Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
um. »Aber Rammar, das ist der Weg in die Freiheit!«
»Oder in den Tod – ist dir das schon mal in den Sinn gekommen?«
»Douk«, musste Balbok zugeben und senkte enttäuscht den Blick. »Ich dachte nur …«
»Das Denken solltest du eben doch lieber mir überlassen«, redete Rammar ihm zu, der einfach zu erschöpft war, um wirklich wütend zu sein. »Lass uns zurückkehren und auf einen geeigneteren Moment warten.«
»Einen geeigneteren Moment?« Aus Balboks langem Gesicht sprach pures Unverständnis. »Welcher Moment könnte geeigneter sein als …?«
»Na, ihr beiden? Wohin des Wegs?«
Die Orks fuhren herum, als sie hinter sich plötzlich eine nur zu bekannte Stimme vernahmen.
Sie gehörte Cadoc.
Der Orkschinder, wie Rammar ihn nur noch zu nennen pflegte, hatte die Plattform erklommen, und er stand da, ein böses Grinsen im Gesicht und die ausgerollte Peitsche in der Hand. Langsam und drohend trat er auf die Orks zu. »Sieh an, eure Artgenossen haben zur Ausnahme also mal die Wahrheit gesagt.«
»W-wa-was soll das heißen?«, fragte Rammar, obwohl er sich die Antwort denken konnte.
»Was wohl? Verpfiffen haben sie euch!«, spie Cadoc ihm entgegen. »Wenn man fliehen will, sollte man nicht so dämlich sein, es überall herumzuplärren.«
»Fliehen?«, fragte Rammar und gab sich unwissend. »Wer redet denn von Flucht?«
»Du«, beschied ihm der Sklavenaufseher, »und zwar unablässig, wie ich gehört habe. Wie es heißt, suchst du Antworten.«
»I-Irrtum, ich …«
»Ich werde dir Antworten geben, Fettsack«, versprach Cadoc, »und zwar hiermit!« Drohend hob er den Orkziemer, sodass sich Rammars Augen vor Entsetzen weiteten.
Schritt für Schritt waren die beiden Brüder vor dem grausamen Aufseher zurückgewichen, sodass sie inzwischen bereits im Eingang des Stollens standen. Links und rechts steckte zwar je eine brennende Fackel in einer eisernen Halterung, doch schon nach wenigen Schritten verlor sich der Stollen in unergründlicher Schwärze.
»Ihr Maden, ihr elenden!«, zischte Cadoc hasserfüllt, »diesmal werde ich eure Kehrseiten so behandeln, dass sie anschließend aussehen wie eure hässlichen Visagen!«
»Dann hast du bei Rammar ja nicht viel zu tun«, platzte Balbok heraus.
»Willst du mich auf den Arm nehmen?«, fragte der Dunkelelf lauernd und schwang den Orkziemer. »Du unbegreiflich dämliche Kreatur wagst es, mich, Cadoc, zu verhöhnen?«
»Douk«, beteuerte Balbok erschrocken, »ich meinte nur …«
»Shnorsh!«, rief Rammar entsetzt, als die Peitsche knallte und einen blutigen Striemen in Balboks Gesicht hinterließ. Für seine Frechheiten gönnte Rammar seinem Bruder zwar eine Abreibung, aber wenn schon, dann wollte er selbst es sein, der den Langen vertrimmte.
»Na wartet!«, schrie der Dunkelelf mit heiserer Stimme. »Ich werde jeden Gedanken an Flucht aus euch herausprügeln! Wenn ich mit euch fertig bin, werdet ihr mir den Dreck von den Stiefeln lecken, habt ihr verstanden?«
»Douk!«, rief Balbok trotzig – und zog sich damit einen weiteren Striemen im Gesicht zu, diesmal aus der anderen Richtung, sodass seine lange Visage wie mit einem großen ›X‹ markiert aussah. Jeder der beiden Brüder hatte auf einer anderen Seite des Stollens Zuflucht gesucht und duckte sich vor den messerscharfen Enden des Orkziemers. Die Kette, mit der ihre Fußgelenke verbunden waren, spannte sich quer über den Stollengang.
Cadoc war es einerlei, wo sich seine Opfer vor ihm zu verstecken suchten. Abwechselnd drosch er nach beiden Seiten und deckte die Orks mit wütenden Hieben ein, die deren Haut aufriss. Entsetzt quiekend suchte Rammar sein Gesicht mit den Armen vor den Eisenhaken zu schützen. Balbok mit seinem schlichten Gemüt nahm die mörderischen Hiebe mit etwas mehr Gelassenheit hin, obwohl sie bei ihm nicht weniger tiefe Wunden hinterließen – und plötzlich ging dem hageren Ork in der flackernden Düsternis des Stollens ein Licht auf.
Der Blick seiner blutunterlaufenen Augen pendelte zwischen Cadoc und Rammar hin und her, auf den der Aufseher soeben einschlug, dann sah er die Kette – und in einem spontanen Anfall von Genialität bückte sich Balbok, hob die Kette an und begann zu laufen, nicht von Rammar weg, sondern auf ihn zu.
»Was zum …?« Cadoc, den dieses Manöver überraschte, wandte sich um und schlug wütend mit der Peitsche nach Balbok. Der Ork jedoch ließ sich davon nicht aufhalten, sondern rannte um den Aufseher herum, sodass die Kette um dessen
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