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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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aber sie war auch nicht meine Mutter.«
    »Und was ist mit Danny?«, wollte ich wissen, da die Ungeduld allmählich die Oberhand gewann. Brown Jenkin hatte ihn hinüber zur Kapelle geschleppt, und ich musste ihm dorthin folgen, ganz gleich, welche entsetzliche Monstrosität auf mich wartete.
    »Sie können ihn retten, David, ja«, sagte sie. »Aber nicht jetzt.«
    »Was heißt >nicht jetzt    »Sie werden ihn an das Hexen-Ding verfüttern«, sagte sie. »Sie können sie nicht aufhalten, nicht hier und nicht jetzt. Sie haben weder die Zeit noch die Mittel dafür. Aber Sie könnten in der Zeit zurückkehren und das Hexen-Ding vernichten, bevor es überhaupt existieren kann. Dann wird Danny nicht aufgefressen werden, weil es nichts gibt, das ihn essen könnte.«
    »Was? Wie meinst du das?«
    Charity bedeutete mir, zu schweigen. Sie war so blass. »Jetzt ist die Zeit der großen Erneuerung, David. Dies ist für dich die Zukunft, das Jahr 2049. Die Erde ist so vergiftet, dass die Alten endlich atmen und aus ihrem Versteck kommen können. Aber wenn Sie zurückreisen ... in die Zeit, in der Liz ihre drei Söhne zur Welt bringt - ihre Unselige Dreifaltigkeit - die nicht überleben wird, weil es noch zu viel Sauerstoff gibt, zu viele Pflanzen, zu viele Tiere und zu viele Fische ... wenn Sie sich zu dem Augenblick begeben, in dem Liz ihre Kinder zur Welt bringt ... dann können Sie das Hexen-Ding fangen und töten, bevor es auf einen neuen menschlichen Wirt überwechseln kann.«
    Sie sah mich ernst an: »Glauben Sie mir. Vertrauen Sie mir.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
    »Sie haben gesehen, wie ich schwebe und wie ich fliege.«
    »Ja, aber ...«
    Sie kicherte. Sie hatte wie eine Erwachsene gesprochen, aber sie war vor allem ein Kind. »Hexen können fliegen. Das wissen Sie aus den Märchen. Aber sie brauchen dazu keinen Besen.«
    »Du bist also eine Hexe«, sagte ich und konnte fast nicht glauben, dass ich das sagte. Ich konnte ja kaum glauben, dass ich es glaubte. Aber manchmal hat man keine Wahl. Manchmal muss man die Dinge so akzeptieren, wie sie sich einem darbieten. Dinge, die auf eine unglaubliche Weise unvermeidbar sind, so wie Verkehrsunfälle. Man denkt >es passiert schon nichts!<, aber dann kommt es doch zur Kollision. Das empfand ich auch bei Charity. Ich konnte ihr nicht glauben, aber ich musste es einfach tun, weil sie real war.
    Während Charity mit mir gesprochen hatte, hatte Liz sich in dem Rauch bewegt, der sie umgab. Jetzt kam sie auf uns zu, beide Hände erhoben. Die Augen waren völlig rot, als seien die Pupillen mit Blut gefüllt.
    Charity drehte sich langsam und würdevoll um, zog ein rosafarbenes Gänseblümchen aus ihrem Haar und hielt es ihr entgegen. »Du besitzt nicht genug Kraft, um mir etwas anzuhaben, Hexe. Weiche zurück!«, sagte sie zu Liz. Diese zuckte vor Verärgerung, aber es war nicht zu übersehen, dass sie nicht näher kommen konnte. Sie fletschte ihre Zähne und wirbelte den Kopf umher, doch Charity blieb vollkommen gelassen und hielt ihr weiter die Blume entgegen.
    »Jetzt wissen Sie, warum Kinder Gänseblümchen so mögen«, sagte sie. »Das vertreibt Hexen. Kinder sind den Naturgewalten viel näher als Erwachsene. Sie hören und verstehen Dinge.«
    »Ich muss los und Danny holen. Er darf nicht verletzt werden; auch wenn ich später in der Zeit zurückreisen und es verhindern kann. Ich kann es trotzdem nicht zulassen. Selbst nicht dieses eine Mal.«
    »Es wäre besser, wenn ich hier bliebe«, sagte Charity düster, »und auf Liz aufpasse. Gegen das Hexen-Wesen, das die Alten zur Welt bringt ... gegen Vanessa Charles kann ich nichts unternehmen. Sie ist so mächtig wie seinerzeit Kezia. Sie wird mich mit einem einzigen Blick töten.«
    »Dann muss ich alleine gehen.«
    Charity zog an meinem Ärmel. »Sie werden den Alten gegenübertreten, David. Die haben kein Gewissen, keine Bedenken. Sie haben den Verstand von Krokodilen.«
    Ich wollte gerade wieder durch das Dachfenster klettern, da drehte ich mich noch einmal um und betrachtete Charity eindringlich. Ihr Gesicht erinnerte mich an jemanden. Sie musste meine Gedanken erraten haben, denn sie begann langsam zu lächeln, um dann mit einer sanften, viel älter klingenden Stimme zu sagen: »Wenn ich ein grelles Licht sähe, dann würde ich an Ihrer Stelle um mein Leben rennen.«
    Ich konnte es nicht fassen. »Doris Kemble«, flüsterte ich. »Du bist Doris

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