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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sorgfältig darauf eingerichtet, die Würde und das Schamgefühl eines jeden Mitglieds der Mönchsgemeinschaft zu schützen, vom
     Abt bis zum niedersten Bruder. Der Körper, dieses Gefäß der Sünde, mußte so weit wie möglich verhüllt werden. Die langen,
     weiten Umhänge der Benediktiner boten Johanna die Möglichkeit, ihre weiblichen Körperformen zu kaschieren; dennoch schnürte
     sie sich – als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme – mit dicken Streifen aus Leinentuch die Brüste fest zusammen. Die Bendiktinerregeln
     besagten ausdrücklich, daß die Brüder in ihrer Mönchskleidung schlafen mußten und selbst in den heißesten Nächten des Hochsommers,
     im Heuvimanoth, lediglich die Hände und Füße enthüllen durften. Bäder waren untersagt, ausgenommen für die Kranken. Selbst
     die
necessaria
, die Aborte, gewährten den Brüdern durch Trennwände zwischen den einzelnen Latrinen mit den kalten Steinsitzen ihre Privatsphäre.
    Als Johanna auf dem Weg von Dorstadt nach Fulda in die Männerrolle geschlüpft war, hatte sie es sich außerdem zur Gewohnheit
     gemacht, ihre Monatsblutung mittels dicker Lagen aus trockenen, saugfähigen Blättern aufzunehmen; anschließend vergrub sie
     diese Blätter. Doch im Kloster erwies sich selbst die letztgenannte Vorsichtsmaßnahme als überflüssig: Johanna ließ die benutzten
     Blätter einfach in die tiefen, dunklen Löcher der
necessaria
fallen.
    Jeder Mönch im Kloster zu Fulda hielt Johanna für einen jungen Mann. Sie machte die Erfahrung, daß keiner der Brüder sich
     auch nur einen Gedanken über das Geschlecht einer bestimmten Person machte, sobald der oder die Betreffende als Mann oder
     Frau akzeptiert worden war – zum Glück für sie. Denn hätte man ihre wahre Identität aufgedeckt, hätte dies mit Sicherheit
     ihren Tod bedeutet.
    Diese Gewißheit hielt Johanna anfangs auch davon ab, den Versuch zu unternehmen, sich mit Gerold in Verbindung zu setzen.
So sehr
durfte sie niemandem vertrauen, daß sie ihn eine Nachricht an Gerold überbringen ließ. Und sie selbst konnte das Kloster nicht
     verlassen; als Novize wurde sie Tag und Nacht aufmerksam im Auge behalten.
    Von Zweifeln geplagt, hatte sie in den ersten Wochen und Monaten des Nachts stundenlang auf ihrer schmalen Pritsche im Dormitorium
     wach gelegen. Selbst wenn es ihr gelang, sich mit Gerold in Verbindung zu setzen – wollte er sie haben? Als |249| sie das letzte Mal zusammengewesen waren, an der leerstehenden Hütte am Flußufer, hatte sie sich Gerold angeboten; sie hatte
     von ihm geliebt werden wollen – Johanna errötete, als sie daran zurückdachte -, doch Gerold hatte sie zurückgewiesen. Später,
     auf dem Heimweg, war er in sich gekehrt und wortkarg gewesen, beinahe so, als wäre er wütend. Und anschließend hatte er die
     erste Gelegenheit beim Schopf gepackt, Villaris eine Zeitlang zu verlassen.
    »Du hättest ihn nicht so ernst nehmen sollen«, hatte Richild damals gesagt. »Du bist lediglich die letzte Perle in Gerolds
     langer Halskette aus Eroberungen.« Stimmte das wirklich? Damals war es Johanna unvorstellbar erschienen; aber vielleicht hatte
     Richild ja die Wahrheit gesagt.
    Es wäre verrückt, alles aufs Spiel zu setzen, sogar ihr Leben, nur um mit einem Mann Verbindung aufzunehmen, der sie gar nicht
     haben wollte, der sie wahrscheinlich nie gewollt hatte. Und trotzdem …
     
    Johanna war drei Monate im Kloster zu Fulda, als sie Zeugin eines Ereignisses wurde, das ihr half, eine schwierige Entscheidung
     zu treffen. Auf dem Weg zu den
cellae novicorum
war Johanna mit einer Gruppe anderer Novizen durch den Gemüsegarten geschlendert, als plötzlicher Lärm und Bewegung aller
     Aufmerksamkeit auf das Eingangstor gelenkt hatte. Johanna beobachtete, wie eine Eskorte Bewaffneter durch das Tor geritten
     kam, gefolgt von einer Dame in einem prachtvollen Gewand aus goldener Seide. Anmutig und gerade wie eine Marmorstatue saß
     die Frau im Sattel. Sie war wunderschön. Ihr zartes, blasses Gesicht wurde von einer Kaskade aus üppigem, hellbraunem Haar
     umrahmt, und in ihren dunklen, klugen Augen lag ein geheimnisvoller Ausdruck von Trauer.
    »Wer ist diese Frau?« fragte Johanna fasziniert.
    »Judith, die Gattin von Baron Waifar«, antwortete Bruder Rudolph, der die Aufsicht über die Novizen führte. »Eine gelehrte
     Frau. Man sagt, daß sie Latein in Wort und Schrift so gut beherrscht wie ein Mann.«
    »Deus nos salva.«
Ängstlich bekreuzigte sich Bruder Gailo. »Ist sie eine

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