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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Auspuff, eine Stoßstange, weitere aufeinandergestapelte Reifen. Das hier war wohl das Lager eines Autobastlers.
    »Nun bleiben Sie doch stehen«, rief Mara. Sie war jetzt an der Treppe. Zeno hatte sich in den Raum zurückgezogen und spürte kitzelnde Spinnweben an seinem Gesicht. Der Gang ging zum Glück noch ein gutes Stück nach hinten, wie ein Pfad zwischen den alten Ersatzteilen und dem Schrott hindurch. Als er in einen weiteren Raum gelangte, drehte er sich um.
    Mara stand als Silhouette im Eingang. Offenbar traute sie sich nicht hereinzukommen.
    »Hallo«, rief sie wieder. »Ich habe nur eine Frage … Nun sagen Sie doch was. Mensch, ich habe Sie doch gesehen.«
    Er holte Luft. Am liebsten hätte er sich geräuspert. Er wusste nicht, ob seine Stimme wirklich klar und deutlich klingen würde. Denn darauf kam es an – dass er Mara in aller Klarheit ansprach.
    Mara war wieder einen Schritt zurückgegangen. Zeno konnte sehen, wie sie den Kopf schüttelte, und er konnte sogar in ihrem Gesichtsausdruck lesen. Und was er sah, erschreckte ihn: Sie wirkte traurig. Fast verzweifelt. Resigniert. Es tat ihm in der Seele weh.
    »Hallo?«, brachte sie noch einmal hervor, aber es war kein Rufen mehr, sie sagte es einfach vor sich hin. Zu sich selbst. Wie ein letzter schwacher Versuch.
    Zeno fragte sich, warum sie ihn überhaupt verfolgt hatte, warum sie eigentlich wissen wollte, wer sich da in dem Haus herumtrieb.
    Als Mara sich anschickte, wieder hinaufzugehen, als sie die Treppe ins Auge gefasst hatte und das matte Licht des Herbsttags in ihr Gesicht schien, erhob Zeno die Stimme.
    »Mara«, sagte er.
    Er spürte, wie der Raum um ihn herum vibrierte von diesem einen Wort. Noch nie hatte er sich klargemacht, welche sinnliche Ausstrahlung die beiden dunkel gefärbten Vokale in Maras Namen besaßen. Für ihn, der Musik und Klang oft mit Farben assoziierte, wirkte der Klang des Namens Mara tief dunkelrot, dunkler noch als Kirschen oder Rotwein. Es war ein Rot, das fast am Schwarz angesiedelt war, und das leichte Aufglimmen der Farbe inmitten der Schwärze kam Zeno wie eine Verheißung vor. Wie eine Verlockung. Die allererste, allerfrüheste Regung des Morgenrots, das aus der tiefen Nacht auftauchte, in dem aber das Strahlen des hellen Tages, sein ganzer Verlauf über den sonnendurchfluteten Mittag schon enthalten war.
    Und nun, als Zeno ihren Namen ausgesprochen hatte, wandte sich Mara wieder dem Keller zu. Sie war erschrocken, aber auch neugierig. Nicht ängstlich.
    Zeno wusste, warum.
    Sie ahnte, dass an diesem Ort, an diesem Platz, an diesem Todesplatz des großen Musikmoguls John S. Gritti etwas auf sie wartete, das das Geheimnis ihres Lebens löste.
    Und jetzt, als sie sich dem Keller zuwandte und versuchte, in der Finsternis etwas zu erkennen, wusste Zeno, warum sie ihm gefolgt war.
    Sie hatte genau darauf gewartet: auf den Ruf aus dem Dunkel …

15
    »Ich kann dich nicht alleine hierlassen, junge Frau«, sagte der Taxifahrer, der wieder ins Du zurückgefallen war. Mara nahm es schlichtweg hin. Ebenso wie die Tatsache, dass er sie beobachtete, während sie die Unfallstelle besichtigte, ohne dass ihr eine entscheidende Erkenntnis gekommen wäre.
    Weder was ihr Leben noch was Johns Tod betraf.
    Es war jemand mit ihm im Wagen gewesen. Sie wusste es einfach. Aber wie sollte sie dafür den Beweis finden?
    Sie hatte sich gerade vorgenommen, wieder zum Taxi zurückzukehren, da bemerkte sie eine Bewegung an dem Haus gegenüber. Hinter dem rauchenden Fahrer, der gerade seine Kippe austrat, war eine Gestalt um die Ecke verschwunden.
    Es war doch möglich, dass jemand den Unfall beobachtet hatte. Vielleicht war das Haus ja doch bewohnt? Oder es gab da eine Werkstatt oder ein Lager, wo sich hin und wieder jemand aufhielt.
    Eine kleine Chance, aber die musste sie nutzen.
    »Geht’s weiter?«, fragte der Taxifahrer, als sie an ihm vorbeilief. Sie antwortete nicht. Sie rannte über den Parkplatz des ehemaligen Gasthauses. An der Ecke blieb sie stehen. Auch hier war alles heruntergekommen. Jemand benutzte das Gelände als Müllabladeplatz.
    Vorsichtig blickte sie um die Ecke. »Hallo?«, rief sie.
    Da war eine Bewegung. Eine Gestalt schien im Boden zu verschwinden, aber als Mara näher kam, sah sie, dass dort eine Treppe zu einer Kellertür führte. Sie hörte ein metallisches Schaben. Mara konnte die Person nur für den Bruchteil einer Sekunde erkennen, aber sie war sicher, dass es ein Mann war. Ob alt oder jung, wusste sie nicht.

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