Die Party Queen von Manhattan - Roman
auf ein Stichwort hin den Kopf schräg legen, um ihm zu bedeuten: »Ich weiß genau, was du meinst«, und schließlich zu ihm aufschauen und sagen, ja, wie schön du das doch alles gesagt hast, woraufhin er mich an sich ziehen und küssen würde, erst sachte, dann drängender. Und von dem Augenblick an wären wir ein wirklich echtes, richtiges Paar, beste Freunde, Geliebte und Seelenverwandte, alles in einem, und was immer das Leben an Hürden für uns bereithielt, gemeinsam würden wir sie meistern. Wie oft hatte ich eine solche Story zwischen zwei Buchdeckeln gelesen, und nun erlebte ich sie in echt. Nicht zu fassen.
»Klar, klingt doch super.« Bevor er es sich am Ende anders überlegte oder noch irgendwas sagte, schritt ich anmutig (hoffte ich wenigstens) an ihm vorbei, ließ mich selbst ein und verschwand in der Menge.
In null Komma nichts rückte die magische Stunde nach Mitternacht näher. Ich nutzte meine gute Laune nach Kräften, machte die Runde, hielt ein Schwätzchen mit Elisa und Davide sowie mit ein paar Typen, die ich flüchtig durch Avery kannte. Nichts vermochte mir den Abend zu verderben, nicht einmal Abby, die ich in einem schummrigen Eck neben der Bar herumlungern sah. Sie fing meinen Blick auf und stand im nächsten Moment auch schon neben mir. Ich wand mich aus ihrer Umarmung, trat einen Schritt zurück und musterte sie, als wäre ich mir nicht sicher, woher ich ihr Gesicht kannte. Dann drehte ich mich einfach um und ging. Sie rief mir nach, wollte hinterher, doch ich reckte nur kurz abwehrend die Hand in die Luft; als ich am Tisch von Kelly & Company ankam, war sie nirgends mehr zu sehen. Eben hatte ich mir in aller Ruhe ein Glas Champagner eingeschenkt, als Sammy auftauchte und mir bedeutete, dass er für heute Feierabend hatte.
Zu Fuß liefen wir fast zehn Blocks bis zu einem winzigen Diner, in dessen Fenstern noch Weihnachtskerzen standen. Sammy hielt mir die Tür auf und steuerte eine kleine Nische im Eck an - genau wie ich es mir erträumt hatte. Ich blies mir in die Hände und wärmte sie an meinem Becher mit heißer Schokolade. Sammy legte seine Hände auf meine.
»Bette, ich habe eine große Frage an dich«, begann er und sah mir dabei direkt in die Augen.
Mir blieb fast die Luft weg. Schön tief durchatmen. Eine gro ße Frage? Was für eine? Ob ich einen anderen habe und nicht auch finde, dass es Zeit wird, damit aufzuhören? Ob ich mir dich als Partner fürs Leben vorstellen kann? Die Antwort lautet ja, ja natürlich, Sammy, aber ist es für dieses Thema nicht noch ein bisschen zu früh? Ich wog noch immer dies und das gegeneinander ab, als er sagte: »Ich möchte dich fragen, ob du Geduld mit mir haben kannst.«
Mit einem jähen Ruck kam ich zu mir. Geduld? Ganz sicher war ich mir zwar nicht, aber für mein Gefühl klang das nicht
nach dem Auftakt zu einer großen Liebeserklärung - sofern man all den respektablen Schnulzenromanen Glauben schenken durfte.
Wie üblich verweigerte mein Sprachzentrum mir den Dienst.
»Geduld?«, wiederholte ich.
»Bette, ich will, dass es mit uns beiden was wird - das will ich mehr als alles andere -, aber ich muss dich um Geduld bitten. Heute Morgen kam ein Anruf, der mich echt umgehauen hat.«
»Was für ein Anruf?«, fragte ich. Das klang absolut, überhaupt, gar nicht gut.
»Von einem Anwalt. Partner in einer Riesenkanzlei im Geschäftsviertel. Er vertritt unter anderem einige Investoren, die sich seiner Meinung nach möglicherweise an einem neuen Restaurant finanziell beteiligen würden. Offenbar mischen sie schon in den verschiedensten Bereichen mit, aber bisher noch nicht in der Gastronomie. Sie suchen nach einem peppigen jungen Chefkoch - das hat er gesagt, nicht ich - und überlegen zwischen verschiedenen Möglichkeiten hin und her. Und da meinte er, ob mich das wohl reizen würde.«
Keine Ahnung, was ich eigentlich erwartet hatte, aber mit Sicherheit nicht das. Zum Glück fiel mir noch rechtzeitig ein, dass ich vermutlich irgendwie reagieren sollte. »Glückwunsch!«, sagte ich mechanisch. »Das sind doch tolle Neuigkeiten, oder?«
Er wirkte erleichtert. »Ja, natürlich sind sie das. Es ist bloß - wenn ich mich darauf einlasse, habe ich echt höllisch viel zu tun. Ich soll für die ein Pitch schreiben, wie ich mir die Räumlichkeiten vorstelle, welche Themen, welches Dekor, sogar wer für die Vorbereitungen und die Süßspeisen zuständig sein soll. Und das alles - plus drei verschiedene Speisekarten - bis zum nächsten
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