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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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dem Dachboden hin und her, ich höre es. Das muss diese Ratte sein.«
    »Heute Nacht habe ich noch nichts gehört«, log ich.
    »Ich bin sicher, dass es eine Ratte ist«, beteuerte sie. »Sie rennt direkt über meinem Zimmer von einer Seite zur anderen.«
    »Ich kann nichts dagegen machen, jedenfalls nicht im Moment. Der Kerl von Rentokil kommt morgen her.«
    »Na gut. Ich wollte dich nicht stören, aber ich kann Ratten nicht ausstehen. Die lösen bei mir Gänsehaut aus.«
    »Mir geht's nicht anders. Sag mir Bescheid, wenn du wieder was hörst. Ich könnte nach oben gehen und versuchen, sie mit einem Schürhaken zu erschlagen.«
    Tolle Aussicht, dachte ich bei mir. Vor allem nach dem Fiasko von heute Morgen. Was mich angeht, werde ich mich so weit von Brown Johnson fern halten, wie es nur geht.
    Liz zögerte, dann sagte sie: »Hör mal ... ich weiß, dass sich das bestimmt wie ein Vorwand anhört, aber Ratten machen mir entsetzliche Angst. Meinst du, ich könnte heute Nacht bei dir schlafen? Ich lege auch ein Kissen zwischen uns.«
    »Na klar.« Es machte mir nichts aus. Eigentlich gefiel mir der Vorschlag sogar ausgesprochen gut. Ich hatte seit Monaten nicht mehr mit einer Frau in einem Bett gelegen. Dabei ging es mir nicht mal so sehr um die >Wagenwartung<, sondern ums Reden.
    Es ist erstaunlich, wie schnell man es leid wird, alleine zu lachen, zu lesen, Musik zu hören und zu essen. Aber allein zu schlafen ist am allerschlimmsten. Man könnte genauso gut im Sarg liegen, in die Dunkelheit grinsen, mit seinem Schwanz spielen und auf Gott warten.
    »Das geht schon klar«, sagte ich. »Wenn du solche Angst hast.«
    »Ich verspreche dir auch, dass ich morgen früh aus dem Zimmer verschwinde, bevor Danny aufwacht.«
    Sie schloss die Tür, hob das Laken und legte sich neben mir ins Bett. Ich rutschte zur Seite, bis zwischen uns gut zwanzig Zentimeter Abstand waren. Zwar legte ich beide Arme eng an meinen Körper, aber es fiel mir sehr schwer, die Nähe, die Wärme, das Parfüm und die nervös machende Anwesenheit einer hübschen jungen Frau zu ignorieren.
    »Wann hast du es gehört?«, fragte ich.
    »Als du die Treppe heraufkamst. Sie rannte quer über den
    Dachboden. Es klang unglaublich groß und schwer, aber nachts scheinen Geräusche lauter als sonst, oder?«
    Ich sah zur Decke. »Ich glaube, sie ist auch groß und schwer.«
    »Hör auf, ich kriege Angst.«
    Seite an Seite lagen wir da und lauschten. Wir hörten, wie die Uhr unten im Flur halb eins schlug und draußen eine nächtliche Brise aufkam, die dann durchs Haus strich und die verschlossenen Türen in ihren Scharnieren rappeln ließ.
    »Wir sollten das Licht ausmachen und versuchen, ein wenig zu schlafen«, schlug ich nach einer Weile vor.
    Dann lagen wir in der Finsternis da. In Bonchurch gab es keine Straßenlaternen, im Garten war keine Lampe, und der Mond schien auch nicht, sodass die Dunkelheit nahezu vollkommen war. Es war so, als habe man einem einen schwarzen Samtbeutel über den Kopf gestülpt. Ich war mir auf eine unerträgliche Weise Liz' Busen bewusst, der gegen meine rechte Schulter drückte. Auch wenn sie ein T-Shirt trug, konnte ich spüren, wie sanft und schwer ihr Busen war. Jetzt, da sie keines ihrer weiten Baumwollkleider trug, die ihre Figur mehr oder weniger verborgen hatten, konnte ich nicht darüber hinwegsehen, dass sie für ihre Körpergröße und Statur äußerst große Brüste hatte. So verführerisch ihr Gesicht auch gewesen war, so waren Janies Brüste im Vergleich Mückenstiche gewesen, was nachvollziehbar machte, warum mir Liz' Brüste so sehr auffielen.
    »Ich glaube, dass uns das Schicksal immer eine zweite Chance gibt«, sagte Liz. »Manchmal sind wir blind oder zu beschäftigt, um es wahrzunehmen, das ist alles. Findest du nicht auch, dass es eine Tragödie ist, wenn zwei Menschen, die zusammen wirklich glücklich sein könnten, auf der Straße aneinander vorbeigehen — nur Zentimeter voneinander entfernt - und es niemals wissen? Oder wenn zwei Menschen über Tausende von Kilometern immer näher aufeinander zukommen, und dann verpasst einer von ihnen seinen Zug, weil er seine Zeitung hat fallen lassen und zurückgegangen war, um sie aufzuheben. Dadurch begegnen sie sich niemals.«
    »So was muss ja ständig passieren, das ist das Wahrscheinlichkeitsgesetz.«
    »Wie sind wir beide zum Beispiel zusammengekommen?«, fragte Liz. »Du hättest anderswo einen Job für den Sommer bekommen können. Du hättest dein Geschäft

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