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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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oder etwas aus einem Traum erschien. Der Raum besaß eine hohe Decke und war geschmackvoll gestaltet. An einer Wand brannte in einem riesigen Kamin ein Feuer; darüber zog sich ein geschnitzter Sims. Von oben hing eine wie eine Lilie geformte Silberlampe herab, die sanftes Licht spendete. Blasses Gelb zierte die Wände, während die Decke und die Deckenleisten mit einem Muster aus stilisierten Lilien und zart gefärbten Efeublättern bemalt waren. Um den Kamin herum standen gemütliche Holzstühle, gepolstert mit dunkelroten Kissen, und Musikinstrumente aller Art lehnten an den Wänden und Möbeln. An der Wand ihr gegenüber erhob sich ein großes, geschnitztes Regal mit ledergebundenen Büchern; eines davon, mit edler, schwarzer Schrift und blattvergoldeten Bildern als Verzierung, lag aufgeschlagen auf einem Tisch. Maerad blinzelte vor Staunen.
    »Sie ist blass wie ein Geist«, meinte Malgorn. »Was hast du bloß mit diesem Kind gemacht, Cadvan? Wo hast du sie gefunden?«
    »Ich bin kein Kind«, meldete Maerad sich mürrischer als beabsichtigt zu Wort. »Ich meine, ich bin sechzehn Sommer alt!« Dann errötete sie, weil sie sich undankbar vorkam, und verstummte.
    »Ein Kind ist sie gewiss nicht«, bestätigte Cadvan und lächelte Maerad schelmisch an. »Sie hat sich nur mit einem Stock in der Hand zwanzig Werwesen vom Leib gehalten. Allerdings kann ich ihr keinen Vorwurf daraus machen, dass sie in Ohnmacht gefallen ist, als sie dich kennengelernt hat!«
    Malgorn lachte, dann beäugte er Maerad nachdenklich. »Zwanzig Werwesen, hm? Na, im Augenblick sieht sie jedenfalls aus, als wären zwanzig Motten zu viel für sie! Das muss ein, zwei Lieder wert sein.«
    »Doch nicht allein!«, begehrte Maerad auf und versuchte, sich aufzusetzen. »Cadvan übertreibt!«
    Eine Frau mit einem Tablett betrat das Zimmer. »Ist sie bei Bewusstsein? Dem Licht sei Dank dafür.« Sie stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch, eilte zu Maerad hinüber und streckte ihr die Hand entgegen. »Hallo, Maerad, ich bin Silvia. Ich habe das fragwürdige Glück, mit Malgorn vermählt zu sein, und darf mich daher die ganze Zeit mit derlei Unfug herumplagen.« Sie lächelte, und Maerad erwiderte die Geste. Sie fand, dass sie noch nie ein so wunderschönes Antlitz gesehen hatte: freundlich, fröhlich und weise, alles zusammen. »Komm, überlassen wir diese zwei Burschen sich selbst«, schlug sie vor. »Wir sehen indes zu, dass wir dich sauber bekommen. Und dir den Bauch füllen! Du bist so dünn! Hat Cadvan dich hungern lassen?«
    »Warum geben alle mir die Schuld?«, fragte Cadvan. »Und wo bleibt das Mitgefühl für meine dünne Mitte?«
    »Mitgefühl? Für dich?«, sagte Silvia. »Ich bin sicher, du hast ihre Rationen gegessen. Ich habe noch nie ein so dürres Gerippe gesehen. Und jetzt, Malgorn, hör auf zu reden und zeig dem armen Mann sein Zimmer.«
    »Und ein Bad!«, rief Cadvan aus. »Nach einem Bad sehne ich mich mehr als nach allem anderen!«
    Doch Maerad wurde bereits mit Silvias Arm um den Schultern aus dem Zimmer in einen langen Gang geführt. »Bist du sehr hungrig, Maerad?«, fragte sie. »Nein«, murmelte Maerad. »Na ja, jedenfalls nicht im Augenblick.«
    »Also, falls du noch nicht am Verhungern bist, für dich wird gerade ein Bad vorbereitet. Und wir suchen ein paar Kleider für dich. Diese Lumpen können getrost ins Feuer wandern! Was hat Cadvan nur mit dir gemacht? Gewiss ist er mit dir durch die Wildnis gestreift und hat Ungeheuer gejagt. Was hat er sich nur dabei gedacht? Du bist zu jung für all das. Du solltest wohlbehalten in einer Schule weilen, um Tonleitern und dergleichen zu lernen. Also wirklich!« Fassungslos schnalzte sie mit der Zunge. »Es war nicht seine Schuld!«, rief Maerad hitzig aus, da sie fand, dass Cadvan ungerecht verurteilt wurde. »Ehrlich nicht. Er hat mich gerettet! Ich war eine Sklavin, und ich habe schon früher nie genug zu essen gekriegt. Er hat mich befreit…« »Hat er das?« Silvia blieb stehen, ergriff mit einer Hand Maerads Kinn und sah ihr mit beunruhigender Aufrichtigkeit in die Augen. »Nimm unsere Sticheleien nicht ernst, Maerad. Cadvan ist ein guter Freund, ein alter Freund, außerdem einer der ehrenwertesten Menschen, denen ich je begegnet bin. Es gibt nicht viele Barden wie ihn. Sei versichert, dass uns das bewusst ist.«
    Maerad nickte und fühlte sich abermals töricht; andererseits war sie dieser Art freundschaftlicher Hänseleien zuvor nie begegnet, weshalb es ihr schwerfiel, sie

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