Die Orks - Blutnacht - Die Ork-Trilogie 2 - Roman
aufhalten. »Wir sind ihnen nicht sehr nahe gekommen, Herrin, aber viele Männer
schwören, dass es keine Menschen waren. Auch keine Orks oder …« Beinahe hätte er gesagt: Wesen wie Ihr, doch er konnte sich gerade noch beherrschen. »Nein, es waren keine Orks. Es waren viele ganz unterschiedliche Wesen, die wir noch nie gesehen haben.«
»Wenn Ihr in meinen Diensten alt werden wollt, dann solltet Ihr lernen, Euch nicht über seltsame Dinge zu wundern. War das alles?«
Er war überrascht oder gar schockiert, dass sie die offenbar ungünstigen Neuigkeiten so gefasst aufnahm. »Wir hörten auch Berichte über eine Gruppe von befreiten … nein, von rebellischen Orks, die sich in dieser Gegend herumtreiben. Herrin, wir befinden uns hier nicht gerade in einer sehr sicheren Position.«
»Wir werden nicht lange bleiben.«
»Wie lauten Eure Befehle, Herrin?«
»Ich habe die Absicht, sie zu verfolgen.«
»Herrin?«
»Die Orkbande. Die Vielfraße .«
Er war wie vor den Kopf geschlagen. »Ich bitte um Verzeihung, Herrin, aber … aber wie? Mit dem Schiff?«
»Nein, Dummkopf. Ich habe nie ein Schiff erwartet. Dorthin, wo sie hingegangen sind, könnte ihnen sowieso kein Schiff folgen.«
»Aber Herrin, wie wollt Ihr dann …«
»Ich verfüge über gewisse Möglichkeiten. Allerdings muss ich Euch warnen, dass Ihr die Reise womöglich ein wenig … aufregend finden werdet. Was ist los,
Major? Ihr wirkt etwas unglücklich.« Sie scherzte nur, denn ihr war nicht wirklich an seinem Wohlbefinden gelegen.
»Danke, Herrin. Es ist alles in Ordnung.«
»Gut. Denn falls ich auf die Idee käme, dass Ihr oder ein anderer aus meinem Gefolge davor zurückschreckt, diesen Ort zu verlassen … nun ja, vielleicht kann ich es Euch ein wenig veranschaulichen.« Sie griff nach einem silbernen Glöckchen, das auf der Armlehne stand, und schellte damit.
Sofort raschelten die Zeltplanen, als jemand sie ungeschickt zur Seite zog und eintrat. Es handelte sich um einen weiteren untoten Sklaven, der oberflächlich wie alle anderen aussah, denen der Major bisher begegnet war. Seine Augen waren glasig, und er zeigte nicht die geringste Gefühlsregung. Die Haut im Gesicht und an den Händen hatte die kranke Farbe einer alten Mumie.
Das Wesen kam schlurfend einige Schritte näher, blieb stehen und ahmte auf groteske Weise die Habachtstellung eines Soldaten nach. Dem Major stieg der üble Geruch von verwesendem Fleisch in die Nase.
»Mein neuester Diener«, erklärte Jennesta. »Betrachtet ihn genau. Ich glaube, Ihr kennt ihn bereits.«
Er starrte die schwankende Abscheulichkeit an.
»Kommt schon, Major«, drängte sie ihn. »Vom ursprünglichen Gesicht ist noch genug da, um ihn zu erkennen. Er war eine Zeit lang ein recht bekannter Mann.«
Da dämmerte es ihm. Der Major schnitt eine angewiderte Grimasse.
»Ah, nun erkennt Ihr unseren Besucher. Doch ich will Euch in aller Form vorstellen. Dies ist also General Kappel Hacher, der letzte Gouverneur dieser Provinz. «
Das Wesen, das einst Kappel Hacher gewesen war, begann zu sabbern.
»Betrachtet ihn genau«, forderte Jennesta mit eiskalter Stimme. »Denn in ihm erblickt Ihr das Schicksal eines jeden, der nicht mit gebotenem Eifer daran arbeitet, meine Wünsche zu erfüllen. Vergesst eines nicht, Major. Ich könnte ebenso leicht ein ganzes Heer von seiner Sorte befehligen wie eine Truppe von Soldaten, die noch für sich selbst denken können. Sorgt dafür, dass Ihr und Eure Kameraden mir keinen Grund gebt, es mir anders zu überlegen.«
Er nickte stumm, denn er fand keine Worte.
»Bereitet alles für den Abmarsch vor«, befahl sie. »Ach, und erzählt ruhig weiter, in welchem Zustand sich der General jetzt befindet, ja? Ihr dürft gehen.«
Er verneigte sich und machte kehrt.
»Noch etwas, Major.«
»Herrin?«
»Sorgt dafür, dass ich nicht gestört werde.«
Nach einer weiteren raschen Verbeugung eilte der Offizier mit aschfahlem Gesicht hinaus.
Jennesta achtete nicht weiter auf Hacher und ihre anderen Puppen. Sie bückte sich und zog unter ihrer
Liege ein kleines Kästchen hervor. Es war mit Stahl verstärkt und hatte ein kompliziertes Schloss, doch der wahre Schutz beruhte auf dem Zauber, den Jennesta darüber gewirkt hatte. Es war ein Spruch, den nur sie selbst ohne gefährliche Konsequenzen wieder aufheben konnte. Drinnen lag ein weiterer, kleinerer Kasten aus reinem Silber. Auch er war mit einem Spruch gesichert. Als sie beide Behälter geöffnet hatte, betrachtete sie ihren
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