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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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gesunken in der Welt.«
    Darob lachten alle Untoten, nur die hoch aufragende Gestalt nicht, die reglos ausharrte.
    Endlich hörte Maerad Cadvan sprechen, wenngleich er sich nach wie vor nicht bewegte. »Ich mag tief gesunken sein«, stieß er erstickt hervor. Er hörte sich an, als redete er unter Wasser, doch mit den Worten gewann seine Stimme an Kraft. »Aber mein Gedächtnis ist besser als deines. Mich deucht, ich war am tiefsten gesunken, als ich dich kannte, Likud, vormals von Culain, und ich habe mich nun so weit aus deiner dreckigen Vorstellungskraft entfernt, dass du mich nicht mehr zu erreichen vermagst.« Der Untote zischte und zuckte zusammen, als hätte Cadvan ihn geschlagen. »Das wirst du bereuen, Cadvan von Lirigon«, fauchte er mit einer Böswilligkeit, die Maerad Gänsehaut verursachte. »Ich werde dir reichlich Zeit geben, es zu bedauern.« Das Licht in Cadvan wurde heller und heller, doch immer noch rührte er sich nicht. Maerad, die sich so heftig gegen die Felswand presste, als wollte sie von ihr verschluckt werden, wünschte sich inbrünstig, er möge sich bewegen, flehte ihn in Gedanken panisch an; doch er saß weiter wie versteinert da, den Schwertarm hoch erhoben, und Darsor stand wie ein geschnitztes Bildnis unter ihm.
    »Ich will zurück, was mir gehört«, sagte der Untote namens Likud und ritt auf Cadvan zu. Maerad sah, dass Hem sich in Cadvans erstarrtem Arm wand, doch er saß fest und konnte nicht flüchten. Dann befreite er sich mit einer verzweifelten Verrenkung und fiel vom Pferd. Hastig rappelte er sich auf die Beine und rannte die Straße entlang davon. Der Untote hob beiläufig die Hand und sandte einen Schaft von Finsternis hinter ihm her, der ihn in den Rücken traf. Der Junge stolperte, stürzte und blieb reglos liegen.
    »Die Ratten sind einfach«, meinte der Untote verächtlich. »Aber was ist mit der Königsratte? Nun, das ist eine andere Frage.« Er holte mit der Knute aus und hieb Cadvan damit heftig über das Gesicht. Cadvan wankte im Sattel, und ein bleigrauer Striemen tauchte auf seiner Wange auf. Arnost fiel ihm aus der Hand und landete klirrend auf der Steinstraße.
    »Mit einer solchen Ausgeburt von Dreck sollte man sich Zeit lassen, findet ihr nicht, Freunde? Was wäre eine ausreichende Strafe für diesen Abtrünnigen, diesen Meuchler, diesen verräterischen Spitzel? Glaubst du etwa, wir hätten vergessen, Cadvan, wie beflissen du die Geheimnisse der Finsternis studiert hast? Denkst du, einem solchen Verrat würde mit Nachsicht begegnet? Die Folter einer einzigen Nacht wird nicht reichen. Nein.« Der Untote bewegte sich näher zu Cadvan. Aus seinen Augen funkelte kalter Hass, und er spuckte ihm ins Gesicht. »Nicht eine einzige Nacht, sondern unzählige Nächte voll Qualen, bis der Verstand sich in Wahnsinn flüchtet, sich selbst nicht mehr ertragen kann und alleine in der Finsternis brüllt, auf ewig ausgesperrt vor dem Tor. Und selbst das ist noch nicht genug.« Abermals schlug er Cadvan ins Gesicht, woraufhin das Licht in ihm trüber wurde. Der Untote ließ mit erst zischender, dann knallender Peitsche einen weiteren Streich folgen, und Cadvans Licht erlosch endgültig. Besinnungslos stürzte er zu Boden. Dann ließen die Untoten die Wolfswesen los, die mit grauenerregendem Geheul lossprangen.
    Maerad beobachtete hilflos das Geschehen, in den Schatten kauernd, und fühlte sich vor Entsetzen und Verzweiflung wie betäubt. Sie sah, wie Cadvan von Darsor kippte; sein Fall schien sich mit der abscheulichen Unvermeidbarkeit eines Albtraums endlos hinzuziehen, doch schließlich landete er auf dem Boden und kam reglos neben Darsors Beinen zu liegen. Sein Gesicht schimmerte fahl in der Dunkelheit; Blut prangte darin. Während er fiel, schien Maerad gleichzeitig ein anderes Bild zu sehen: ihren Vater, der ebenfalls fiel, mit eingeschlagenem Schädel, hinter ihm die Türme Pellinors, die in einem tosenden Flammenmeer einstürzten.
    Kummer und Verzweiflung drohten sie zu übermannen. Jetzt gibt es nur noch mich, dachte sie. Was kann ich tun ? Cadvan war bewusstlos oder vielleicht sogar tot, Hem lag leblos hinter ihr. Und nun stand ihr selbst der Tod bevor. Verängstigt und allein stand sie auf, während ihr unbemerkt Tränen über die Wangen liefen; und als sie sich erhob, sah sie vor sich etwas, das nicht ihre Augen ihr zeigten: Die Werwesen, die auf Cadvan und Darsor zupreschten und sie in wenigen Lidschlägen erreichen würden. Schlagartig verwandelte sich der Strom des

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