Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
der Sohn des Duke of Gloucester.« Er sah meinen ratlosen Blick und fügte hinzu: »Der Earl of Gloucester ist Johns Schwiegervater. Natürlich würde er alles daransetzen, um seinen Schwiegersohn auf dem englischen Thron zu sehen. Also verhindert man die Freilassung von König Richard und John kann weiter regieren und - wer weiß den Thron besteigen.«
»Aber Prinz John besteigt doch ohnehin den Thron«, sagte ich und war ganz froh, dass ich diesbezüglich in Geschichte aufgepasst hatte.
Lee lächelte. »Aber erst in sechs Jahren. Richard muss davor wieder freikommen. England ist noch nicht bereit für eine Revolte.«
»Revolte?«
»Ja. Prinz John wird das Land und vor allem die Adligen mit eiserner Hand regieren. Das lassen die sich nicht gefallen. Aber je früher er den Thron besteigt, desto größer ist die Gefahr, dass man es hinnimmt, weil noch immer viele Ritter auf dem Kreuzzug sind und nichts gegen ihn unternehmen können. In sechs Jahren sieht die Situation anders aus.«
In meinem Kopf ratterte es. So viele Informationen auf einmal. Und doch war die Lösung mit einem Mal recht einfach. »Wir müssen also nur verhindern, dass die Geächteten das Lösegeld stehlen?«
Lee schaute zufrieden. »Ganz genau. Die Königinmutter Eleonore hat diese Unsumme zusammengekratzt und rate mal, wo der Schatzwagen durchkommt.«
Da soeben John von den Geächteten mit dem Überfall beauftragt worden war, lag die Antwort auf der Hand.
»Wie können wir den Überfall verhindern?«
In Lees Augen blitzte auf einmal der Schalk. »Herzlichen Glückwunsch, Fay. Wir sind ab sofort Angehörige des Adels und können unser Dasein als Geächtete an den Nagel hängen. Du bekommst richtige Schuhe. Und Wollunterhosen.«
DIE HÖHLEN VON NOTTINGHAM
Lee umlief Nottingham, um uns erst anständige Kleidung und zwei Pferde zu besorgen. Die Kleidung und das Geld bekamen wir von Mildred, die Pferde kaufte Lee bei einem Schmied in einem Vorort, der entgegengesetzt zum Sherwood Forest lag, damit auch niemand von den Geächteten uns sah. Sicher ist sicher. Bei der Übergabe hatte Mildred ein paar Anspielungen auf Deirdre gemacht. Deirdre sei der Kontakt zu uns nun von höchster Stelle untersagt worden. Sowohl Lee als auch ich wollten den Vorfall am liebsten vergessen, unheimlich war diese Nymphe aber immer noch.
Schließlich saß ich zum ersten Mal in meinem Leben auf einem Pferd. Es war schrecklich hoch und beängstigend. Lee schwang sich in den Sattel, als würde er täglich nichts anderes tun. Er machte eine unglaublich gute Figur auf dem Schimmel, man konnte ihn sich kaum mehr hinter dem Steuer seines roten Mercedes SLS vorstellen.
Lee schien sich hier überhaupt sehr wohl zu fühlen. Für ihn war das ein großes Abenteuer und die Entbehrung von zum Beispiel sauberem Wasser machte ihm nicht das Geringste aus. Nun gut. Er schwitzte auch nicht wie ein normaler Mensch. Als ich ihn auf sein augenscheinliches Wohlbefinden ansprach, zwinkerte er vergnügt und sagte, ich würde ihm die aufregendste Zeit seines Lebens bescheren. In dieses Jahrhundert hätte er immer mal reisen wollen. Allein dafür liebe er mich schon.
Ich zog es vor, das Thema fallen zu lassen. Konnte es langweilig werden, wenn einem »nur« drei Jahrhunderte für Zeitsprünge zur Verfügung standen? Wenn ich mir Lee so ansah – anscheinend schon.
Dieses Mal war unser Einzug in eine mittelalterliche Stadt weniger spektakulär. Kaum einer blieb stehen, um zu gaffen. Aufgrund unserer vornehmen Kleidung (inklusive bequemer und warmer Unterwäsche) ließ man uns ohne Umstände überall passieren.
Bis zum Tor der Burg. Dort gab Lee die von ihm ausgedachte Geschichte des unehelichen Sohnes von Earl Pembroke zum Besten, der wichtige Nachrichten zu überbringen hätte. Ich hatte den Namen wohl schon gehört – unsere alte Geschichtslehrerin Mrs Crobb hatte ihn mehrmals erwähnt, aber da Mrs Crobb einen dermaßen langweiligen Unterricht abgehalten hatte, wusste ich nicht mehr, was oder wer Pembroke war. Er musste jedoch sehr wichtig gewesen sein, denn Lee wurde augenblich ehrfürchtig behandelt.
Ein Junge in einfacher Kleidung kam angelaufen und nahm unsere Pferde. Lee half mir herunter, sehr sachte, um meine Schulter zu schonen. Im Burghof tummelten sich viele Menschen. Die meisten trugen vornehme Kleidung, Diener huschten hilfsbereit zwischen den Menschen und Tieren umher. Der Bursche, der uns die Pferde abnahm, erklärte, heute Abend fände ein Festmahl zu Ehren der Aufnahme
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