Die Party Queen von Manhattan - Roman
Glaubst du etwa, ich hätte das nötige Talent und die Qualifikationen, um für diese Chefredakteurin zu arbeiten? Wie heißt die Frau noch gleich?«
Simon meldete sich zu Wort. »Anna Wintour. Und die Antwort lautet nein und nochmals nein.«
»Nein? Wie wäre es dann mit Harper’s Bazaar ?«, fragte Will.
»Ach, Will.« Ich warf einen Blick auf meine leicht lädierten, flachen Pumps. Zwar hatte ich Birkenstocksandalen und brave Rastazöpfchen hinter mir gelassen, aber der Businesslook haftete mir immer noch an.
»Nur nicht jammern, Darling. Du findest schon etwas. Und denk daran, im äußersten Notfall kannst du immer noch bei mir anheuern.« Wills unauffällige Überredungsversuche, ich solle doch in seine Fußstapfen treten, kannte ich schon seit der Highschool. Immer wieder schmierte er mir Honig ums Maul, ich sei ja im Recherchieren und Schreiben das reinste Naturtalent, und es würde ihm ungeheuren Spaß machen, mit mir zusammenzuarbeiten. Meine Eltern hatten sämtliche Schulaufsätze, die je meiner Feder entflossen waren, aufgehoben und Will Kopien davon geschickt. Und als ich an der Uni mit dem
Englischstudium anfing, hatte mich mein Onkel mit einem riesigen Blumenstrauß beschenkt. Auf dem dazugehörigen Kärtchen stand: DER ZUKüNFTIGEN KOLUMNISTIN IN DER FAMILIE. Er war wirklich überzeugt davon, dass ich es in seiner Branche zu etwas bringen könnte, und bot mir des Öfteren an, mir seine besten Tricks und Kniffe zu verraten. Eigentlich hätte ich auch gar nichts dagegen gehabt. Mich störte bloß, dass seine Kolumnen seit einiger Zeit immer mehr eher erzkonservativen Streitschriften glichen und nicht mehr viel Ähnlichkeit mit den geistreichen Gesellschafts- und Entertainmentkommentaren hatten, an die sich seine getreue Leserschaft über die Jahre gewöhnt hatte. Dass er ein Meister auf seinem Gebiet war, lag daran, dass er nie bloßen Klatsch weiterverbreitete und sich selbst nicht zu wichtig nahm. Ich war selbst einer seiner größten Fans gewesen, bis er vor kurzem eine halbe Seite über die Vereinten Nationen geschrieben hatte, die für ihn »der leibhaftige Teufel« waren. (Eine kurze Zusammenfassung gefällig? »Warum müssen eigentlich in unserem hoch technisierten Zeitalter die Diplomatenhorden der Welt persönlich in New York einfallen? Damit sie uns die letzten Parklücken und die besten Restauranttische wegschnappen können? Um das babylonische Sprachengewirr in dieser Stadt noch zu vergrößern? Sollen sie doch bleiben, wo der Pfeffer wächst, und per E-Mail abstimmen. Warum müssen wir ihretwegen unter endlosen Verkehrsstaus und chaotischen Sicherheitsmaßnahmen leiden, obwohl sowieso kein Mensch auf sie hört? Und wenn sie sich strikt weigern, sich aus ihrer Heimat auf elektronischem Wege zu Wort zu melden, warum verfrachten wir den ganzen UNO-Krempel nicht einfach nach Nebraska? Ob sie dann wohl immer noch so versessen darauf wären, in unser Land zu kommen, um hier die großen Weltverbesserer zu spielen?«) Eigentlich hätte ich gar nichts dagegen gehabt, mich journalistisch zu betätigen, aber so einfach wollte ich es mir dann doch nicht machen. »Hey, du Glückspilz! Dein Onkel ist ein berühmter, erfolgreicher
Kolumnist? Und rein zufällig hatte er einen Job für dich?« Ich konnte die Kommentare regelrecht hören. Wills Mitarbeiter wären sicher alles andere als entzückt, wenn ich einfach anmarschiert käme und gleich Artikel schreiben dürfte. Außerdem hatte ich Angst, unser gutes Verhältnis zu gefährden. Will war schließlich nicht nur das einzige Familienmitglied in meiner Nähe, sondern auch ein großartiger Freund, und wenn Penelope erst geheiratet hatte, würde er mein einziger Kontakt zur Außenwelt sein. Deshalb war es wohl nicht besonders ratsam, ihm als Mitarbeiterin den ganzen Tag auf der Pelle zu hocken.
»Wenn man meinem Exboss glauben darf, bin ich bis jetzt noch an allen Idealen gescheitert, die er mir in seinen Zitaten des Tages ans Herz gelegt hat. Und mit so jemandem willst du zusammenarbeiten?«
»Ich bitte dich! Du wärst auf jeden Fall besser als die Jungspunde bei mir im Büro, die sich lieber auf irgendwelchen Kontaktbörsen im Internet tummeln, als Fakten zu recherchieren.« Er schnaubte verächtlich. »Obwohl ich natürlich selbst nicht gerade einer der radikalsten Verfechter einer verbissenen Arbeitsmoral bin. Wie könnte ich sonst jeden Tag einen solchen Käse fabrizieren?« Er leerte sein Martiniglas und erhob sich vom ledernen Diwan. »Aber denk
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