Die Party Queen von Manhattan - Roman
ja da, Philip«, sagte ich. Bloß nicht durch die Nase atmen.
Er schob die Hand unter mein T-Shirt und strich mir über den Rücken. Was sich so gut anfühlte, dass ich es für den Bruchteil einer Sekunde schaffte, nicht daran zu denken, wer mir da an die Wäsche ging - nicht Sammy, sondern Philip im Vollrausch. Ohne zu überlegen, schlang ich die Arme um seinen Hals und presste meine Lippen auf die seinen. Dass er den Mund öffnete, um zu protestieren, und nicht etwa, um den Kuss zu erwidern, merkte ich erst einen Augenblick später.
»Holla, Liebes, immer sachte mit den jungen Gäulen.« Er fuhr zurück und betrachtete mich so entsetzt, als hätte ich mir
soeben sämtliche Kleider vom Leib gerissen und mich auf ihn gestürzt.
»Wo ist das Problem? Jetzt sag schon.« Diesmal würde er mir nicht entkommen. Keine halbherzigen Ausflüchte mehr. Ich musste ein für alle Mal Bescheid wissen, dass es nicht nur Einbildung meinerseits war, sondern tatsächlich stimmte: Aus welchem Grund auch immer würde er lieber sterben, als mir ernsthaft auf den Leib zu rücken.
»Ach, Liebes, du weißt doch, dass ich auf dich stehe. Wo bleibt denn der Gin Tonic? Weißt du was, den führe ich mir jetzt zu Gemüte, und dann halten wir ein Pläuschchen, hm?«
Ich kletterte von ihm runter und holte eine Flasche Stella Artois aus dem Kühlschrank. Die hatte ich vor einem Jahr angeschafft, weil damals in Glamour stand, man solle immer ein kühles Bier vorrätig haben, falls sich tatsächlich mal ein echter Mann zu einem in die Wohnung verirrte. Welch weiser Ratschlag. Doch als ich zurückkam, lag Philip da wie ein nasser Sack.
»Hey, Philip, schau mal, ich hab ein Bier für dich.«
»Aaahah.« Ihm entrang sich ein Stöhnen, aber das Zucken um die Augen verriet, dass er nur simulierte.
»Na komm schon, steh auf. Kann sein, dass du betrunken bist, aber schlafen tust du nicht. Soll ich dich nicht vielleicht besser in ein Taxi setzen?«
»Mhm. Ich mach nur kurz ein kleines Nickerchen, Liebes.« Mit einem weiteren Stöhnlaut schwang er seine Füße samt Loafers überraschend flott auf die Couch und drückte sich eins von meinen Zierkissen ans Herz.
Kurz nach zwei warf ich dem schnarchenden Helden eine Decke über, zerrte Millington aus dem Spalt zwischen Badewanne und Waschbecken heraus und kuschelte mich mit ihr ins Bett, ohne mich noch groß auszuziehen oder das Licht auszumachen.
23
Schließlich war es so weit. An dem Tag, der uns abends in die Türkei bringen sollte, war ich im Büro eingelaufen, um noch schnell das eine oder andere zu holen, was dringend mit auf die Reise musste - und fand ein Fax von Will vor. Auf dem Deckblatt stand nur »BÄH«, der nachfolgende Ausschnitt aus dem New York Scoop trug die Überschrift: MANHATTANS LIEBLINGSPARTYGäNGER: SCHWUL ODER BLOSS COOL DANEBEN? Gezeichnet: Ellie Insider, na klar. Dass ich wusste, wer sie war, machte die Sache nicht besser. Und diese Dreckschleuder nahm wahrhaftig kein Blatt vor den Mund.
Philip Weston, Millionenerbe und eifriger Mitmischer im New Yorker Club der britischen Hätschelkinder, ließ letzte Woche im Roxy, dem berüchtigten schrillen Szenetreff in Chelsea, etliche Augenbrauen in die Höhe schnellen. Pressebekannt durch seine Liaisons mit diversen Vogue-Redakteurinnen, brasilianischen Models und Hollywood-Sternchen, wurde er zuverlässigen Quellen zufolge an diesem Abend beim innigen Tête-à-tête mit einem unbekannten Vertreter männlichen Geschlechts im VIP-Bereich des Clubs gesichtet. Davon aufgeschreckt, brauste er schnurstracks auf seiner Vespa zum Apartment seiner aktuellen Flamme Bettina Robinson, einer Mitarbeiterin von Kelly & Company (siehe Kasten gegenüber). Westons PR-Agent verweigerte jeden Kommentar.
Siehe Kasten gegenüber. Siehe Kasten gegenüber. Siehe Kasten gegenüber . Ich las die drei Wörtlein bestimmt ein Dutzend Mal, bevor ich todesmutig einen Blick auf die folgende Seite warf. Und richtig, was sah ich da? Einen Schnappschuss von mir im Bungalow 8 an jenem ersten Abend, eng an Philip geschmiegt und offensichtlich in Ekstase, während ich mir literweise Champagner hinter die Binde kippte (jedenfalls sah es so aus) und scheinbar weder von dem Fotografen noch von Philips Zugriff auf meinen Hintern das Mindeste mitbekam. Hätte es noch eines Beweises bedurft, wie ludermäßig ich mich an dem Abend aufgeführt hatte, bevor es zum Filmriss kam, dann hatte ich ihn hier schwarz auf weiß. Überschrift: WER IST BETTINA ROBINSON? Gezeichnet:
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