das glaube ich nicht«, antwortete ich und versuchte, ganz neutral zu klingen, während er zurücksetzte und um Pickerings Renault herumfuhr.
»Ist der Reverend noch nicht gekommen, um seinen Wagen abzuholen?«
»Er hatte den Schlüssel verloren«, antwortete ich. »Er wollte nach Hause gehen und den Ersatzschlüssel holen. Aber bislang habe ich ihn nicht wieder gesehen.«
»Sonderbar«, sagte Miller. »Er braucht seinen Wagen für seine Runde.«
»Vielleicht hat er den Wagen seiner Frau genommen.«
»Der ist in der Werkstatt. Sie hatte letzte Woche einen Unfall auf dem Parkplatz in Ventnor.«
»Wurde jemand verletzt?«
Miller schüttelte den Kopf. »Mrs. Pickering selbst wäre beinahe verletzt worden. Sie hat einen Einkaufswagen gerammt und die Einkäufe für eine ganze Woche platt gefahren.«
Ich drehte mich um, während wir Fortyfoot House hinter uns ließen. Liz und Danny standen auf der Veranda und winkten uns nach. Aber da winkte noch jemand. Hinter einem Fenster der Schlafräume oben unter dem Dach glaubte ich, Charity zu sehen. Ihr Gesicht hatte den Ausdruck von Angst und Verzweiflung. Und sie winkte nicht zum, Abschied, sondern um. Hilfe! Um Himmels
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