Die Party Queen von Manhattan - Roman
wenn
sich die Kunden vor Ekel schüttelten, wenn er ihnen die Hand gab - der Mann ließ sich auf dem Weg nach oben nicht aufhalten. Er ging ab wie ein Zäpfchen.
Eigentlich wollte ich nur noch meine Ruhe haben, aber statt einfach brav mit dem Kopf zu nicken und zu beten, dass er sich endlich wieder verdünnisierte, leistete ich mir einen entscheidenden Fehler. Einen Fehler in Form einer Frage: »Haben Sie an meinen Leistungen etwas auszusetzen, Aaron? Ich gebe wirklich mein Bestes.«
»Auszusetzen? So würde ich es nicht formulieren, Bette. Ich finde, Sie schlagen sich... äh... achtbar. Aber wir wollen uns schließlich alle weiterentwickeln, nicht wahr? Wie Winston Churchill einmal sagte …«
»Achtbar? Tolles Kompliment. Ungefähr so, als würde man einer Frau sagen, sie wäre ›interessant‹ oder ›nett‹. Ich arbeite achtzig Stunden die Woche, Aaron. Ich opfere UBS mein ganzes Leben.« Um zu beweisen, was für eine Heldin der Arbeit ich war, hätte ich ihm eigentlich nicht mit meiner Wochenarbeitszeit zu kommen brauchen. Darin schlug er mich nämlich um mindestens fünfzehn Stunden. Aber trotzdem. Wenn ich nicht gerade im Internet einkaufte, mit Will telefonierte oder mich in der Mittagspause mit Penelope aus dem Haus schlich, schuftete ich mich tatsächlich für die Firma ab.
»Seien Sie nicht so empfindlich, Bette. Mit einem Hauch mehr Lernbereitschaft und einer Spur mehr Kundenfreundlichkeit hätten Sie sogar das Potenzial, befördert zu werden. Wenn Sie die Palaver mit Ihrer Freundin reduzieren und sich ein bisschen mehr ins Zeug legen würden, könnten Sie reiche Früchte ernten.«
Ein Jammer, dass ich keinen Regenschirm hatte. Bei Aarons feuchter Aussprache hätte ich gut einen gebrauchen können. Und dann geschah es. Plötzlich machte es »klick«. Einfach so. Ohne langes Abwägen von pro und kontra, ohne umständliches Hin und Her, ohne hü oder hott, ohne die leiseste Qual
der Wahl. Mein Entschluss stand fest. Ohne Netz und doppelten Boden. Sogleich überkam mich ein tiefes Gefühl der Ruhe, gepaart mit der unumstößlichen Gewissheit, dass ich es keine Sekunde länger mit diesem menschlichen Lama aushalten würde.
»Schon gut, Aaron. Es hat sich auspalavert. Ein für alle Mal. Ich kündige.«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis bei ihm der Groschen fiel. »Wie bitte?«
»Hiermit möchte ich fristgerecht zum Monatsende kündigen«, erläuterte ich, auch wenn meine Selbstsicherheit ein wenig zu bröckeln begann.
Er setzte seine Denkermiene auf, wischte sich die schweißnasse Stirn und legte sie auch noch ein paarmal in Falten. »Das ist wohl nicht nötig«, sagte er ruhig.
Nun stand ich da wie der Ochs vorm Berg. »Lieb gemeint, Aaron. Aber ich halte es hier einfach nicht mehr aus.«
»Sie haben mich missverstanden. Ich meinte, dass wir auf die Einhaltung einer Kündigungsfrist keinen Wert legen. Es dürfte ein Leichtes sein, Ersatz für Sie zu finden, Bette. Ob Sie es glauben oder nicht, es gibt genügend Leute da draußen, die darauf brennen, für uns zu arbeiten. Bitte regeln Sie die Formalitäten mit der Personalabteilung, und räumen Sie bis heute Abend Ihren Schreibtisch. Ansonsten: Alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg.« Er rang sich ein schmallippiges Lächeln ab und marschierte hinaus. Ein kleines Wunder. Es hatte geschlagene fünf Jahre gedauert, bis ich miterleben durfte, wie er sich einmal so richtig auf die Hinterbeine stellte.
In meinem Kopf ging es zu wie auf einer Achterbahn, ein wildes Kreuz und Quer der Gedanken, ein derartig rasantes Auf und Ab, dass ich es selbst kaum noch mitkam. Aaron hatte Mumm - kaum zu glauben! Ich hatte gekündigt. Gekündigt! Einfach so, ohne Sinn und Verstand. Musste es Penelope sagen. Penelope war verlobt. Wie sollte ich meinen Krempel nach
Hause schaffen? Konnte ich trotz Kündigung einen Wagen auf Firmenkosten mieten? Würde ich Arbeitslosenunterstützung bekommen? Würde ich wegen der Imbissstände auch weiterhin mittags ins Geschäftsviertel kommen? Sollte ich meine Kostüme in einem rituellen Akt auf dem Scheiterhaufen verbrennen? Millington würde sich freuen wie ein Schneekönig, wenn ich schon tagsüber mit ihr spazieren ging. Am helllichten Tag! Wenn ich Lust hatte, konnte ich mir im Fernsehen jeden Tag Der Preis ist heiß reinziehen. Warum war ich nicht schon viel früher auf die geniale Idee mit der Kündigung gekommen?
Trotzdem, an eine Jubelfeier war noch nicht zu denken. Ich musste das eben Geschehene erst mal verdauen. Wie
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