Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
geeignet? Tiranu durfte nicht so weit kommen! Allein um ihn aufzuhalten, würde er weitermachen. Fenryl sah zu Sigurd. So elend
konnte nur ein Mensch aussehen. Der großgewachsene Krieger kauerte völlig in sich zusammengesunken neben dem Leichnam seines Königs.
Fenryl ging zu ihm hinüber. Doch es war nicht Freundschaft, die seine Schritte lenkte.
»Er war ein großer König.«
Der Elfenfürst musste sich nicht verstellen für dieses Lob. Gunnar war ein Barbar gewesen. Ein Mann, der überraschend grausam hatte sein können. Und einer, der ohne zu zögern sein Leben riskiert hatte, um einem Freund beizustehen. So wie er es vor wenigen Stunden erst auf der Lichtung getan hatte.
Sigurd blickte auf. Er schämte sich seiner Tränen nicht. »Warum kann ich nicht an seiner Stelle hier liegen?«, fragte er bitter. »Ich hätte dann meinen Frieden gefunden.«
Fenryl wusste, dass der dunkelhaarige Krieger den Tod in der Schlacht gesucht hatte. Wahrscheinlich fasste er es als Schande auf, als Kommandant der Leibwache als Einziger überlebt zu haben. Der Elfenfürst hatte Mitleid mit ihm, doch zugleich war Sigurd genau in der Stimmung, in der er ihn haben wollte.
»Luth hat seine Pläne mit dir, Menschensohn. Pläne, für die er den Treuesten der Treuen und keinen anderen brauchte.«
Sigurd schnaubte. Waren es die Tränen? Etwas hatte falsch daran geklungen.
»Du weißt also um die Gedanken unserer Götter, Elfensohn«, entgegnete der Krieger überraschend zynisch für einen ungebildeten Barbaren.
»Das habe ich gesagt, weil ich glaube, ein Muster in den Schicksalsfäden zu sehen, das sich dem Außenstehenden leichter offenbart als jenem, der zu sehr in die Ereignisse verstrickt ist.«
Sigurd spielte gedankenverloren mit einem der Eisenringe, die er sich wie sein König in den Bart geflochten hatte.
»Ich vermag über die Zungen der Albenkinder zu gebieten, nicht jedoch über die der Menschen. Ich bin froh, dass du es bist, der überlebt hat, weil du wie kein anderer mit dem Königshaus verbunden bist. Du wirst begreifen, was ich dir nun abverlange und die Notwendigkeit in dem erkennen, was zu tun ist.«
Der Hauptmann wirkte unruhig.
»Wovon sprichst du?«
»Von Verrat.«
Sigurds Hand wanderte zum Dolch an seinem Gürtel.
»Lass mich ausreden, Menschensohn, und du wirst sehen, dass wir beide keine andere Wahl haben, weil wir Gunnar und seine Familie lieben. Weil wir der Blutlinie des Königshauses verbunden sind und es an uns liegt, ob sie schon bald verlöschen wird. Du musst zu den Deinen zurückkehren und ihnen sagen, dass Gunnar noch lebt.«
»Warum?«
»Weil niemand sagen kann, ob Gishild noch lebt und niemand den Worten der Ordensritter trauen wird. Dein Wort aber hat Gewicht! Was wird geschehen, wenn du heimkehrst und den toten König mitbringst? Man wird Gunnar zurück nach Firnstayn bringen, um ihn in jenem Grabhügel zu bestatten, in dem all seine Ahnen liegen. Alle bedeutenden Fürsten des Fjordlandes werden an der Trauerfeier teilnehmen. Und sie werden ihr Gefolge mit sich führen. Das bedeutet, fast das ganze Heer des Fjordlands wird Drusna verlassen, und das zu einer Zeit, in der der Kampf für die Bojaren so schwer wie noch nie ist. Und dann bedenke, was als Nächstes folgen wird. Roxanne ist die Letzte aus dem Königshaus, die mit Sicherheit noch lebt. Sie trägt kein weiteres Kind unter
dem Herzen, soweit ich weiß. Und sie ist keine geborene Fjordländerin. Wie lange wird sie herrschen?«
Sigurd nickte. »Du kennst mein Volk wirklich gut. Ich schätze, die Jarle werden um sie werben. Doch ganz gleich, wen sie erwählt – wenn sie es denn überhaupt tut –, nicht alle werden diese Wahl anerkennen. Es könnte zu einem Kampf um den Thron kommen.«
»Das ist es, was die Ordensritter wollen. Dafür haben sie an diesem Tag so viel Blut geopfert«, bekräftigte ihn Fenryl. »Sie haben gewusst, dass Gunnar seiner Tochter folgen würde. Und sie haben alle Kräfte aufgeboten, um uns in die Falle zu locken. Sie haben auf den Tod des Königs gehofft. Wir beide sind es, die nun entscheiden, ob ihre Pläne Früchte tragen werden. Wenn das geschieht, dann ist der Untergang Drusnas und des Fjordlands beschlossene Sache. Es liegt an dir, dieses Unglück abzuwenden.«
»Aber was soll ich ihnen sagen? Welchen Grund sollte der König haben, nicht mit uns zurückzukehren?«
»Sein Blut! Er ist wie der Ahnherr Mandred, der alles opferte, um sein Dorf vor dem Manneber zu schützen. Oder wie König Liodred,
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