Die Party Queen von Manhattan - Roman
Indizien, aber kein echter Beweis. In Windeseile versuchte ich, das Puzzle zusammenzusetzen, aber irgendwie passten die Teile nicht ganz ineinander.
»Sicher, eigentlich kenne ich dich gar nicht. Es ist bloß, na ja, weil du dich so elegant kleidest und so schick eingerichtet bist, und na ja, wegen dem Cologne von Helmut Lang. Mein Freund Michael wüsste noch nicht mal, wer Helmut Lang überhaupt ist.«
Er bleckte lachend seine strahlend weißen Zähne und zerzauste mir das Haar, als ob ich ein süßer kleiner Fratz wäre. »Vielleicht umgibst du dich nur mit den falschen Männern. Ich kann dir versichern, ich bin durch und durch hetero. Ich habe bloß einen hoch entwickelten Sinn für Ästhetik und die schöneren
Dinge des Lebens. Jetzt komm, wenn wir uns beeilen, kann ich dich doch noch zu Hause absetzen.« Er zog sich einen Kaschmirpullover über und schnappte sich seine Schlüssel.
Ich hatte offensichtlich noch viel zu lernen. Vorerst musste ich allerdings zusehen, dass ich schnellstens ins Büro kam. Im Fahrstuhl nach unten schwiegen wir. Dafür drückte mich Philip, der Ästhet, gegen die Wand und schlabberte an meinen Lippen herum, was sich einerseits widerwärtig, anderseits aber auch wahnsinnig aufregend anfühlte.
»Mmm, du bist echt zum Anbeißen. Bitte, noch eine letzte Kostprobe.« Aber bevor er meinen Mund noch mal als Dauerlutscher missbrauchen konnte, ging die Tür auf. Zwei livrierte Portiers schwenkten auf der Stelle um und mutierten zu unserem Begrüßungskomitee.
»Verzieht euch«, befahl Philip den Männern und streckte abwehrend mit einer Drohgebärde die Hände aus. »Kein Kommentar heute.«
Sie grinsten. Anscheinend waren sie es gewöhnt, dass Philip fremde Frauen aus dem Haus eskortierte. Schweigend hielten sie uns die Tür auf. Erst auf dem Bürgersteig erkannte ich, wo wir waren: ungefähr einen Straßenblock vom Fluss entfernt. Im berühmten Archives Building.
»Wo wohnst du?«, fragte er und befreite dabei eine neben dem Hauseingang geparkte Vespa von ihrer mit »PW« bedruckten Plane und zerrte unter dem Sitz einen silbernen Helm heraus.
»Murray Hill. Ist das okay?«
Er lachte spöttisch. »Keine Ahnung. Sag du’s mir. Ich würde mich zwar nicht darum reißen, in Murray Hill zu wohnen, aber wenn es dir gefällt, bitte schön.«
Wie sollte ein Mensch mit den Stimmungsumschwüngen dieses Mannes mithalten? »Ich meinte«, sagte ich pikiert, »ob es okay ist, dass du mich da absetzt. Ich kann mir jederzeit ein Taxi nehmen.«
»Was immer du willst, mein Herz. Mir ist alles recht. Murray Hill liegt genau auf meinem Weg.« Er fischte den Zündschlüssel aus der Hosentasche und schnallte seine Hermès-Tasche auf den Gepäckträger. »Können wir dann? Ich werde erwartet.« Er schwang sich auf das Maschinchen und gönnte mir doch tatsächlich mal wieder einen Blick. »Also?«
Dieser Ton! Ich war sprachlos. Und dann schnippte er auch noch mit den Fingern! »Los, Baby, du musst dich entscheiden. Fährst du mit oder nicht? Ist gar nicht so schwierig. Gestern Abend warst du nicht so unentschlossen.«
Den klassischen Jungmädchentraum, irgendwann einmal einem Typen mit gutem Grund eine schallende Ohrfeige zu verpassen, hatte ich nie ad acta gelegt. Und nun war sie da, die ideale Gelegenheit, auf dem Präsentierteller und in Technicolor. Aber das Fingerschnippen und die Andeutung, dass in der Nacht vielleicht doch etwas vorgefallen war, machten mich stumm. Ich drehte mich um und ließ ihn stehen.
»Nun sei doch nicht so eine Mimose!«, rief er hinter mir her. »Ich hab doch nur Spaß gemacht. Zwischen uns war nichts. Nix. Null. Zero. Total tote Hose. Sowohl bei dir als auch bei mir.« Er lachte, so witzig kam er sich vor. Ich ging einfach weiter.
»Bitte. Wie du meinst. Ich habe im Moment keine Zeit für Dramatik, aber werde dich suchen... und finden. Im Ernst. Es kommt nicht gerade häufig vor, dass eine Frau meinem Charme widersteht. Du faszinierst mich. Hinterleg deine Telefonnummer an der Pforte, dann melde ich mich.« Der Motor der Vespa sprang an, und er brauste davon. Und obwohl ich gerade beleidigt und abserviert worden war, fühlte ich mich trotzdem wie der große Sieger. Natürlich nur, wenn er die Wahrheit gesagt hatte und ich tatsächlich nicht im Vollsuff mit ihm in die Kiste gestiegen war.
Mein Triumphgefühl hielt genau vierzig Minuten vor. Genauso lange, wie ich brauchte, um in ein Taxi zu springen, nach
Hause zu düsen, Katzenwäsche zu machen, mir reichlich Deo
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