Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
dich nur zur Wehr, wenn du angegriffen wirst. Ansonsten überlass das Kämpfen mir.«
    Damit zog er das Schwert. Das leicht klirrende Geräusch hallte von den Steinwänden rings um sie wider. Das Feuer knisterte und knackte, warf sonderbare Schatten auf die uralten Mauern und züngelte in die Dunkelheit über ihnen hinauf. Maerad konnte durch das Dach keinen Himmel erkennen, nur eine undurchdringliche Finsternis. Cadvan streckte sich, dann griff er nach seinem Bündel. »Aber vorerst bin ich am Verhungern!«, verlautbarte er. Er warf Maerad Zwieback, ein paar Nüsse und Obst zu, und sie aßen mit dem Rücken zur Mauer und dem Feuer entgegengestreckten Füßen, während die Hitze ihre Gesichter zum Schimmern brachte. Maerad lauschte in die Geräuschlosigkeit des verwaisten Landes, das sie viele Meilen über das fröhliche Knistern des Feuerholzes hinaus umgab. Die Stille lastete auf ihr wie ein Gewicht. Dann vernahm sie jenen Laut, den sie gefürchtet hatte: ein lang gezogenes Heulen. Vor Schreck ließ sie beinahe ihren Zwieback fallen. Cadvan hingegen zeigte sich ungerührt.
    »Die Sonne ist untergegangen«, stellte er nur fest.
    »Werwölfe?«, flüsterte sie.
    »Ja, etwas in der Art. Die Jagd ist eröffnet. Sie werden eine Weile brauchen, um herauszufinden, was sie gegen die Schranke unternehmen können. Sie besteht aus weißem Feuer. Die Finsternis kann sie nicht überwinden, ohne ihre Macht zu brechen, und das wird nicht einfach werden. Du solltest ein wenig schlafen.«
    Abermals ertönte das Heulen, diesmal gefolgt von einer Antwort.
    »Schlafen ? Jetzt? «
    »Warum nicht? Ich halte Wache.« Cadvan drehte sich ihr grinsend zu. »Keine Bange, ich werde nicht zulassen, dass dir ein Feuerwerk entgeht. Vergiss nicht: Angst ist ihre schlimmste Waffe.«
    Gehorsam legte Maerad sich hin und schloss die Augen. Sie versuchte, sich so zu geben, als fürchtete sie sich nicht und könnte sich entspannen, doch es fiel ihr schwer, zumal sie sich in freier Wildnis auf einem geborstenen Steinboden befand, umringt von nach ihrem Blut heulenden Werwesen, die ein schwarzer Magier geschickt hatte … Nach dem anstrengenden Marsch des Tages schmerzte ihr gesamter Leib vor Erschöpfung, und das Feuer war so angenehm warm, doch ihr Körper surrte vor Anspannung und wollte sie nicht einschlafen lassen. Nach einer Weile ließ sie von dem Versuch ab, setzte sich auf und rückte näher zu Cadvan, der nickte, aber schwieg. Der Barde saß ganz still neben ihr und schürte behutsam das Feuer. Seine Züge entspannten sich; abgesehen von der Wachsamkeit, die aus seinen Augen sprach, erinnerte seine Miene an die eines friedlich Schlummernden. Sein Schwert lag gezogen neben seinen Füßen.
    Die Werwesen umkreisten den Hügel. Maerad und Cadvan hörten ihre unablässig im Kreis laufenden Füße, als sie versuchten, einen Weg vorbei an der Schranke zu finden. Cadvan lauschte angestrengt und zählte vielleicht zwanzig. Gelegentlich hielt eines der Werwesen inne und heulte mit einem gedehnten Klagelaut, der das Blut in den Adern gerinnen ließ, einem Geräusch, aus dem tiefe Verzweiflung sprach, geboren aus langen Jahren des Grauens und der Leere. Die Rufe trafen Maerad in die Magengrube. Sie schienen den Inbegriff des Unlebens zu verkörpern, Laute von Kreaturen, die weder tot noch lebendig, sondern in einer quälenden Ode dazwischen gefangen und dazu verdammt waren, alles zu beneiden und zu hassen, was Freude am Dasein empfand. Sie schauderte vor Übelkeit. Cadvan schürte weiter scheinbar ungerührt das Feuer. Dann hörten sie, wie die Werwesen sich zusammenrotteten, und Cadvan griff nach dem Schwert. »Sie werden jetzt gegen die Schranke anstürmen«, flüsterte er, »alle auf einmal.«
    Maerads Herzschlag hämmerte ihr bis in die Ohren. Sie umklammerte ihren Dolch, bis die Knöchel weiß hervortraten. Beklommen lauschte sie dem schweren Donnern der Pfoten der Werwesen, ihrem Atem und dem Aufprall, als sie lospreschten. Doch die Schranke hielt stand, und sie wurden heulend zurückgeworfen. Cadvan entspannte sich und lehnte sich zurück.
    »Die erste Runde geht an uns«, meinte er zu Maerad. Durch die zuckenden Schatten sah sie sein Grinsen aufblitzen.
    Die Angriffe der Werwesen auf die Schranke dauerten über eine Stunde an. Immer wieder hechteten sie gegen den Bann oder versuchten, ihn mit Klauen und Zähnen zu durchbrechen. Cadvan harrte die ganze Zeit lang schweigend aus. Cadvans Schranke bewährte sich; die Werwesen waren nicht stark genug,

Weitere Kostenlose Bücher