Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe
ich hungrig. Wir sollten uns etwas zu essen besorgen.« Maerad öffnete den Mund, um einzuwenden, dass sie nicht zugestimmt hatte, Inneil zu verlassen, doch sie stellte fest, dass sie überaus durstig war, und meinte, dass sie Cadvan diesen Punkt auch später noch näherbringen könnte.
Gemeinsam gingen sie zur Vorratskammer in Silvias und Malgorns Haus, wo Cadvan den Köchinnen etwas Wein, Brot und Käse abschwatzte, dann trugen sie ihre Mahlzeit hinaus auf den Hof. Es war sonnig, und die Steinbank erwies sich als warm. Genüsslich machten sie sich über das Brot und den Käse her.
»Das heute ist gut verlaufen, allerdings vorwiegend dank Oron«, meinte Cadvan. »Ich habe mich heute Morgen früh mit ihr getroffen, und wir hatten ein langes Gespräch. Das Erste, was es zu tun galt, war, dich zu Elevin von Pellinor ernennen zu lassen, was eigentlich, wie gesagt, schon hätte geschehen sollen, als du sechs oder sieben Jahre alt warst. Obwohl einige recht erbittert dagegen waren, mehr, als ich erwartet hatte … Ich muss noch darüber nachdenken, was das bedeuten könnte. Jedenfalls nichts Gutes, vermute ich. Hätten sie nicht zugestimmt, wärst du eine Elevin von Inneil geworden.«
»Und was wäre daran falsch gewesen?«, fragte Maerad. Ihr gefiel Inneil. »An sich nichts.« Cadvan sah sie an. »Aber Pellinor entspricht deinem Geburtsrecht und somit deiner richtigen Zuordnung. Jetzt bist du wirklich Maerad von Pellinor, bezeugt von den Barden von Annar, und das war ein wichtiger Schritt. Das Zweite, mich zu deinem Lehrer zu machen, ist noch ungewöhnlicher und etwas schwieriger zu erklären. Früher war es üblich, dass Barden eigene Lehrmeister hatten, aber das liegt hunderte Jahre zurück. Jetzt treten sie für gewöhnlich in eine Schule ein und nehmen den Namen der Schule an, in der sie unterrichtet werden, es sei denn, sie werden in einer Schule geboren. Nur, wenn man, so wie Oron, zum Oberhaupt des Zirkels wird, übernimmt man den Namen der Schule, in der man in der weiteren Folge wirkt.« Cadvan biss einen Brocken Brot ab und kaute hungrig. »Beim Licht, ich war wegen dieses Rates besorgter, als mir bewusst gewesen ist. Du hast mir sehr geholfen.«
»Hab ich das?«, fragte Maerad.
»Du warst so aufgebracht; das hätte niemand vorzutäuschen vermocht. Und du hast nicht versucht, dich einzuschmeicheln, wie es wohl jemand getan hätte, der etwas im Schilde führt«, klärte Cadvan sie auf. »Das hat diejenigen, die deinen Namen andernfalls vielleicht angezweifelt hätten, mehr als alles überzeugt, was ich hätte sagen können.«
»Ihr meint, ich habe mich wie ein Tölpel aufgeführt.«
»Nein, natürlich nicht. Ich meine damit, dass du diejenige bist, die du sagst, und das hast du deutlich zum Ausdruck gebracht. Ohne es zu wissen, hast du dir damit Freunde geschaffen, Maerad. Und auch Feinde. Ich habe dir ja gesagt, dass es Barden gibt, denen nicht zu trauen ist. Wahrscheinlich ist dir nicht ganz klar, wie gut du als Musikerin wirklich bist. Dein Auftritt letzte Nacht hat viele Leute beeindruckt, und das ist vor einem Saal voll Barden kein geringer Verdienst. Das hat erheblich dazu beigetragen, deine Aufnahme zu gewährleisten. Allerdings gibt es immer diejenigen, die neidisch auf Begabung sind. Und noch Schlimmere.«
Maerad dachte an Heigar, Usted und einige der anderen. Nein, ihnen traute sie nicht über den Weg, auch wenn sie Barden waren.
»Warum wolltet Ihr eigentlich mein Lehrer werden?«
Cadvan schwieg eine Weile. »Das ist schwierig zu erklären, Maerad«, erwiderte er schließlich.
»Aber ich werde Euch doch nur am Wamszipfel hängen, Euch aufhalten und Ärger bereiten …«
»Ja, das ist wohl wahr.« Cadvan lächelte. »Du weißt gar nicht, wie wahr, Maerad. Oder wie gefährlich die Wege wirklich sind, die ich beschreite. In vielerlei Hinsicht hat Silvia durchaus recht. Du hast ja bereits einen Vorgeschmack darauf erhalten, wie ich lebe, und trotzdem hast du eingewilligt, mich zu begleiten, statt in behaglichen Betten zu schlafen und die Künste mit Kindern deines Alters zu erlernen.« »Warum also?« Maerad war danach zumute, ihn in die Rippen zu knuffen. Cadvan eine geradlinige Antwort zu entlocken gestaltete sich bisweilen zäh wie Zähne ziehen. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, grinste er sie an. »Maerad, mein Gefühl bei dieser Sache ist ungetrübt. Unserer Begegnung haftet etwas Schicksalhaftes an, und ich glaube, unser beider Los ist auf eine Weise miteinander verflochten, die ich
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