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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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schöpfen vermochte, darüber gab Fra Branaguorno nur ausweichende Auskünfte.
    Er selbst begleitete Arnulf nicht bei dessen Ausflügen in die labyrinthischen Gassen Konstantinopels. Die Verwundung, die er beim Angriff der Normannen davongetragen hatte, schien ihn weit mehr zu beeinträchtigen, als er zuzugeben bereit war.
    »Ich will keine Kinder erschrecken, wenn ich durch die Straßen gehe«, sagte er Arnulf nur. »Als ich mich in Richtung Westen schleppte, ist das so manches Mal geschehen, wenn ich unbedacht die Kapuze meiner Kutte zurückschlug, um meine Wunde zu behandeln oder mich zu waschen.«
    »Ich habe Euch daliegen sehen, als Thorkilds Männer mich fortführten, ohne Euch helfen zu können«, sagte Arnulf daraufhin. »Von den Normannen hätte keiner auch nur ein Kupferstück darauf gesetzt, dass Ihr zwei Stunden später noch am Leben sein würdet.«
    »Um ehrlich zu sein – ich ebenfalls nicht«, gab Fra Branaguorno zurück. »Aber der Herr wollte mich offenbar noch nicht zu sich rufen.«
    »Es ist wahrhaftig ein Wunder, dass Ihr überlebt habt.«
    »Der Herr tut Wunder, damit wir an ihn glauben«, erklärte Fra Branaguorno. »So steht es in der Schrift.«
    Nur ein einziges Mal in diesen ersten Tagen nach seiner Rückkehr sah der Ritter aus Sachsen, wie Fra Branaguorno sich die Kapuze zurückschlug. Es war am späten Abend im Schlafsaal ihrer Unterkunft. Das Licht einer einzelnen Kerze brannte flackernd in der Zugluft. Fra Branaguornos Haare waren länger, als dies bei Mönchen normalerweise der Fall war. Die Tonsur hielt er nicht mehr ein, und so verdeckte sein grauweißes Haupthaar weitgehend den Anblick des furchtbar gezeichneten Schädels.
    Einige Tage später ließ Bruder Markus Arnulf zu sich rufen. Fra Branaguorno war nicht anwesend. Er hatte über Kopfschmerzen geklagt und hütete das Bett.
    Arnulf machte sich deswegen Sorgen, aber Bruder Markus beruhigte ihn. »Seit Fra Branaguorno hier ist, hat er schon des Öfteren ganze Tage verschlafen, weil ihm die Folgen seiner schweren Verletzung zu schaffen machten.«
    »In Konstantinopel gibt es doch angeblich die besten Ärzte der Christenheit!«, stieß Arnulf hervor. »Warum kann man ihm nicht in einem der Spitäler helfen, von denen er selbst mir auf unserem Ritt hierher vorgeschwärmt hat?«
    »Er lässt niemanden an sich heran. Auch keinen Arzt. Und sein Wesen ist misstrauisch geworden. Er scheint keiner Seele mehr zu trauen. Selbst einen Extrakt der Mohnblume, den ich ihm von einem arabischen Händler am Eutherios-Hafen besorgt habe, rührt er nicht an, obwohl die entkrampfende Wirkung gut belegt ist!«
    »Was würdet Ihr mir raten, um ihm zu helfen, Bruder Markus?«
    »Ich fürchte, niemand wird ihm da helfen können. Niemand, außer dem Herrn selbst, den Ihr im Gebet anrufen solltet, Arnulf. Diese Anfälle haben nie länger als ein paar Tage gedauert, und sein Zustand hat sich meist von allein wieder gebessert.«
    Der kleine, zur Korpulenz neigende Mönch holte tief Luft, als laste etwas auf ihm. Allerdings hatte die unsichtbare Last wohl nichts mit dem Zustand von Fra Branaguorno zu tun. »Ich muss etwas in aller Dringlichkeit mit Euch besprechen, was eigentlich auch Fra Branaguornos Anwesenheit erfordern würde. So bespreche ich die Angelegenheit nun mit Euch allein.« Der Mönch erhob sich von seinem Stuhl und ging zunächst zur Tür, um sich zu vergewissern, dass im angrenzenden Korridor niemand war, der lauschen konnte. Dann verriegelte Bruder Markus von innen die Tür des karg eingerichteten Raums, in dem er die Korrespondenz der kaiserlichen Gesandtschaft und andere Schreibarbeiten erledigte, die offenbar in einer Stadt wie Konstantinopel sehr viel reichlicher anfielen als beispielsweise in Magdeburg. In einfachen Holzregalen standen einige in Leder gebundene Folianten. Pergamente stapelten sich auf einem groben Holztisch. Teilweise waren sie in mühevoller Arbeit abgeschabt worden, damit man sie ein zweites Mal benutzen konnte – eine Arbeit, die vorzugsweise Ordensnovizen verrichteten, wie Arnulf wusste.
    Bruder Markus holte nun ein Dokument zwischen zwei dicken Folianten hervor, das er dort aufbewahrt hatte. Er faltete es auseinander. »Diese Nachricht habe ich heute Morgen durch einen Boten bekommen. Darin wird ausdrücklich gefragt, ob Ihr, Arnulf von Ellingen, bereits zurückgekehrt seid oder ob mit Eurer baldigen Rückkehr zu rechnen ist, da der Kaiser ein persönliches Schreiben an seinen kaiserlichen Bruder aufgesetzt habe,

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