Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
richtigen Wohnsitz besaß.
»Machen die dich fertig?«, fragte Jojo. »Wollen die nicht, dass du noch Konzerte spielst?«
Mara sah sie an und rang sich ein Lächeln ab. »Ja, so sieht es aus.«
Jojo war ehrlich entrüstet. »Mann, das können die doch nicht machen. Du bist doch gut. Eine Freundin von mir hat eine CD von dir. Das ist alles so super … Und jetzt lassen sie dich nicht mehr? Warum denn nicht?«
»Schwierig zu erklären«, sagte Mara und blickte wieder auf den Bildschirm. Sie löschte die Nachrichten von Chloe und Gritti, und dann war nur noch die eine in der Liste.
Die von Orpheus.
Mara hatte einen Moment gedacht, sie hätte sie sich nur eingebildet. Aber sie war da. Und sie blieb in der Liste.
»Orpheus«, sagte Jojo. »Hab ich schon mal gehört.«
»Tatsächlich?«, fragte Mara.
»In der Schule. Wir hatten einen Geschichtslehrer, der … Na ja, der hat was darüber erzählt.«
Mara sagte der Name auch etwas, aber sie hatte noch nicht darüber nachgedacht. Natürlich war das hier ein sogenannter Nickname eines Mailschreibers, der anonym bleiben wollte. So einer konnte sich die verrücktesten Namen aussuchen. Welcher bei dem jeweiligen Maildienst gerade frei war.
»Hat was mit Musik zu tun«, sagte Jojo.
Da hat sie recht, dachte Mara. Und vielleicht war das kein Zufall. Er war sicher ein Musikfan und nannte sich deshalb so.
»Was will der?«, fragte Jojo.
»Ich weiß es nicht.«
»Ist er vielleicht so ein perverser Stalker?«
»Keine Ahnung.«
Nachdenklich blickte Mara auf den Bildschirm. Die Software aktualisierte die Liste der eingegangenen Mails, und plötzlich erschien in der Liste eine neue Nachricht. Wieder von Orpheus. Mara öffnete sie.
Ich habe gelesen, was passiert ist.
Es ist furchtbar, aber es ist noch nicht zu spät.
Die Zeit ist nun wirklich reif, dass Du mehr über Dich erfährst. Vielleicht war Grittis Unfall ein Zeichen.
Bist Du bereit, mir zu vertrauen?
Sprich mit niemandem darüber, dass wir Kontakt haben.
Ausnahmslos.
Wenn Du diese Regel brichst, wird vielleicht doch noch alles zerstört. Jeglicher Sinn. Alles, worauf es Dir ankommt.
Denke darüber nach: Vertraust Du mir?
Orpheus
»Klingt tatsächlich wie einer, der dich verfolgt.«
Mara schloss das Programm. Sie musste nachdenken, aber dieses Kind hier neben ihr störte sie dabei.
»Ich kann dir helfen«, sagte Jojo. »Du kannst dich hier bei uns verstecken und …«
»Jojo, das geht nicht.«
»Aber klar, du musst doch nur …«
»Ich muss hier weg. Ich muss was unternehmen.« Eigentlich wusste sie selbst nicht, was sie musste und sollte, aber eines war sicher: Hier in dem Bauwagen hielt sie es keine fünf Minuten mehr aus.
»Aber ich dachte …« Plötzlich sah Jojo verzweifelt aus. Sie wirkte, als kämen ihr gleich die Tränen. »Ich wollte dir nur helfen«, flüsterte sie.
»Ich weiß.«
»Aber ich bin wohl keine Hilfe für dich, oder?«
»Nein. Eher nicht. Aber danke, dass ich bei dir übernachten durfte.«
Jojo schluchzte leise. Dann schob sie sich von der Bank und ging hinaus.
Mara wartete einen Moment und öffnete auf dem Computer ein weiteres Programm. Twinworld.
Sie hatte es am Abend zuvor schon versucht, aber Deb war immer noch nicht online.
Plötzlich fiel ihr das Handy ein. Sie schaltete es an – und da trudelten die Nachrichten in Abwesenheit ein. Drei Mal Chloe. Mara machte sich nicht die Mühe nachzusehen, was sie wollte.
Sie brauchte Kontakt zu Deborah.
Nachdenklich wandte sie sich wieder dem Laptop zu und betrachtete ihren Avatar, der in der künstlichen Landschaft herumstand.
Das ist alles Kinderkram, dachte Mara. Wenn du Kontakt zu Deborah haben willst, ruf sie an, wie es ein normaler Mensch machen würde. Oder schreib ihr eine Mail.
Sie klickte durch die Twinworld-Freundesliste, wo Deborahs Mailadresse sichtbar war.
Melde Dich. Bitte. Mara.
Die Nachricht schoss ins weltweite Netz.
Was tue ich, wenn sie sich nicht meldet, dachte sie?
Die Sekunden tropften dahin. Zwei, drei Minuten vergingen. Dann begann die Musik ihres Handys zu spielen. Mara meldete sich, und dann hörte sie Deborahs beruhigende Stimme.
»Wo bist du jetzt?«, fragte sie.
»Bei … Freunden.«
»Bist du dort sicher? Oder kann dich die Presse aufspüren?«
Unglaublich, wie schnell Deborah zur Sache kam. Als wüsste sie alles über ihre Nöte. Als wäre sie die ganze Zeit in ihrem Kopf gewesen. Es tat Mara unendlich gut.
Sie blickte durch das Fenster des Bauwagens auf den von Unkraut und Müll
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