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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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schnell und für deine Größe ungemein stark«, meinte Cadvan heftig schnaufend und hob sein Schwert auf. »Wenn es hart auf hart ginge, solltest du dich durchaus verteidigen können. Vielleicht sogar mehr als das. Wichtig ist, nicht zu überschätzen, was du dir zumuten kannst.« »Und sich nicht davor zu scheuen, Reißaus zu nehmen«, fügte Maerad lächelnd hinzu. »Es ist immer besser, gar nicht erst kämpfen zu müssen«, erwiderte Cadvan. »Aber wenn es sich nicht vermeiden lässt, musst du wissen, wie man sich verteidigt. Aus dir machen wir noch eine echte Kriegerin! So, und jetzt noch mal von vorn.« So waren sie etwa eine Woche lang gereist, als sie eines Tages weit vor ihnen am Horizont eine dünne Rauchsäule aufsteigen sahen. Cadvan runzelte die Stirn. »Sofern meine Schätzungen nicht völlig daneben liegen, befinden wir uns noch mindestens zwei Tage vom Aldern entfernt«, sagte er. »Ich kenne diesseits des Flusses keine Siedlung, und es ist noch nicht trocken genug für ein Lauffeuer, wie sie manchmal über diese Gegend hinwegfegen.«
    »Vielleicht reisen noch andere über die Heide, so wie wir«, schlug Maerad vor. »Vielleicht«, meinte Cadvan. Dennoch schwenkte er leicht nach Osten und bestand darauf, in jener Nacht kein Feuer anzuzünden und besonders aufmerksam Wache zu halten. Am nächsten Tag erspähten sie um die Mittagszeit abermals kurz den Rauch, diesmal etwas näher, und als die Abenddämmerung einsetzte, kräuselte er sich etwa drei Meilen entfernt zu ihrer Rechten empor.
    »Wer immer die sind, sie verstecken sich jedenfalls nicht«, stellte Maerad fest.
    »Jeder, der durch diese Öde reist, versteckt sich«, entgegnete Cad-an. »Warum sonst sind wir wohl hier? Zweifellos vermuten sie, dass niemand in der Gegend ist, der sie sehen könnte.« In jener Nacht lagerten sie in einer tiefen Senke im Schutz zweier :esiger Felsen, die sich in einem flachen Winkel einander zuneigten und so ein natürliches Dach bildeten. Maerad war mit der ersten Wache an der Reihe, saß am Rand der Vertiefung und blickte über die stillen Hügel und die darüber funkelnden Sterne. Sie war sehr müde, aber mittlerweile daran gewöhnt, gegen die Schläfrigkeit anzukämpfen und sich die Zeit zu vertreiben, indem sie ihren Geist in die Öde aussandte. Vielleicht, dachte sie, war es ja möglich, die anderen Flüchtigen in der Valverras zu hören. Sie vernahm aber nichts. Abgesehen vom Wind, der über die Grashalme strich und über die Steine säuselte, hing über allem eine unglaubliche Stille; dennoch suchte sie nach und nach ein unerklärliches Gefühl der Angst heim. Sie verlagerte auf dem harten Boden das Gewicht. Es wurde kalt. Tau bildete sich, und ihre Beine verkrampften sich vor Steifheit.
    Drei Stunden nach Sonnenuntergang ging der Halbmond auf und warf ein frostiges Licht über die Landschaft. Maerad dachte gerade, dass es an der Zeit sei, Cadvan zu wecken, als sie etwas hörte. Sofort schärfte sie ihr Gehör und lauschte hinaus, um dem Geräusch zu folgen; es ließ sich kaum vom Wind unterscheiden, doch sie vermeinte, schreiende Menschen oder vielleicht ein weinendes Kind vernommen zu haben. Das Geräusch wurde lauter. Außerstande, sich zu bewegen, horchte sie. Die feinen Härchen an ihren Armen richteten sich auf. Dann hörte sie deutlicher ein Kreischen, das einer Frau, wie sie dachte, gefolgt vom leisen Klirren von Metall und weiterem Gebrüll.
    Urplötzlich überkam Maerad ein überwältigendes Gefühl des Erstickens, so als wäre sie in einem winzigen Raum oder einem Sarg gefangen, und ihr wurde schwarz vor Augen. Ein namenloses Grauen ergriff Besitz von ihr, als würde ihr Leben von etwas Böswilligem bedroht, das nach ihr suchte, sich höchstens eine Armeslänge entfernt befand… und hinter dem Schrecken schwelte ein anderes, viel schwieriger einzuordnendes Gefühl, eine Mischung aus Verzweiflung, Sehnsucht und inniger Zärtlichkeit, die aus den tiefsten Abgründen ihrer Erinnerung emporzuquellen schien. Der Schrei wurde schriller und schriller, dann verstummte er jäh, und Stille kehrte wieder ein. Maerad stellte fest, dass sie mit den Händen über den Augen auf dem Boden kauerte. Ihr Herz raste. Heftig keuchend setzte sie sich auf, um sich zu sammeln. Allmählich kehrte ihr Sehvermögen zurück, und sie starrte auf die harten, hellen Sterne über dem verwaisten, zerklüfteten Land. Furchtsam lauschte sie einige Minuten, achtete auf jeden Laut, der ihr verraten mochte, was geschehen war, doch

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