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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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zu träumen.
    Weit entfernt in der Schule von Inneil fiel ein Mondlichtstrahl durch das Fenster auf Silvias Wange. Sie hob die Hand ans Gesicht, murmelte etwas Unverständliches und drehte sich herum. Auf der Straße unten schimmerte das Kopfsteinpflaster weiß im Mondschein, durchzogen von tiefen Schatten. Alles wirkte friedlich, doch hätte jemand länger hingesehen - beispielsweise ein Vogel auf einem Dach -, er hätte vermutlich im trügerischen Licht des Mondes geblinzelt und vermeint, seine Augen spielten ihm Streiche. Denn bisweilen hatte es den Anschein, dass die Schatten anschwollen und sich verzerrten, als bewege sich etwas Schwarzes verstohlen an den Gebäuden entlang. Schüttelte man jedoch den Kopf und sah genauer hin, war nichts zu erkennen. Hätte der Beobachter Geduld bewahrt, wäre ihm nach einer Weile klar geworden, dass tatsächlich zwei dunkel gewandete Gestalten, die das Licht mieden, von Eingang zu Eingang schlichen.
    So bahnten sie sich den Weg die Straße hinauf, bis sie die Stufen von Malgorns und Silvias Haus erreichten. Dort hielten sie inne, erklommen die kurze Treppe und versuchten, die Tür zu öffnen. Ein jäher, unerträglich greller Lichtblitz zuckte auf, und sie wurden auf die Straße zurückgeschleudert. Hastig rappelten sie sich auf und verschwanden in der Finsternis.
    Wenig später saß Dernhil genau so in seiner Kammer, wie Maerad sich ihn bisweilen ausgemalt hatte - das Kinn auf die Hand gestützt, tief in einem Buch versunken. Das Feuer knackte träge in seiner letzten Glut vor sich hin, das Licht der Lampe ergoss sich friedlich über die verstreuten Bücher und Schriftrollen auf dem Schreibtisch. Plötzlich schaute Dernhil wachsam auf wie ein Reh, das einen Wolf wittert, und beinahe unmittelbar danach klopfte es an der Tür.
    Dernhil verharrte reglos auf dem Stuhl und stand nicht auf, um zu öffnen. Ein weiteres Klopfen ertönte, als würde mit einem schweren Stab gegen die Tür geschlagen, dann barst sie auf. Zwei Gestalten standen im dunklen Flur.
    Dernhil erhob sich, als die Eindringlinge ins Licht traten. Sie trugen schwere Gewänder und Stiefel, ausnahmslos schwarz, und ihre Kapuzen verdunkelten die Gesichter, obwohl er rot glimmende Augen daraus hervorleuchten sah. Grabeskälte hielt mit den Gestalten Einzug, und Dernhil hob die Hände, als wollte er sie abwehren. »Du kannst dich nicht gegen uns schützen!«, fauchte einer der beiden herrisch und vollführte eine sonderbare Handbewegung.
    Mit einem Schlag erstarrte Dernhil, wie zu Eis gefroren.
    »Wir sind gekommen, um eine kleine Auskunft einzuholen, Dernhil von Gant. Hilf uns, und unser Meister wird dich reich belohnen.«
    Eine lange Stille trat ein. »Ich weiß, wer ihr seid«, brachte Dernhil schließlich hervor. Seine Stimme klang gezwungen, als litte er Schmerzen. »Mit dir und deinesgleichen lasse ich mich nicht ein.«
    Sein Gegenüber hob einen Finger, woraufhin Dernhil das Gesicht zu einer Grimasse verzog.
    »Sprich nicht so voreilig«, mahnte der Fremde. »Du weißt nicht, was dir in dieser Welt oder der nächsten noch bevorsteht, Barde. Denk noch einmal nach. Wir haben gehört, dass du ein Mädchen unterrichtest. Was weißt du über sie?«
    Diesmal blieb Dernhil stumm. Er starrte sie nur mit stetem Blick an, und ein leichter Lichtkranz, der an den Schein von Sonnenlicht auf Sommerbäumen oder das Strahlen eines Springbrunnens erinnerte, schien seine Umrisse zu säumen. Die andere Gestalt zischte und sog heftig den Atem ein, und beide wichen zurück. Der Erste ergriff wieder das Wort, presste eine vor Wut angespannte Stimme zwischen den Zähnen hindurch.
    »Eine solche Unverfrorenheit wirst du nicht ohne Weiteres überleben«, knurrte er. »Aber wenn du nicht freiwillig antwortest, werden wir uns die Antwort holen.« Damit näherte er sich Dernhil, der sich nach wie vor nicht bewegen konnte, und umfasste mit der Hand dessen Kinn. Dernhils Augen weiteten sich vor Abscheu und Furcht, als die Hand ihn gnadenlos zwang, der Gestalt ins Antlitz zu blicken. Dernhil vermochte weder die Augen zu schließen noch den Kopf abzuwenden. Es schien, als stünden die beiden ewig so da, der Barde und der Vermummte, gefangen in einem verzweifelten, stummen Gefecht. Schließlich entrang sich Dernhil ein spitzer Schrei, und er brach auf den Boden zusammen. Die erste Gestalt wandte sich mit einer verächtlichen Geste von ihm ab.
    »Er weiß nichts«, verkündete er. »Gar nichts.«
    »Damit ist er nutzlos«, meinte der andere und

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