Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
verdanken!«
»Aber Rammar, ich …«
»Zuerst deine saudumme Nieserei. Und dann auch noch die Sache mit dem Obermotz der Schmalaugen. Denkst du denn gar nicht vorher nach, bevor du das Maul aufmachst?«
»Ich wollte helfen«, erklärte Balbok mit rührender Aufrichtigkeit.
»Er wollte helfen!« Rammar schüttelte den Kopf. »Und wie du uns hilfst – in Kuruls dunkle Grube nämlich! Um ein Blödhirn wie dich wär's nicht schade, aber wenn ich daran denke, dass ein genialer Verstand wie der meine …«
»He, der Fette da!«, erklang plötzlich eine harsche Stimme.
»Wer? Ich?«, fragte Rammar entgeistert.
»Wer denn sonst? Der Fette eben!«
Einer der Elfenkrieger hatte sein Pferd direkt neben ihn gelenkt und blickte hochmütig auf ihn herab. Obwohl der Ork vor Wut am liebsten aus der Haut gefahren und – wenn die Möglichkeit dazu bestanden hätte – in saobh verfallen wäre, zwang er sich zu einem Grinsen.
»Ja?«, fragte er. »Hoheit wünschen?«
»Dass du dein hässliches Maul hältst!«, lautete die barsche Antwort. »Sonst werde ich dich auspeitschen, hast du kapiert?«
»K-korr«, versicherte Rammar kleinlaut, während sich tief in seinem Inneren erneuter Groll auf seinen Bruder ballte, der ihn durch sein Gequatsche – so sah es jedenfalls Rammar – einmal mehr in Gefahr gebracht hatte.
Irgendwann, das schwor er sich, würde er ihn dafür zur Rechenschaft ziehen …
Durch dichten Dschungel gelangten sie zurück zu der alten Straße, die durch das grüne Dickicht führte. Obwohl das Pflaster brüchig war und von Wurzelwerk aufgesprengt, kam die Kolonne auf dem steinernen Band ungleich rascher voran als im unwegsameren Gelände, und trotz der Ketten war das Gehen weniger beschwerlich.
Nur ab und zu gönnten die Elfen ihren Gefangenen eine Rast. Wenn der Zug eine Quelle passierte, ließ man die Gefangenen saufen, und als sich der Tag dem Ende zuneigte, wurden sie auf einer Lichtung zusammengetrieben, wo sie sich ins Gras legen und schlafen sollten.
Eingepfercht zwischen dem Höhlentroll und seinem Bruder Balbok, war Rammar allerdings nicht in der Lage, auch nur ein Auge zuzutun. Zwar hatte man dem Troll zur Sicherheit die Zähne ausgebrochen, jedoch lieferte sich die tumbe Kreatur mit Balbok einen regelrechten Wettstreit im Schnarchen. Jeder der beiden blies und grunzte, dass Kuruls Donner dagegen wie ein sanftes Murmeln anmutete, und Rammar, obwohl er beide Klauen auf die Ohren presste, fand einfach keine Ruhe. Erst gegen Morgen fiel er in kurzen, unruhigen Schlaf, aus dem ihn das Knallen einer Peitsche unsanft weckte.
Unerbittlich wurden seine Mitgefangenen und er auf die Beine getrieben, und der Gewaltmarsch durch den Urwald ging weiter. Wohin er führte und wie lange die Reise noch dauern würde, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Gegen Mittag lichtete sich das dichte Grün der Bäume, und die Überreste von Gebäuden wurden sichtbar – steinerne graue Ruinen, die von Schlinggewächsen und Moos überwuchert waren. Einstmals mochte es sich um prachtvolle Paläste gehandelt haben, aber es waren nur noch brüchige Mauern und einzelne verwaiste Säulen übrig, die sich trotzig in den Himmel reckten, so als wollten sie nicht wahrhaben, dass ihre Zeit zu Ende war.
Weder war zu erkennen, wer die Herren dieser Siedlung gewesen waren, noch was zu ihrem Untergang geführt hatte. War es ein Krieg gewesen? Hatte Kurul sie in einem Anfall von saobh vernichtet? Oder hatten ihre Bewohner die Stadt irgendwann aus ganz anderen Gründen verlassen und sie damit dem Verfall preisgegeben und sie dem Dschungel überlassen, der sich das Territorium allmählich zurückeroberte?
Rammar konnte es gleichgültig sein – er fand am gegenwärtigen Zustand der Gebäude ohnehin wesentlich mehr Gefallen als an trutzigen Mauern und herrschaftlichen Türmen. Hinzu kam der Geruch von Fäulnis und Verwesung, der über der Lichtung lag und für den dicken Ork fast etwas Anheimelndes hatte, weil er ihn an daheim erinnerte, an die Modermark.
Würde er sie jemals wiedersehen? Oder war diesmal seine Gier zu groß gewesen? Würde er womöglich an dem Brocken ersticken, den er sich in seiner Habsucht hatte einverleiben wollen?
In einem Augenblick seltenen Selbstzweifels gestand sich Rammar ein, dass er nicht ganz unschuldig war an der Bredouille, in die sie geraten waren – auch wenn sein Anteil daran natürlich weitaus geringer war als der Balboks und seinen Bruder natürlich die Hauptschuld traf …
Der Marsch
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