Die Orks
Er versuchte es ihr schonend beizubringen.
»Sie und… zwei andere Bändiger mit ihren Tieren sind… sie sind… aus Euren Diensten getreten, Majestät.« Während sie die Nachricht aufnahm, explodierten winzige Sonnen in ihren bemerkenswerten Augen.
»Aus meinen Diensten getreten.« Sie formulierte den Satz langsam und bedächtig.
»Womit Sie sagen wollen, dass sie desertiert sind. Korrekt?« Sie kam ihm in jeder Hinsicht wie eine aufgerichtete und zum Zustoßen bereite Viper vor. Da er seiner Stimme nicht traute, nickte er.
»Sie sind ganz sicher?« Sie winkte ab.
»Natürlich sind Sie es. Sonst würden Sie es nicht riskieren, es mir zu sagen.« Mersadion wusste, wie Recht sie hatte.
»Wir haben keinen Grund, an der Treue der anderen Bändiger zu zweifeln«, brachte er vor.
»Wie wir auch keinen hinsichtlich Glozellan hatten.« Sie kochte und schien kurz vor einer Explosion zu stehen. Er lavierte behutsam in der Hoffnung, sie zu beschwichtigen.
»Wenn Ihr Zweifel habt, können wir die Bändiger austauschen. Und wir haben immer noch genügend Drachen, Majestät, obwohl wir drei verloren haben. Was die neue Mutter betrifft, so gibt es mehrere Kandidaten für eine Beförderung, die…«
»Alle Bändiger sind Braunwichtel. Wie kann ich noch einem von ihnen trauen? Es wird eine Säuberung innerhalb der Drachengeschwader geben.«
»Majestät.«
»Zuerst die Vielfraße, dann die Kopfgeldjäger, die ich ihnen nachgeschickt habe, und jetzt hat die Drachenmeisterin meine Sache verraten.« Sie fixierte ihn mit ihrem frostigen Blick.
»Und währenddessen ein beständiges Schwinden meiner Armee. Wie kommt es, dass ich von so vielen Feiglingen und Verrätern umgeben bin?« Es war eine Frage, die zu beantworten er niemals wagen würde. Er gedachte ihr auszuweichen, indem er ihren Blickwinkel verschob.
»Ihr könntet es so sehen, dass die Reihen sich selbst säubern, Majestät. Jene, die bleiben, müssen zwangsläufig die treusten Anhänger Eurer Majestät sein.«
Sie lachte und warf den Kopf zurück, während die rabenschwarzen Haare flogen. Spitze weiße Zähne blitzten auf. Ihre Augen funkelten vor Belustigung. Er gestattete sich ein nervöses Grinsen mit geschlossenem Mund. Jennesta fand ihre Fassung wieder und sagte immer noch lächelnd:
»Glauben Sie nicht, ich würde irgendetwas Komisches darin sehen, Mersadion, das ist reiner Spott.« Sein Gesicht nahm wieder eine wachsam-ausdruckslose Miene an.
»Sie haben eine politisch kluge Art, die Dinge zu formulieren. Sie wollen mich glauben machen, dass das Glas halb voll ist.« Sie beugte sich zu ihm vor, und ihr Lächeln war bereits eine verblassende Erinnerung.
»Aber Sie sind nur ein Ork. Wenn es ums Denken geht, kämpfen Sie oberhalb Ihrer Gewichtsklasse. Ich werde Ihnen sagen, warum innerhalb der Mannschaften Verrat um sich greift. Es liegt daran, dass die Offiziere nicht streng genug auf Disziplin achten. Und die Befehlskette führt zu Ihrer Tür.« Nur wenn die Dinge schlecht laufen, dachte Mersadion. Jennesta wich ein wenig zurück.
»Ich werde keine Laxheit dulden. Das ist meine letzte Warnung.« Womit er auch rechnete, was sie sagen oder tun würde, es bereitete ihn in keiner Weise darauf vor, was als Nächstes geschah. Sie spie ihn an. Der Speichel benetzte seine rechte Wange unter dem Auge und bis zum Ansatz seines Ohrs. Es war eine Tat, die ihn gleichermaßen schockierte und verblüffte, und er hatte keine Ahnung, wie er reagieren sollte. Dann spürte er Wärme auf der Haut. Kribbelnde Hitze breitete sich über die ganze Seite seines Gesichts aus. Er zuckte vor Unbehagen zusammen und hob eine Hand, aber das Berühren der betroffenen Stelle machte es nur noch schlimmer. Binnen Sekunden wurde es immer heißer, als werde er von unzähligen glühendheißen Nadeln gepiekst. Jennesta stand da und musterte ihn, fasziniert und leicht belustigt. Er hatte jetzt das Gefühl, sich verbrüht zu haben, als sei er mit Säure bespritzt worden. Er verlor die Haltung und schrie auf. Sein Gesicht warf Blasen. Er roch brennendes Gewebe. Schmerzen wurden zur Qual und gingen darüber hinaus. Er schrie.
»Letzte Warnung«, wiederholte sie bedeutungsschwer.
»Denken Sie darüber nach.« Sie entließ ihn mit einer trägen Geste. Vor Schmerzen gekrümmt stolperte er hinaus, während Dampf von seinen verheerten Zügen aufstieg. Durch die peitschenden Zeltklappen sah Jennesta ihn
zu einem Wasserbottich taumeln. Sie hörte ihn heulen. Was sie getan hatte, war ein
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