Die Party Queen von Manhattan - Roman
- einem Ding, das nur entfernt an einen BH erinnerte, aber weder Haken, Träger noch eine feste Form hatte - ebenfalls längst den Weg ins Freie gefunden. Glückselig lächelnd rollte sie sich zusammen, nippte an ihrem Champagner und ließ uns wissen, sie werde hier unten noch ein bisschen weiterfeiern und sich dann später zu den anderen gesellen.
»Wie du willst, Babe«, sagte Caleb und bedeutete uns, ihm zurück in den Fahrstuhl zu folgen, den er mit einem Spezialschlüssel zur Dachterrasse hinaufdirigierte. Als die Tür sich wieder öffnete, hätte es mich fast umgehauen. Ich weiß zwar selbst nicht, was ich eigentlich genau erwartet hatte, aber mit Sicherheit nicht das. Vielleicht eher so etwas wie Michaels Halloweenparty, zu der er Freunde von UBS und aus dem College die vier Stockwerke bis zu seiner Wohnung hatte hinaufkeuchen lassen. In der Küche standen dann ein paar Flaschen billiger Alk mit Softdrinks zum Mixen sowie Candy Corn, Salzbrezeln und Salsa in Müslischüsseln auf dem Tisch. Ein Typ in Frauenkleidung verkündete, der Pizzaservice sei schon unterwegs, und die restlichen kostümierten Feierwilligen saßen herum und beredeten, wer von ihrem Collegejahrgang mittlerweile verlobt oder befördert worden war und was für eine Scheiße Präsident Bush im Irak veranstaltete.
Hier nun bot sich mir ein völlig anderes Bild. Die Dachterrasse war offenbar exakt nach dem Vorbild der Sky Bar in Los Angeles gestaltet, todschick und elegant zugleich, mit fließenden Formen, tief gelegten Polsterlandschaften, Wärmestrahlern und kubistischen Leuchtern, die alles in ein weiches Licht tauchten. Hinter einer Art Dschungelvegetation lugte die Rauchglastheke der Bar hervor, und in einem anderen Eck war
die Koje für den DJ aufgebaut, fast gänzlich versteckt, um nur ja keinen Zentimeter des unglaublichen Ausblicks tief unter uns zu verstellen. Allerdings schien sich zumindest im Moment niemand sonderlich für die Flusslandschaft des Hudson zu interessieren, und ich verstand auch sofort, warum: das Fleisch, das es hier zu bestaunen gab, war wesentlich faszinierender - und ausufernder - als irgendein x-beliebiger Fluss.
Es gibt Partys, und es gibt Kostümpartys, und dann gibt es noch das, was da auf Calebs Dach ablief und streng genommen wohl auch als Kostümparty durchgegangen wäre, in der Praxis aber eher nach einer Neuauflage von Hair aussah - plus Unterwäsche von La Perla, minus den Geschmacksverirrungen der Sechziger. Am liebsten hätte ich mir auf der Stelle Schuhe und Hosenanzug ausgezogen und wäre bloß in BH und Slip durch die Gegend geturnt, und sei’s nur, um so wenig wie möglich aufzufallen. Selbst damit hätte ich ganz eindeutig noch mehr angehabt als jedes andere der anwesenden weiblichen Wesen, wäre aber wenigstens nicht ganz so overdressed gewesen.
Caleb war kurz verschwunden und kam mit Champagner für mich und einem Wasserglas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit für Philip zurück. Ich kippte den Schampus auf Ex und beglotzte unverhohlen das Mädel in Calebs Schlepptau. Bevor auch nur die geringste Chance bestand, dass er sie uns vorstellte, küsste er sie - so ungeniert, ausgiebig und mit derart leidenschaftlichem Zungeneinsatz am Rande der Kiefersperre, dass ich mich beinah als Dritte im Bunde fühlte.
»Mhm«, murmelte er schließlich, wieder Herr seiner Zunge, und biss seine Kusspartnerin verspielt in den Hals. »Leute, das hier ist... der absolute Hit. Im Ernst, habt ihr im Leben schon mal so eine Megamieze gesehen?«
»Toll«, pflichtete ich ihm bei, als wäre das fragliche Objekt gar nicht anwesend. »Stimmt genau.« Der Megamieze schien es nichts auszumachen, dass Caleb offensichtlich nicht auf ihren Namen kam - oder ihn noch gar nicht in Erfahrung gebracht
hatte. Na ja, das war nicht weiter wichtig. Es gab schließlich einen Haufen Leute, die ständig miteinander rumhingen, ohne zu wissen, wie die anderen eigentlich alle hießen. Irgendwie war die Musik immer zu laut und jeder breit bis zum Anschlag, aber vor allem war es allen letztlich scheißegal. »Namen merke ich mir erst, wenn sie auf der Gesellschaftsseite stehen«, hatte beispielsweise Elisa zu dem Thema mal abgesondert. Das betreffende Mädchen schien generell keine gro ßen Einwände zu haben, vielleicht nicht zuletzt, weil sie - so mein Eindruck - nicht ein Wort von unserer Unterhaltung mitkriegte. Sie kicherte bloß hemmungslos, zupfte an ihrem Outfit herum und war im Übrigen bestrebt, Caleb so oft wie möglich an
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