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Die Orks 02 - Der Schwur der Orks

Titel: Die Orks 02 - Der Schwur der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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verlassen und stumm lagen die Wege und Gassen. In einer seltsamen Verkehrung der Ereignisse war binnen eines Jahres aus der verborgenen Stadt Tirgas Lan ein neuer Hort des Lebens und der Hoffnung geworden, während Tirgas Dun zusehends zu einer Geisterstadt wurde.
    Der Gedanke deprimierte Corwyn, aber er schob ihn beiseite. Er war nicht gekommen, um über Vergänglichkeit zu philosophieren, sondern um den Senat um Hilfe zu bitten. Dies und nichts anderes wollte er tun, und er war sicher, dass sich die Elfen seinem Ersuchen nicht verschließen würden.
    An den Stufen, die hoch zum Portal der Ratskuppel führten, trafen die Besucher endlich auf einen Abkömmling des Elfenvolks – ein dem Aussehen nach noch junger Mann, der dennoch schon viele Winter gesehen haben mochte. Er war bekleidet mit einer weiten Toga, die um seine Brust geschlungen war, in seiner Hand hielt er einen kunstvoll verzierten hölzernen Stab, den er den Menschen wie eine Waffe entgegenstreckte – und Corwyn zweifelte nicht daran, dass das Ding tatsächlich gefährlicher war, als es auf den ersten Blick erscheinen mochte.
    »Halt!«, rief der Elf ihnen entgegen, dass es von den umliegenden Mauern widerhallte. »Wer seid ihr und was wollt ihr?«
    »Ich bin Corwyn, König von Tirgas Lan«, stellte sich der ehemalige Kopfgeldjäger vor – allmählich kam ihm der Satz über die Lippen, ohne dass er sich dabei wie ein Betrüger vorkam. »Ich wünsche den Hohen Rat zu sprechen.«
    »Der Hohe Rat ist nicht zu sprechen«, erwiderte der Elf unbeeindruckt ob des Titels, den Corwyn genannt hatte.
    »Auch nicht für den König?«
    »Für niemanden«, lautete die schlichte Antwort.
    Aber Corwyn war nicht gewillt, sich damit abzufinden. »Verdammt noch eins!«, rief er aus, und ungeachtet jeden Protokolls, das in solchen Fällen gelten mochte, glitt er geschmeidig vom Pferd und marschierte die Stufen hinauf und auf den Kastellan zu. »Soll das heißen, dass meine Leute und ich den ganzen weiten Weg umsonst auf uns genommen haben? Dass ich für nichts und wieder nichts meinen Thron verlassen und mein Reich gefährdet habe?«
    »Wir haben dich nicht gerufen, Corwyn, König von Tirgas Lan«, entgegnete der Elf, dessen entrückter Gesichtsausdruck vermuten ließ, dass auch er all seine Interessen längst den Fernen Gestaden zugewandt hatte.
    Wie Corwyn das hasste …
    »Nein, das habt Ihr nicht«, räumte er schnaubend ein, »aber Ulian, der Vorsitzende des Hohen Rates, hat mir einst Beistand versichert für den Fall, dass die Krone Tirgas Lans in Gefahr gerät.«
    »Und das ist geschehen?« Der Kastellan holte tief Luft und gähnte, wofür Corwyn ihn am liebsten am Kragen gepackt und heftig durchgeschüttelt hätte.
    »Allerdings«, bestätigte er stattdessen, sich mühsam zur Ruhe zwingend. Er wusste, dass es unklug war, vor den Elfen die Beherrschung zu verlieren. In ihren Augen entwürdigte man damit seine Seele und verlor das Gesicht. Jemand, der sich im Ton vergriff, war für einen Elfen kein ernstzunehmender Verhandlungspartner mehr.
    Der Kastellan schien einen Augenblick nachzudenken – nicht unbedingt über Corwyns Belange, sondern über alles Mögliche, das ihm gerade durch den Kopf gehen mochte. Schließlich willigte er dennoch ein, mit einem Gesichtsausdruck, der verriet, dass er den irdischen Geschehnissen keine große Bedeutung mehr beimaß.
    »Gut«, erklärte er sich großmütig bereit. »Nicht, dass es noch eine große Rolle spielt, aber es sei dir gestattet, vor dem Hohen Rat der Elfen zu sprechen. Tritt ein, König von Tirgas Lan, und man wird dir Gehör schenken.«
    Elfen liebten es, sich blumiger Formulierungen und theatralischer Gesten zu bedienen – so klopfte er mit dem Holzstab auf den Boden, wandte sich daraufhin um und schritt die restlichen Stufen des Säulenportals hinauf.
    Corwyn bedeutete seinen Leibwächtern Bryon und Craig und zwei Hauptmännern der königlichen Garde, ihn zu begleiten. Die übrigen Soldaten sollten bei den Pferden bleiben und auf seine Rückkehr warten. Nicht, dass er den Elfen misstraute, denen er immerhin die Krone auf seinem Haupt zu verdanken hatte, aber die Gleichgültigkeit, mit denen die Erben Farawyns den menschlichen Belangen begegneten, störte Corwyn so sehr, dass er sich fast schon von dieser Haltung bedroht fühlte.
    Während er die breiten Stufen hinaufstieg und die gewaltigen Säulen passierte, die das gewölbte Vordach des Ratsgebäudes trugen, fragte er sich, ob es klug gewesen war, nach

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