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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Computer war hochgefahren und stand bereit.
    Und plötzlich war da die Botschaft in Maras Kopf. Sie hörte sie – gesprochen von einer raunenden Männerstimme. Leise, aber klar. Verhalten, aber bestimmt.
    Sprich mit niemandem darüber, dass wir Kontakt haben.
    Ausnahmslos.
    »Was wolltest du mir denn nun im Computer zeigen?«, fragte Deborah.
    Mara hockte sich hin, öffnete das Mailprogramm und rief die Nachrichten auf. Deborah las die Botschaften aufmerksam, und Mara beobachtete ihren Gesichtsausdruck sehr genau. Da war nicht mehr diese Coolness, diese Distanziertheit, dieses ständige Wegwischen von Gedanken. Deborah war ehrlich erstaunt.
    »Orpheus«, sagte sie. »Das ist natürlich ein symbolträchtiger Name.«
    »Und?«, fragte Mara. »Glaubst du es nun? Irgendetwas kommt auf mich zu, Deborah. Es klingt vielleicht hochtrabend und kitschig, aber mein Schicksal scheint sich zu erfüllen. Dieser Orpheus hat mir klargemacht, wie wichtig die Violine dabei ist. Er hat mir aufgetragen, mit niemandem über seine Botschaften zu sprechen. Ich habe es trotzdem getan.«
    »Hast du ihm denn geantwortet?«
    Mara schüttelte den Kopf.
    »Du solltest es auch nicht tun. Das ist ein Verrückter, der dich stalkt. Soll ich dir was sagen? Wahrscheinlich hat er die Geige gestohlen. Und er ist auch der von dem Haus. Oder er ist irgend so ein Musikfanatiker. Wenn er sich schon Orpheus nennt …«
    »Was hat es denn mit dem Namen auf sich?«
    »Du weißt nicht viel über antike Mythologie, oder?«
    »Machst du Witze? Ich bin von der Schule gegangen. Und als ich noch hinging, war ich auch nicht besonders interessiert an dem, was da so vor sich ging.«
    »Also gut«, sagte Deborah. »Ich würde sagen, wir vergessen das Ganze. Alles.«
    »Was?«
    »Ich lasse nicht zu, dass dich ein Unbekannter so fertigmacht. Schau dich doch mal an. Du bist ein psychisches Wrack.«
    »Aber …«
    »Du reitest dich in was rein. Mach deine Musik. Darin bist du gut. Nur darin. Denk nicht so viel darüber nach. Wie gesagt, du brauchst ein neues Management. Ich wäre dazu bereit, das zu organisieren. Ich kriege das hin, glaub mir. Und ich will noch nicht mal was dafür haben. Ich mag einfach deine Musik, ich mag dich selbst, und das reicht mir.«
    Mara wusste nicht, was sie sagen sollte, und so schwieg sie. Die Situation erinnerte sie an die Zeit, als sie Krach mit ihren Eltern gehabt hatte. Es war eine Atmosphäre wie in einer Tiefkühltruhe. Man hatte sich im Streit verausgabt, konnte sich aber nicht wirklich aus dem Weg gehen, man hatte das Gefühl, das Hirn koche in seinem eigenen Saft. Man vermied es, die anderen direkt anzusehen.
    Maras sogenannter Vater verbarg sich im Wohnzimmer im Sessel hinter seiner Zeitung. Maras sogenannte Mutter wurstelte in der Küche herum. Sie selbst verzog sich in ihr Zimmer. Irgendwann gab es Abendessen. Niemand sprach ein Wort – höchstens die sogenannte Mutter, die ihren Mann fragte, ob sie noch eine Scheibe Brot abschneiden solle …
    Nun war es Deborah, die in der Küche stand, einen Topf Spaghetti kochte, und Mara wusste nicht, wohin mit sich. Sie hatte kein richtiges Zimmer. Der Raum, in dem sie übernachten sollte, war klein und unpersönlich.
    Deborah versuchte so gut es ging, gute Laune zu verbreiten. Als Mara hereinkam, warf sie gerade eine Handvoll Spaghetti in das kochende Wasser. Sie nahm einen Kochlöffel, rührte nach. Die Nudeln wurden weich und sanken in sich zusammen.
    In einem zweiten Topf brodelte etwas Blutrotes. Deborah öffnete den Kühlschrank. Mara staunte. Er war gut gefüllt. Jemand musste eingekauft haben. Oder gehörten die Dinge, die Mara auf einen Blick erhaschte, zur Grundausstattung der Wohnung? Es waren auch frische Sachen darin – sogar ein Salat im unteren Fach.
    Mara sah aus dem Küchenfenster, wo der graue Himmel sich langsam eintrübte, und plötzlich hatte sie das Gefühl, gefangen zu sein. Die Wohnung kam ihr wie ein Gefängnis vor, und die Welt da draußen erinnerte sie an ihre Einsamkeit. Aber sie konnte hier drin nicht bleiben.
    »Ich geh noch mal raus«, sagte Mara. »Ich esse sowieso nichts.«
    »Nun komm schon. Du musst doch was essen.«
    Wieder eine Erinnerung an die sogenannte Mutter. Was war nur los, dass sie sich Deborah gegenüber wie ein Kind vorkam? Mara wurde klar, woran es lag. Es war diese beherrschende Perfektion. Schon wie sie dastand und Nudeln kochte. Mit einer bunten Schürze über ihrer Businesskleidung. Bei ihr gab es keine Nachlässigkeit. Nichts Vages,

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