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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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könne und die zum Ausschluss aus der Gemeinde führe. Calixt argumentiert, die Kirche bestehe sowohl aus Reinen wie aus Sündern, und Jesus habe gesagt, dass Gott die Spreu vom Weizen trennen werde (Matthäus 13,29 f.). Zudem beruft sich Calixt, der sich gegenüber dem doktrinären Hippolyt als realistischer Pragmatiker erweist, auf seine Amtsautorität. Hippolyt gilt als der erste Gegenpapst der Kirchengeschichte.
    Als im März 235 Maximinus Thrax Kaiser wird und eine umfassende Kirchenverfolgung beginnt, wird Hippolyt verhaftet und seinerseits nach Sardinien verbannt, das damals »Insel des Todes« heißt. Dort stirbt er ebenso wie Papst Pontianus (230–235).
    Mitte des 3. Jahrhunderts leben in Rom und Umgebung – in insgesamt sieben kirchlichen Regionen – einige zehntausend Christen. Das lässt sich aus der überlieferten Zahl der zuständigen Kleriker schließen: 155; neben dem Episkopen gibt es allein 46 Presbyter.
    Obwohl ihre Zahl wächst, haben diese Christen, die in den Augen der Römer einem »verderblichen Aberglauben« (so der Historiker Tacitus) anhängen, schwer zu kämpfen. Sie leben von Almosen, Spenden und der Vermietung ihrer Häuser. Der römische Episkop schwebt ständig in Lebensgefahr. Zwischen Petrus und Eusebius (308/09–310) sterben nicht weniger als 28 »Stellvertreter Petri« den Märtyrertod, bis zum Anfang des 4. Jahrhunderts ist das fast jeder römische Bischof. Selbst wenn man fromme Legenden einrechnet, ist das enorm.
    Die eigentliche Erfolgsgeschichte des Christentums beginnt im 4. Jahrhundert, ganz ohne päpstliches Zutun: Am 29. Oktober 312 zieht der weströmische Kaiser Konstantin (306–337) in Rom ein, das bis dahin sein Konkurrent Maxentius kontrolliert hat. In den Vorstädten, an der Milvischen Brücke über den Tiber, haben Konstantins Soldaten die des Maxentius vernichtend geschlagen.
    Das Besondere daran: Konstantin hat vor der Schlacht geträumt, der Gott der Christen werde ihm zum Sieg verhelfen, wenn er sich zu ihm bekenne und dieses Bekenntnis offen zeige. Daraufhin hat der Kaiser seinen Helm und die Schilde seiner Kämpfer mit einem Zeichen versehen lassen, das künftig Christus-Monogramm oder Chrismon heißen sollte. Das Monogramm formt sich aus den übereinandergelegten und gekreuzten griechischen Buchstaben X und P – die Anfangsbuchstaben von »Christos« (»der Gesalbte«). Konstantin ist überzeugt, dies habe die Schlacht entschieden.
    Eine Toleranzvereinbarung verspricht den Christen Gleichberechtigung, überdies die Rückgabe der unter Diokletian enteigneten Kirchen und Ländereien. Im Jahr 324, als Konstantin auch den Ost-Regenten Licinius besiegt hat und Alleinherrscher geworden ist, stärkt der Kaiser die wiedererlangte Einheit des Reiches durch die intensive Förderung einer einzigen Religion: des Christentums. Überall baut er Kirchen und beruft rund 1800 Bischöfe. 325 führt er den Vorsitz beim bedeutenden Konzil von Nicäa, auf dem die Lehre der Arianer als Häresie verurteilt wird: Für Arius aus Alexandria ist Jesus, Gottes Sohn, vor der Zeit durch Gott geschaffen worden, insofern göttlich, doch nicht gleichrangig-ewig mit Gottvater. Konstantin bleibt indes wohl selbst Arianer, jedenfalls lässt er sich auf dem Sterbebett von einem arianischen Bischof taufen.
    Unter Konstantin entwickelt sich das Christentum also von einer Religion, die toleriert wird wie die heidnischen Kulte, zum privilegierten Glauben. Der Kaiser erlaubt jedoch weiterhin den Bau von Mars- oder Venus-Tempeln und trägt noch als Christ den Titel des »Pontifex maximus«, des Dienstherrn der altrömischen Kulte. Der »Revolutionär« ist zugleich »Realist«, wie der Althistoriker Paul Veyne lobt.
    Nach 324 ändert Konstantin viele Gesetze. So sollen Viehdiebe, Kindesentführer und Vatermörder in einen Ledersack geschnürt und im Meer versenkt werden; zuweilen steckt man in diesen Sack zusätzlich eine Schlange, einen Hahn und einen Hund. Bei nachgewiesenem Ehebruch wird der oder die Schuldige zum Tod verurteilt. Aber die Gesichter der Verbrecher dürfen nicht mehr durch einen glühenden Stempel gebrandmarkt werden, denn jeder Mensch gilt als ein Abbild der göttlichen Schönheit. Auch darf jeder Häftling einmal am Tag das Licht der Sonne sehen.
    Der erste Papst, der die neue kaiserliche Gunst ein wenig genießen kann, ist Miltiades (310/11–314). Im Jahr 312 feiert die römische Kirche erstmals unbehelligt und im Vollbesitz ihrer heiligen Stätten das Osterfest. Konstantin

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