Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
Egel sorgte dafür, dass der Lebenssaft nicht gerann, also musste der Attentäter etwas unternehmen, wenn er nicht verbluten wollte. Auch Rammar, Balbok und Gurn hatten Bisswunden davongetragen, allerdings bei weitem nicht so viele.
»Wo ist der Gnom?«, fragte Rammar plötzlich.
»Ich weiß nicht«, antwortete Orthmar von Bruchstein. »Vorhin habe ich ihn noch gesehen …«
Suchend schauten sich die Gefährten um, aber wohin sie auch blickten, sie sahen nichts als glitschige Kadaver. Nicht, dass es Rammar viel ausgemacht hätte, wenn die Biester den Gnom völlig ausgesaugt hätten, aber es beunruhigte ihn, nicht zu wissen, wo der grünhäutige Kerl steckte.
»Dort!«, rief Balbok plötzlich und deutete in den hintersten Winkel der Höhle.
In den dichten Schatten, wo man kaum noch die Hand vor Augen sah, hockte kein anderer als der Gnom. Und es war nicht etwa so, dass die glibberigen Biester ihn ausgelutscht hätten – sondern genau umgekehrt.
Mit unschuldigem Blick (so unschuldig, wie ein Gnom eben dreinblicken konnte) kauerte der sehnige grüne Kerl am Boden und schlabberte die Innereien eines Egels in sich hinein, den er der Länge nach aufgeschlitzt hatte. Als er die Gefährten gewahrte, beendete er seine unappetitliche Mahlzeit, gab ein helles Kichern von sich und gesellte sich zu den anderen.
»Schön«, murmelte Rammar, »wir sind also noch vollzählig.«
»Was wir nicht gerade dir zu verdanken haben«, beschwerte sich Orthmar. »Hatte ich dir nicht gesagt, dass es gefährlich ist, hier ein Nachtlager aufzuschlagen? Die Höhlenegel hätten uns beinah den Garaus gemacht.«
»Pah«, machte Rammar verächtlich. »Es ist genau, wie ich sagte – Egel pflege ich zu zerquetschen.«
»Na ja«, schränkte Balbok ein, »es kommt halt immer auf die Größe der Viecher an.«
»Wir sollten aufbrechen«, schlug Nestor vor; er hatte seine Wunden bereits versorgt, was darauf schließen ließ, dass er einige Übung darin hatte. »Vielleicht gibt es außer dem Brunnen noch einen weiteren Weg, auf dem die Biester in den Stollen gelangen können. Ich habe keine Lust, mich von denen vollends aussaugen zu lassen.«
Gurn schnaubte eine Zustimmung. Auch Balbok und Orthmar nickten, und nicht einmal Rammar hatte etwas einzuwenden. Noch immer schaudernd bei dem Gedanken, dass er einen vier Zentner schweren Höhlenegel für ein rassiges Ork-Weib gehalten hatte, befahl er den Abmarsch, und nachdem sie in aller Eile ihr Gepäck zusammengerafft hatten, zwängte sich der Trupp erneut durch den Stollen.
Was Orthmar von Bruchstein betraf, so hatte Rammars Misstrauen ein wenig nachgelassen. Für den Überfall der Blutsauger war der Zwerg gewiss nicht verantwortlich, denn immerhin hätte er dabei genauso draufgehen können wie jeder andere. Zwar blieb Rammar auch weiterhin dicht hinter ihm, aber er behielt von Bruchstein nicht mehr ganz so scharf im Auge wie am Tag zuvor.
Ein Versäumnis, das sich rächen sollte …
Je weiter sie der beschwerliche Weg führte, desto tiefer schien es hinabzugehen, und mehrmals hatten sie den Eindruck, dass die Atemluft im Stollen knapp wurde. Rammar begann dann jedes Mal laut zu keuchen, und seine Begleiter hinter ihm gerieten an den Rand einer Panik, weil sie fürchteten, der dicke Ork könnte stecken bleiben und ihnen den Weg versperren.
Aber Rammar riss sich immer wieder zusammen, schon deshalb, weil er nicht in einem Zwergenstollen sterben wollte – eine größere Schmach für einen Ork war schwerlich vorstellbar. Auf schmerzenden Knien und aufgerissenen Klauen, die blutige Spuren auf dem nackten Fels hinterließen, arbeiteten sich er und seine Begleiter voran, Stück für Stück, Meile für Meile.
Wie lange das so ging, wusste hinterher keiner mehr zu sagen, aber als ein Stück voraus endlich mattes Licht zu erkennen war, war die Erleichterung groß.
»Das Ende des Stollens«, krächzte Rammar. »Ich kann es sehen …«
»Hm-hm«, machte Balbok, der wie die anderen seine Fackel zwischen den Zähnen hielt – die falschen Bärte hatten sie längst abgenommen, da sie ihnen beim Kriechen nur hinderlich waren und im Inneren des Stollens ohnehin keinen Zweck erfüllten.
In spontaner Freude wollte er aufspringen – und stieß sich hart den Schädel. Er fühlte sich wie von einer Trollfaust niedergeschmettert, dann aber kroch der hagere Ork bäuchlings weiter, seinen Gefährten hinterher, die nacheinander das Stollenende erreichten. Einer nach dem anderen schlüpfte hinaus und ließ
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