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Die Orks 02 - Der Schwur der Orks

Titel: Die Orks 02 - Der Schwur der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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um etwaige Angreifer abzuwehren. Errichtet war die Mauer aus großen, nur grob zurechtgehauenen Steinblöcken, deren Fugen einem geübten Kletterer ausreichend Halt bieten mochten.
    »Warte hier«, raunte Nestor seinem barbarischen Begleiter zu und huschte aus der Deckung. Er eilte zur Mauer, drückte sich eng an das von der Hitze erwärmte Gestein. Ein prüfender Blick zurück zu Gurn, der ihm bedeutete, dass sich auf dem Wehrgang nichts regte – und Nestor begann zu klettern.
    Sich lautlos fortbewegen und wie eine Spinne an Gebäudewänden emporkriechen zu können, gehörte zum täglichen Broterwerb eines Attentäters. Wie oft hatte sich Nestor auf diese Weise Zugang zu den Zimmern seiner Opfer verschafft, um ihnen dann ein Messer zwischen die Rippen zu stoßen.
    Nie hatte er dabei Skrupel oder Reue empfunden – in den letzten Tagen allerdings hatte er sich wiederholt dabei ertappt, dass ihn der Gedanke an das, was er früher getan hatte und was einst gewesen war, mit Unbehagen erfüllte. Früher war Nestor ein Einzelgänger gewesen, der sich nie um das geschert hatte, was andere von ihm hielten. Die Erlebnisse der letzten Tage jedoch hatten dies geändert.
    Er hatte am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie es war, wenn jemand einem ans Leder wollte, und ausgerechnet zwei Orks hatten ihm aus der Patsche geholfen. Von Gemeinschaft und Kameraderie hatte Nestor nie viel gehalten – nun hatten ausgerechnet ein paar hergelaufene Unholde ihm gezeigt, dass es gut war, nicht allein zu sein. Und dass viel mehr dabei herausspringen konnte, wenn man Hand in Hand arbeitete …
    Am grobporigen Gestein fanden Nestors suchende Hände problemlos Halt, und so zog und schob er sich an der Mauer empor, deren Höhe an die vier Mannslängen betragen mochte. Nach unten schaute er dabei lieber nicht – ein einziger Fehlgriff, und er würde abstürzen und sich auf dem schroffen Gestein alle Knochen brechen.
    Die eisernen Stacheln, die eigentlich der Abwehr von Eindringlingen dienen sollten (und dies bei einem Angriff mit Sturmleitern sicher auch taten), erwiesen sich als nützliche Kletterhilfen. Nur wenig später befand sich Nestor bereits auf dem Wehrgang. Er duckte sich in die Schatten und schaute sich vorsichtig um. Kein Wächter war in der Nähe. Erst ein Stück weiter aufwärts waren zwei Posten zu sehen, die sich miteinander unterhielten.
    Nestor beugte sich zwischen die Zinnen hindurch und gab Gurn das verabredete Zeichen, worauf auch der Barbar zur Mauer huschte und sich an den Aufstieg machte. Aufgewachsen im klirrenden Nordland war er schon als Kind die schroffen Eisklippen seiner Heimat emporgeklettert – das gehörte zu den Mutproben der barbarischen Jugend dort. Nachdem er sich an den eisernen Stacheln emporgezogen hatte, streckte ihm Nestor helfend die Hand entgegen, und auch Gurn kam wohlbehalten und unentdeckt diesseits der Zinnen an.
    »Und?«, wollte er flüsternd wissen.
    »Unser Ziel ist der Turm«, entgegnete Nestor, auf das orangerot leuchtende Gebilde deutend, das sich hoch über der Stadt erhob. »Dorthin müssen wir.«
    »Und?«, wiederholte Gurn knurrend.
    »Dann werden wir uns einen Schlupfwinkel suchen, von dem aus wir die Lage auskundschaften können.«
    »Korr«, bestätigte Gurn, der an diesem Wort der Ork-Sprache offenbar Gefallen gefunden hatte, und die beiden huschten über den Wehrgang davon.
    Sie mieden den rötlichen Schein, der vom Gipfel des Berges herabdrang, und hielten sich in den Schatten. Unbehelligt erreichten sie auf diese Weise eine steinerne Treppe, die vom Wehrgang führte. Erneut ging Nestor voraus, während Gurn zurückblieb. Lautlos huschte der Attentäter die Stufen hinab und eilte in den Schutz der Häuser unweit der Stadtmauer. Erst als er halbwegs sicher war, dass ihn niemand beobachtet hatte, bedeutete er dem Barbaren mit hastigem Winken, ihm zu folgen.
    Aus der Nähe betrachtet, wirkten die Gebäude der Stadt noch um vieles fremdartiger als aus der Ferne. Sie waren aus dunklem Holz, das noch aus alter Zeit stammen musste, bevor die flüssige Glut aus dem Inneren des Anar die Hänge des Berges überzogen, die Stadt jedoch verschont hatte. Schnitzereien, die fremdartige Götzen und Fratzen zeigten, zierten die Pfähle, auf denen die Häuser standen, und auch die Eckbalken und Giebel waren mit reichen Verzierungen versehen. An den hochgezogenen Ecken der Dächer hingen leuchtende Gebilde, die die beiden Besucher auf den ersten Blick für Lampions hielten – erst bei

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