Die Party Queen von Manhattan - Roman
zurück zum Tisch. Wenigstens hatte er von meinem hektischen Hin und Her nichts mitbekommen.
Es blieb keine Zeit, mich unauffällig noch etwas herzurichten. Ich musste mich voll darauf konzentrieren, mich in eine möglichst coole und zugleich geschäftige Pose zu werfen. Ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn ich etwas trank, würde ich mich garantiert verschlucken, wenn ich so tat, als ob ich telefonierte, würde ich das Handy fallen lassen. Also starrte ich derart entschlossen auf meinen Terminplaner, dass er unter meinem bohrenden Blick um ein Haar in Flammen aufgegangen
wäre. Eine hastige Bestandsaufnahme ergab, dass mein Körper eine Reihe klischeehafter Reaktionen zeigte, die nur eine Interpretation zuließen. Zitternde Hände, hämmerndes Herz, trockener Mund konnten nur eines bedeuten: Das Mindeste, was ich für Sammy empfand, was Sympathie. Das Allermindeste! Im Grunde ging es mir nicht viel anders als Lucinda vor ihrem ersten Rendezvous mit Marcello in Die Zärtlichkeit des Ölbarons . Ich kam mir vor wie die Heldin aus einem Liebesroman, so kribbelig war mir vor Aufregung.
Ich spürte ihn neben mir, noch bevor ich ihn sah, eine schemenhafte Gestalt, ganz in Schwarz. Und wie er duftete! Nach frisch gebackenem Brot oder Zuckerplätzchen. Köstlich. Es dauerte wohl eine halbe Minute, bis ich endlich den Mut aufbrachte, die Nase aus meinem Terminplaner zu nehmen und ihn anzublicken, und zwar genau in dem Moment, als er sich räusperte.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo«, sagte er und hörte sofort auf, gedankenverloren an einem mehligen Fleck auf seiner Hose herumzurubbeln.
»Äh, möchten Sie… möchtest du dich nicht setzen?«, stammelte ich. Wieso kriegte ich eigentlich im entscheidenden Moment nie einen intelligenten oder auch nur halbwegs zusammenhängenden Satz auf die Reihe?
»Gern. Und, äh, wir bleiben beim Du, ja? Ich dachte mir, ich komme einfach schnell rüber. Ist doch, äh, eventuell praktischer, die Sache persönlich zu besprechen.« Ein Glück, er hörte sich auch nicht viel besser an als ich.
»Ja, finde ich auch. Viel praktischer. Habe ich dich richtig verstanden? Du hattest gerade Unterricht? Machst du einen Barkeeperkurs? Das wollte ich auch schon immer mal lernen!« Das wurde ja immer schwachsinniger, was ich da von mir gab. Aber ich konnte nicht anders. »So etwas sollte jeder können, ob er nun in einer Bar arbeitet oder nicht. Oder nicht? Ich würde jedenfalls gern wissen, wie man einen anständigen Cocktail mixt. Oder so.«
Da lächelte er, ein Strahlelächeln von einem Ohr bis zum anderen. Bitte, lieber Gott, lass ihn nie wieder damit aufhören. »Nein, ich lerne nicht mixen, ich lerne backen«, sagte er.
Dass sich ein Türsteher fürs Backen interessierte, klang ziemlich schräg. Na, wenigstens hatte er ein Hobby. Immer nur Leute wegen ihres Aussehens abzuwimmeln musste ziemlich öde sein, wenn man mal davon absah, dass es sicher gut fürs Ego war.
»Ach, wirklich? Wie faszinierend. Backst du viel in deiner Freizeit?«, fragte ich, bloß um ihn nicht weiter stumm anzustaunen. Aber leider kam es wie eine Fangfrage in einem Kreuzverhör herüber. »Äh, ich meine, ist das Backen deine große Leidenschaft?«
»Leidenschaft?« Er grinste. »So würde ich es nicht gerade nennen, aber ich koche und backe gern. Allerdings nicht nur zum Vergnügen.«
O nein! Kein Wunder, dass er sich über mich lustig machte. Wie konnte ich aber auch nur so dumm sein, ein Wort wie Leidenschaft in den Mund zu nehmen?
»Nicht nur zum Vergnügen?« Nun hörte ich mich auch noch wie eine arrogante Pute an! »Entschuldigung, so war das nicht gemeint. Inwiefern denn?«
»Ich lerne Koch.«
»Wirklich? Und wo arbeitest du?«
»Noch nirgends, eigentlich. Ich bin eben erst mit der Ausbildung fertig geworden und mache jetzt nebenher noch ein paar Kurse. Zum Beispiel für die Herstellung von Backwaren.« Er lachte.
»Wie bist du denn darauf gekommen?«
»Ach, es kann einfach nicht schaden, wenn man sich auch auf dem Gebiet ein bisschen auskennt. Als Junge habe ich zu Hause höchstens mal ein Omelette gemacht, aber das war im Großen und Ganzen auch schon alles, was das Kochen anging. Als ich noch auf der Highschool war, hatte ich mal einen
Ferienjob als Kellner im Statler Hotel. Eines Tages hat der Restaurantchef mitbekommen, dass ich den Kaffee immer aus gut einem Meter Höhe direkt in die Tasse eingeschenkt habe. Der Mann war begeistert. Er meinte, ich wäre ein Naturtalent und sollte mich hier in New
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