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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Frau.«
    Ihre Augen wurden groß. »Sie sollten das Alter nie nach dem Aussehen schätzen. Die jüngsten Gesichter haben die ältesten Augen.«
    »Ich verstehe das nicht. Was hast du im Fortyfoot House gemacht? Du hast diese Kräfte ... aber du warst eine Waise.«
    »Ja, eine Waise, aber eine besondere Waise. Ich war eine Waise, weil meine Mutter im Kindbett starb. Ich war eine Waise, weil meine Mutter bei der Geburt meiner drei Brüder zerrissen wurde. Drei Brüder, verstehen Sie? Meine Mutter war von dem Hexen-Ding besessen, doch sie brachte mich zuerst zur Welt. Erst vier Jahre später gebar sie meine drei Brüder, die drei Söhne. Das Haus war erfüllt von schrecklichen Schreien und grässlichen Gerüchen und blitzenden
    Lichtern. Natürlich starben meine drei Brüder, weil die Luft zu gut und das Wasser voller Dinge war, die sie nicht schlucken konnten. Sie lösten sich spurlos auf. Aber ...« - sie bekreuzigte sich - »... das Hexen-Ding meiner Mutter überlebte. Im Wandschrank.«
    »Im Wandschrank?«, fragte ich.
    Meine Gedanken kehrten wieder zu Danny zurück, doch ich wusste, dass das hier wichtig war. Ich wusste, dass Charity mir helfen konnte, ihn zu retten. >Geduld<, sagte ich mir.
    Sie nickte. »Wir hatten einen Wandschrank, und jedes Mal, wenn ich ihn öffnete, sah ich blaues Licht und ein solches Gesicht.« Sie riss die Augen auf und zog mit den Fingern ihre Unterlippe herunter. »Das war meine Mutter, das war das Hexen-Ding. Und eines Tages kam Dr. Barnardo in unser Haus, um Kinder mitzunehmen. Eines der Kinder, die er sich bereits genommen hatte, war Kezia Mason. Während sich Dr. Barnardo mit dem alten Mr. Billings unterhielt, zeigte ich Kezia das Regal. Die Tür öffnete sich und das Hexen-Ding kam heraus, umarmte Kezia und übernahm sie.«
    »Dann ist das Hexen-Wesen in Liz dasselbe, das auch in Kezia Mason und in deiner Mutter war?«
    Sie nickte.
    »Aber wenn Kezia doch im Grunde mit dir verwandt war, wie konnte sie dann zulassen, dass Brown Jenkin dich mitnahm?«
    »Das Hexen-Wesen kennt keine menschlichen Gefühle, es hat kein Herz, es ist einfach nur eine Kreatur.«
    »Warum hast du nicht Kezia so bekämpft, wie du es mit Liz gemacht hast?«
    »Ich konnte nicht. Sie war viel zu stark. Aber Liz ist noch schwach, sie ist größtenteils noch menschlich. Es dauert lange, ehe ein Hexen-Wesen Körper und Seele einer Frau durchdringt und sie ganz dominiert. Aber Kezia war kaum noch menschlich, als Sie sie zum letzten Mal gesehen haben.«
    »Hast du je deine Brüder gesehen?«, wollte ich wissen. »Weißt du, wie sie aussahen?«
    »Nein«, sagte Charity ein wenig traurig. »Ich war noch sehr klein, und das Zimmer meiner Mutter war immer verschlossen. Ich habe sie vor der Geburt wochenlang nicht gesehen. Dann hörte ich entsetzliche Schreie und sah grelles Licht. Durch einen Spalt in der Tür habe ich nur Blut sehen können.«
    »Gibt es wirklich keine Hoffnung, wenn ein Hexen-Wesen erst einmal eine Frau übernommen hat?«
    Auch wenn ich es mir nicht wirklich eingestehen wollte, glaube ich, dass ich Charitys Zustimmung haben wollte, Liz zu töten.
    »Keine Hoffnung«, antwortete Charity. Sie machte mit ihren Fingern eine sonderbare Bewegung, als vertreibe sie einen lästigen Geist. »Nur die, die Zeit zu verändern. Aber wenn Sie die Zeit verändern, können Sie nie sicher sein, ob Sie nicht alles nur noch verschlimmert haben.«
    »Kannst du die Zeit verändern?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht mehr und nicht weniger als jeder andere auch. Ich bin nicht von den Alten besessen. Ich bin nicht mal eine richtige Hexe. Ich bin das Kind menschlicher Eltern. Das Einzige, was mich von anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass meine Mutter bei meiner Zeugung von einem der Alten besessen war. Ich habe einige dieser Kräfte geerbt. Ich bin eine weiße Hexe mit fremdartigen Gedanken und Träumen. Aber ich bin menschlich. Überrascht es Sie, dass ich so spreche, wo ich doch so jung bin?«
    »Hör zu«, sagte ich. »Brown Jenkin wollte dich zu einem seiner Picknicks mitnehmen, und Reverend Pickering ist bei dem Versuch gestorben, dich zu retten.«
    »Ja! Das war ihre Lüge«, entgegnete Charity. »Sie hatten gesagt, sie würden nur zwölf Kinder brauchen, um die Hexe während des letzten Aktes der Erneuerung zu ernähren. Aber in Wahrheit benötigten sie Hunderte von Kindern. Zum Schluss gab Kezia auch mich her, weil sie nicht mehr Kezia war. Sie war eine von ihnen ... von den Alten. Sie war meine Mutter,

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