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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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gewartet hatte, bis sie angezogen war, schleifte er sie durch Inneil zur Bibliothek am Kreis von Lanorgrim. Dort liefen sie, so schnell Maerad konnte, durch irrgartenähnliche Gänge zu einem winzigen Raum, der beinahe aus Büchern gebaut zu sein schien. Dort stellte Cadvan ihr einen dunkelhaarigen Barden vor, an den sie sich verschwommen vom Rat am Vortag erinnerte. »Das ist Dernhil von Gant, Bibliothekar des Zirkels«, stellte Cadvan den Mann kurz angebunden vor. »Dernhil, das ist Maerad von Pellinor. Dernhil hat freundlicherweise angeboten, dir die Grundlagen des Schrifttums beizubringen, wenngleich mir nicht klar ist, was du in weniger als einer Woche lernen sollst. Na ja, jedenfalls muss ich mich jetzt beeilen.« Damit rannte er zur Tür hinaus. Maerad stand vor Dernhil und versuchte, wieder zu Atem zu gelangen. Dernhil wirkte jünger als Cadvan, obwohl Maerad bereits wusste, dass das Alter eines Barden schwierig zu schätzen war. Er war groß und schlank. Aus seinem Gesicht sprachen Ruhe und Klugheit. In flinken, beweglichen Augen schimmerte nun stille Belustigung. Er trug die schwarzen Gewänder, in denen sie am Tag davor die Bibliothekare gesehen hatte, achtlos über blaue Hosen und einen Kasack geschlungen, die aus Seide gefertigt zu sein schienen. Um Zeit zu gewinnen, ließ sie den Blick durch die Kammerwandern.
    Dernhils kleines Reich enthielt einen riesigen, mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch, der fast vollständig von wackeligen Bücherstapeln, Pergamentrollen und Papierschichten bedeckt war. In der Mitte lag eine unverkennbar erst halb fertig gestellte Schriftrolle. Darauf prangte eine wunderschön geschwungene Schrift in schwarzer Tinte. Daneben stand ein Tintenfass aus poliertem schwarzen Stein, daneben wiederum eine aufwändig gestaltete, vergoldete Lampe, die einen warmen Lichtkegel über den Schreibtisch warf, welcher bis zu der himmelblauen Seide reichte, mit der zwei Stühle daneben überzogen waren. Einer davon stellte unverkennbar Dernhils üblichen Sitzplatz dar; auf dem anderen türmte sich ein weiterer einsturzgefährdeter Bücherstapel.
    Maerad empfand den leichten Duft von Tinte als angenehm; er kitzelte etwas in ihrem Gedächtnis, wenngleich sie die entsprechende Erinnerung nicht auszugraben vermochte. Trotz des Durcheinanders vermittelte der Raum keinen schäbigen Eindruck, sondern ließ eher ungeordnet überbordenden Fleiß erahnen. Durch ein hohes Fenster ergoss sich das frühe Licht des Tags über die Wände, brachte die Farben sonderbarer Instrumente und Zierstücke auf den Regalen entlang einer Wand zur Geltung und betonte die vergoldeten Buchstaben auf den endlosen Reihen von Büchern. In einem kleinen Kamin knisterte ein Feuer. Maerad empfand die Kammer als den interessantesten Raum, den sie je gesehen hatte.
    »Nun denn«, meinte Dernhil. »Eine glänzende junge Musikerin, die nicht lesen und schreiben kann, und nur eine Woche, um dich zu unterrichten. Was für eine Herausforderung! Wo sollen wir anfangen?« Er betrachtete Maerad, als könnte sie ihm die Antwort verraten. Sie senkte den Blick zu Boden und fühlte sich, als hätte er sie gerügt. »Es ist keinen Schande, etwas nicht zu wissen«, sagte er freundlich. »Schändlich ist nur, nicht lernwillig zu sein. Ich kann dir die Buchstaben der Hohen Sprache beibringen, die vor langer Zeit von Nelsor in Afinnil erfunden wurden. Ich glaube, damit wäre dir am meisten gedient, denn das ist die am häufigsten von Barden verwendete Schrift. Allerdings gibt es daneben noch viele weitere, die von anderen Menschen verwendet werden und die auszulassen mich schmerzen wird. Nur leider reicht die Zeit nicht, um dir alle beizubringen. Allein für die Einführung würden wir ein Jahr brauchen, wenn du schnell lernst.«
    Er musterte seine schweigende Schülerin, als wöge er ihre Möglichkeiten ab. Dann entfernte er sämtliche Bücher von seinem Ersatzstuhl, indem er sie ohne viel Federlesen auf den Boden plumpsen ließ, und schob den Stuhl zum Schreibtisch, auf dem er ebenfalls Platz schuf, indem weitere Bücher auf den Boden wanderten. Schließlich forderte er Maerad mit einer Geste seines Kopfes auf, sich neben ihn zu setzen. Er legte zwei Blatt Papier vor sie beide und reichte Maerad einen goldenen Federhalter. In den langen Schaft war das Bildnis einer sonderbaren, fliegenden Schlange geschnitzt, die sich um den Federhalter wand. Der Kopf endete unmittelbar oberhalb der feinen Metallspitze. Neugierig beäugte Maerad das

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