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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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unsere Reihen zu tragen? Ich habe ihn streng herangenommen in den Monden, die wir gemeinsam ritten. Nie wieder opferte er den Götzen. Nie wieder tat er etwas, das die Kirche nicht gutgeheißen hätte. Er scheint meine Zweifel zu spüren. Und er versucht verzweifelt, mir zu gefallen. Sein Bemühen rührt mich, das mag ich nicht zu verhehlen. Und bei jedem anderen Jungen wäre ich gewiss, dass seine zukünftigen Taten einst dem Orden zur Ehre gereichen würden. Doch bei ihm frage ich mich stets, ob es nicht vielleicht die heimtückische Magie der Anderen ist, die in mir diese Gefühle hervorruft.

    Ich habe gebetet für ihn, jede Nacht, wenn er es nicht hören konnte. Nie habe ich etwas so sehr gewünscht, als dass der Junge unbefleckt sein möge. Doch ich vermochte keine Gewissheit zu finden. Und so muss ich von meinen Zweifeln schreiben. Ein Berufenerer als ich muss über ihn entscheiden. Mir bleiben nur meine Gebete.«
     
    BLATT 6 UND 7 AUS DER AKTE LUC DE LANZAC,
VERSCHLUSSSACHE! VORLAGE NUR AUF AN-
ORDNUNG DES PRIMARCHEN
PALAST DER HÜTER DER VERGANGENHEIT, VALLONCOUR
ARCHIV DER WAHRER DES GLAUBENS.
KAMMER VII, REGAL XXII, BRETT V

EIN GEFÄNGNIS AUS FELSEN

    Luc stand, den Kopf in den Nacken gelegt, am Kai und staunte. Vor mehr als einer Stunde waren sie von Bord gegangen, und doch empfand er den Anblick immer noch als atemberaubend. Er mochte sich nicht sattsehen an Valloncour, das so anders war, als er es sich vorgestellt hatte.
    Es war eine Stadt und kein Ordenshaus auf einer einsamen Insel. Sie lag inmitten eines riesigen Kraters. Nur ein schmaler Spalt erlaubte die Zufahrt in dieses Gefängnis aus Felsen. Weit über hundert Schritt ragten die Steilwände rings herum in die Höhe, auf allen Seiten! Rötliches Gestein, von breiten, schwarzen Bändern durchzogen. Das Wasser erschien tiefblau,
so wie der Himmel, kurz bevor das letzte Dämmerlicht schwindet.
    Es gab kein richtiges Ufer. Die Galeeren waren an riesigen Holzpflöcken vertäut. Von dort führten Stege auf dünnen Stelzen zur Steilwand, die durch ein Labyrinth von Treppen untergliedert war. Und wo immer breite Höhlen oder Felsvorsprünge Platz boten, standen Häuser. Sie schienen direkt aus dem gewachsenen roten Fels zu erblühen. Ja, wahrhaft wie Blüten sahen sie aus, denn sie waren mit weißer Farbe getüncht, und ihre Dächer waren von dunklem Rot, durchsetzt mit goldenen Schmuckornamenten. Selbst Häuschen, die nicht größer waren als das bescheidene Heim seines Vaters in Lanzac, wirkten wunderschön im grellen Sonnenlicht, das nun zur Mittagsstunde den Felstrichter in einen wahren Glutofen verwandelte.
    Die Mehrzahl der Bewohner hatte sich in den Schutz der Bogengänge entlang der Amtsgebäude zurückgezogen oder war ganz in den Schatten jenseits der Türen und Fenster verschwunden.
    Für einen Hafen war es still. Das Rauschen der beiden Wasserfälle, die sich an der grünen Himmelstreppe vorbei in die Tiefe stürzten, beherrschte den weiten Krater. Besondere Festungswerke sah Luc nicht. Statt einer Mauer beschirmten die Kraterwände die Stadt.
    Luc versuchte zu erraten, welchen Zweck die einzelnen Gebäude erfüllten. Eine Gießerei hatte er an ihren gedrungenen, rußgezeichneten Schornsteinen erkannt. Etliche Häuser schienen Handwerkern zu gehören. Näher am Wasser gab es Lagerhallen. Endlich entdeckte er auch zwei Geschützstellungen, die tief in den Fels gegraben waren und die Zufahrt zum Hafen mit tödlichem Kreuzfeuer belegen konnten.
    Am Südrand des Kraters, über allen anderen Gebäuden,
standen fünf Windmühlen, deren Windräder sich träge in der ersterbenden Mittagsbrise drehten.
    Möwen umkreisten die Mühlentürme. Doch erstaunlicherweise sah man auch immer wieder Raben. Luc wunderte sich, die schwarzen Aasvögel in dieser weißen Stadt zu sehen. Sie passten so offensichtlich nicht hierher. Und sie waren erstaunlich zahlreich. Wovon sie sich wohl ernährten?
    »Komm, glotz nicht wie ein Kalb, das zum ersten Mal den Stall verlässt!«
    Michelles Stimme ließ ihn herumfahren. Die Ritterin sah ihn durchdringend an. Was hatte sie nur? Ihr Ton war schroff, mehr noch als sonst. Hätte er nicht gehört, mit welcher Inbrunst sie für ihn betete, wenn er abends manchmal mit geschlossenen Augen wach lag, um auf die Geräusche des Windes und den Atem der Nacht zu lauschen, er würde sich vor ihr fürchten.
    Doch jetzt wirkte sie noch verschlossener als vorhin. Sofort, nachdem die Sankt Clemens angelegt hatte, hatte sie das Schiff

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