Die Party Queen von Manhattan - Roman
uns gegenseitig, dass wir nicht spinnen. Teils Buchclub, teils Selbsthilfegruppe.« Sie kramte einen zerknitterten Kassenzettel aus ihrer schicken Schultertasche, schraubte mit den Zähnen einen Montblanc-Füller auf und kritzelte eine Adresse in Soho und eine E-Mail-Adresse darauf.
»Unser nächstes Treffen findet Montagabend statt. Ich lade Sie ein. Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie mir gern mailen, aber sehr viel mehr gibt es darüber sowieso nicht zu sagen. Im Moment lesen wir das hier.« Sie hielt es mir unauffällig hin: Herz in Gefahr . »Es wäre toll, wenn Sie kommen könnten.«
Dass ich mich tatsächlich eine Woche später in der Wohnung einer wildfremden Frau wiederfand, war vielleicht der beste Beweis für meine unheilbare Sucht nach romantischem Lesestoff. Ich merkte schon bald, dass Courtney mir nicht zu viel versprochen hatte. Die Gruppe bestand ausnahmslos aus intelligenten, coolen, jungen Frauen, alle unterschiedlich, aber alle interessant. Zwei waren Schwestern, Zwillinge, um genau zu sein, die übrigen weder miteinander verwandt noch alte Freundinnen oder Kolleginnen. Alle waren ähnlich zufällig wie ich auf die Gruppe gestoßen. Zu meiner großen Überraschung war ich die Einzige, die sich wenigstens der Familie gegenüber geoutet hatte. Alle anderen hatten es noch nicht gewagt,
ihrem Mann, ihren Freundinnen oder Eltern zu beichten, mit welcher Art von Literatur sich der Buchclub beschäftigte. Mittlerweile war ich schon zwei Jahre dabei, und in der ganzen Zeit hatte nur noch eine Frau ihrem Freund ihre Lieblingslektüre offenbart. Mit ihrem Geständnis erntete sie eine solche Ladung an Hohn und Spott, dass sie sofort mit ihm Schluss machte, denn ein Mann, der sie wirklich liebte (wie zum Beispiel der Held eines Liebesromans), hätte sich wegen eines derart harmlosen Zeitvertreibs niemals so gnadenlos über sie lustig gemacht. Wir gingen zusammen durch dick und dünn und hatten schon einiges gemeinsam durchgestanden, berufliche Veränderungen, Hochzeiten und sogar einen Gerichtsprozess. Aber wenn wir uns auf der Straße oder auf einer Party über den Weg liefen, tauschten wir höchstens ein kurzes Hallo und einen vielsagenden Blick aus. Nachdem ich mich schon die ganze Woche auf den heutigen Abend gefreut hatte, konnte auch Will mich nicht überreden, ihn ausfallen zu lassen.
Obwohl wir zügig aufbrachen, waren Simon, Will und ich, als wir an der Ecke 88. Straße und Second Avenue aus dem Wagen stiegen, offensichtlich nicht die ersten Gäste.
»Achtung, aufgepasst!«, konnte Simon gerade noch raunen, als auch schon Elaine persönlich auf uns zugewatschelt kam.
»Ihr seid spät dran!«, raunzte sie. »Mischt euch schon mal unters Volk. Ich bringe euch gleich etwas zu trinken.«
Ich folgte meinen beiden Begleitern in den hinteren Teil des legendären Restaurants und sah mich um. Zwischen den wandhohen Bücherregalen hingen handsignierte Fotografien von Schriftstellern - so ziemlich alles, was im zwanzigsten Jahrhundert überhaupt ein Buch veröffentlicht hatte. Das viele Holz verlieh dem Raum eine familiäre Atmosphäre, und man hätte fast meinen können, dass man sich in irgendeiner gemütlichen Kneipe befand. Aber eben nur fast, denn an dem Tisch, der für zwanzig Personen gedeckt war, hatten sich bereits die ersten Berühmtheiten eingefunden. Ich erkannte den Juristen Alan
Dershowitz, die Chefredakteurin des New Yorker , Tina Brown, CNN-Moderator Tucker Carlson, den Schriftsteller Dominick Dunne und die Journalistin und TV-Moderatorin Barbara Walters. Während ich genüsslich an dem Martini nippte, den mir eine Bedienung gebracht hatte, füllten sich die restlichen Plätze allmählich mit einem Haufen bunter Vögel aus Politik und Medienwelt.
Als Will sein Glas auf Charlie Rose erhob, dessen neues Buch wir heute Abend feiern wollten, beugte sich das einzige andere weibliche Wesen unter vierzig zu mir und fragte leise: »Wie hat es dich denn hierher verschlagen?«
»Ich bin Wills Nichte. Er hat mich zwangsverpflichtet.«
Sie schmunzelte und legte mir die Hand auf den Schoß. Im ersten Moment dachte ich, sie wollte mich anbaggern, aber dann wurde mir klar, dass sie mir nur möglichst unauffällig die Hand geben wollte. »Ich bin Kelly. Ich habe diese kleine Dinnerparty für deinen Onkel organisiert, deshalb ist es für mich wohl ebenfalls so eine Art Pflichtveranstaltung.«
»Schön, dich kennen zu lernen«, flüsterte ich. »Ich bin Bette. Ich war vorhin bei Will zu Besuch, und
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