Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
Tasche vorsichtig auf den uralt aussehenden Küchentisch. Er war aus dunklem Holz und wirkte wie ein Relikt aus der Zeit Heinrichs VIII.
»Ach, ich dachte, wir gehen hoch, in mein Zimmer«, sagte er und nahm das Tablett mit Teekanne und Tassen.
»Wo arbeiten deine Eltern?«, fragte ich und folgte ihm in den Flur.
»Mein Vater ist Beamter und meine Mutter ist tot«, sagte er.
Ich schluckte. »Tut mir leid«, sagte ich leise.
»Sie ist seit vielen Jahren tot«, fügte er hinzu, aber ich glaubte dennoch zu hören, dass er sie gut gekannt hatte und vermisste.
»Dein Vater scheint gut zu verdienen, wenn ihr euch ein ganzes Haus leisten könnt«, wechselte ich das Thema und starrte auf ein gewaltiges Gemälde rechts von mir. Darauf waren tanzende Elfen abgebildet. Allein der Rahmen sah schrecklich teuer aus.
Ich folgte Lee zwei Treppen nach oben. Er öffnete eine Tür und wir standen in einem Studio. Es war modern, offen und hell, mit diesen wunderbaren bodenlangen Fenstern und winzig kleinen Balkonen, und nahm die komplette obere Etage ein. Ein Futonbett in einer Ecke, ein bequemes Sofa in der anderen und eine Giebelwand komplett mit Büchern bedeckt. Staunend sah ich mich um.
»Gefällt es dir?« Lee schaute mich erwartungsvoll an.
»Das ist umwerfend.« Ich trat an das Bücherregal und las die Titel. Meine Lieblingsbücher standen alle beisammen auf einem Regalbrett. Daneben gab es Romane, Krimis, Thriller, Biographien, hauptsächlich über Personen aus dem siebzehnten Jahrhundert, aber auch über Napoleon, Wellington, englische Könige, Sachbücher über Pflanzen, Mythen, Märchen. Einfach alles. »Du hast mehr Bücher als meine alte Schule«, stellte ich bewundernd fest.
Er trat neben mich und reichte mir eine Tasse Tee. Ich probierte. Perfekt. Der Tee hatte genau die richtige Menge Zucker.
»Ich mag vor allem das hier.«
Er zog ein Buch hervor und ich erkannte es schon am Einband. Ein Kinderbuch. Es handelte von einem Jungen, der durch einen Wolf in eine andere Welt gerät. Dort erlebt er mit zwei weiteren Kindern aufregende Abenteuer und befreit das Land von einem Diktator.
»Das ist auch mein Lieblingsbuch«, sagte ich leise. Dann sah ich auf und blickte direkt in Lees Augen. Er stand ganz dicht vor mir und ich roch wieder diesen Duft nach Heu und Blumen. Urplötzlich begann mein Herz schneller zu schlagen.
»Äh, sollen wir mal?«, fragte ich und stellte die Tasse schnell auf dem Schreibtisch ab. Ich hatte Angst, meine zitternden Finger würden den Tee zum Überschwappen bringen. Unverzeihlich auf den weißen Dielen.
Wir setzten uns auf das Sofa und Lee legte einen Stapel ausgesuchter Bücher auf den Tisch vor uns.
»Über Jakob II. gibt es nicht wirklich viel zu berichten«, stöhnte ich wenig später, nachdem ich in drei Lexika nur kleinere Berichte gefunden hatte. »Hat Wikipedia mehr zu bieten?«
Lee warf sein Notebook an. »Er war eigentlich ein netter Kerl. Er hat nur den Fehler gemacht, seine religiösen Überzeugungen zu öffentlich auszuleben. Falls das ein Fehler ist.«
Ich zuckte die Achseln. Er war seit dreihundert Jahren tot und auch wenn ich anglikanisch getauft war, hatte ich keinen wirklichen Bezug zur Kirche. Mum war nie zur Messe gegangen, weil sie sonntagmorgens zu müde war nach den langen Nächten im Pub; und mich hatte sie auch nie dazu gedrängt.
Wir arbeiteten eineinhalb Stunden, abwechselnd die Bücher aus der Bibliothek oder den Laptop nutzend.
»Netter Kerl?«, fragte ich auf einmal. Ich war in einem Buch auf etwas gestoßen. Eine Seite im Internet führte es ebenso auf. »Er hat ein paar Bischöfe hinrichten lassen, weil sie Bittschriften gesammelt haben. Das ist doch ziemlich krass, oder?« Ich las weiter. »Oh, Moment. Sie haben ihn erpresst. Mit irgendeinem Stein. Einem Bernstein. Wie kann man damit jemanden erpressen? Aber egal. Das gibt dem langweiligen Referat wenigstens etwas Würze.«
Zum ersten Mal erlebte ich, dass Lee die Fassung verlor.
»Zeig her.« Er riss mir das Buch aus den Händen. Sein Gesicht war leichenblass. Hektisch flogen seine Augen über die aufgeschlagene Seite, dann beugte er sich über mich und studierte den Bildschirm. »Das stimmt nicht«, sagte er – Stunden später, wie es mir vorkam. »Das ist falsch.«
Ich starrte ihn an. »Es steht in diesem Buch, in dem da und auf dieser Homepage. Und nicht nur auf Wikipedia. Wie falsch kann es da schon sein?«
»Da muss jemand die Urkunden falsch gelesen haben.« Lee schien sich seiner Sache
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