Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
aber weniger glänzend, was ihnen mehr als alles andere verdeutlichte, dass sie den Schutz von Ardinas Zuflucht verlassen hatten und wieder auf sich gestellt durch die Welt zogen.
    Ein paar Stunden später erreichten sie den Zusammenfluss der beiden Gewässer, des Cir und des Ciri. Danach grub der Fluss sich zwischen steilen Böschungen entlang, und der Ritt wurde beschwerlicher. An manchen Stellen war kaum der Ansatz eines Pfades erkennbar, sodass sie einfach dem Flussverlauf folgten und hofften, später wieder auf einen deutlicheren Weg zu stoßen. Irgendwann tauchte zwischen den Bäumen stets wieder der Schatten eines Pfades auf, der sich jedoch alsbald wieder verlief. Nichtsdestotrotz kamen sie rasch voran; sowohl Maerad als auch Cadvan spürten deutlich, dass Eile geboten war, weshalb sie die Pferde entsprechend antrieben.
    Drei ereignislose Tage später gelangten sie wieder zum Usk, der sich mit dem Cirion vereinte und danach reißend zwischen felsigen Ufern dahinströmte und sich an häufigen Stromschnellen brach, wo das Wasser lärmend über verborgene Felsen schoss. Der Pfad schlängelte sich nach wie vor zwischen den Bäumen hindurch, dass einem schwindlig werden konnte; allerdings kamen sie inzwischen etwas langsamer voran. Hätte Maerad nicht eine unablässige innere Unruhe empfunden, wäre es ein friedvoller Ritt gewesen, zumal sie sich fernab menschlicher Belange jeder Art fühlten. Sie sahen keinerlei Anzeichen von Riesenspinnen, Wildkatzen oder Goromants und hörten nachts lediglich Frösche, Grillen und das Rascheln kleiner Tiere. Der Wald wirkte verwaist und verwildert, fast ein wenig trostlos. Die Bäume waren dicht mit Moos und Rankengewächsen überwuchert, die zottig von den Asten baumelten und das Licht zusätzlich abschwächten. Sogar Geräusche klangen gedämpft. Die Hufe pochten dumpf auf einem Laubbett, und ihre Stimmen schienen sich in der feuchten Luft zu verlieren. Sie bewegten sich wie Geister zwischen den Bäumen hindurch. Maerad betrachtete missmutig den neben ihnen verlaufenden Fluss. »Was glaubt Ihr, wann gelangen wir aus diesem Wald?«, fragte sie.
    »Bald«, antwortete Cadvan. »Mir scheint, er lichtet sich schon ein wenig.« Die Aussicht darauf besserte Maerads Stimmung; allmählich begannen die endlosen Bäume ihr aufs Gemüt zu drücken. Und wie Cadvan vermutet hatte, brachen sie am fünften Tag nach ihrem Abschied von Imunt und Penar aus dem Westrand des Cilicader hervor. Das Unheimlichste, was ihnen begegnet war, waren gewöhnliche Waldspinnen gewesen.
    Der Wald endete nicht abrupt, sondern wurde allmählich dünner, bis die Bäume völlig aufhörten. Vor ihnen erstreckten sich weitläufige Ebenen, die zum Horizont hin abfielen, durchsetzt von häufigen Senken, Niederungen und Felsblöcken, welche sich ab und an zu Hügeln verdichteten und lange Schatten in ihre Richtung warfen. Der Himmel wirkte gewaltig. Schlieren rosiger und purpurner Wolken hingen träge am Horizont und verschleierten die im Westen versinkende Sonne, deren mächtige Lichtschäfte die Gesichter der Reisenden rot tünchten. Der Usk floss nach wie vor zu ihrer Linken zwischen zerklüfteten, mit bleigrauen Flechten und weichem Moos überzogenen Granitblöcken dahin, die aussahen, als wären sie vor Urzeiten von Riesen dort hingeworfen worden. Anzeichen von Besiedelung waren weit und breit nicht zu erkennen. Es war auf seine eigene Weise ein so einsames und leeres Land wie jenes, das sie hinter sich gelassen hatten, und Maerad fühlte sich plötzlich verwundbar und ungeschützt im Licht und der offenen Umgebung.
    »Jedes Mal, wenn ich in einem Wald bin«, meinte sie zu Cadvan und hielt neben ihm an, »kann ich es kaum erwarten, wieder heraus zukommen. Und sobald ich draußen bin, wünschte ich nur, wieder in den Schutz der Bäume zurückzukehren! Ich habe das Gefühl, alles hier beobachtet mich.« Mit verkniffenen Augen spähte sie zum Himmel. »Sogar die Wolken.«
    »Wir haben die Valverras-Heide erreicht«, gab Cadvan zurück. »Hier fühlt es sich wohl immer so an. Man erzählt sich sonderbare Geschichten über diesen Ort.« Maerad starrte auf die trostlose Landschaft und schauderte. »Erzählt sie mir lieber nicht«, meinte sie. »Ich bin sicher, sie sind grauenhaft.«
    Die Valverras, so erklärte ihr Cadvan, war ein Ödland, das sich zwischen dem Wald und der Küste erstreckte. Näher am Meer ging es in einen Irrgarten aus Sumpfland und Morasten über. Es grenzte diesen Teil des nördlichen Annar ab.

Weitere Kostenlose Bücher