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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Schriftrollen, mächtige, ledergebundene Einbände und seltsame Gegenstände stapelten, deren Zweck Maerad nicht zu erahnen vermochte. Sie war zufrieden damit, durch die Räume zu schlendern und den lesend an Tischen sitzenden oder auf Trittleitern die Regale durchstöbernden Barden zuzunicken. Dabei fragte sie sich, wie überhaupt jemand hier etwas finden konnte, und nach einer Weile verspürte sie allmählich Ehrfurcht ob des blanken Umfangs des Wissens, an dem sie so unbekümmert vorbeispazierte. Selbst wenn sie ihr ganzes Leben ausschließlich mit Lesen zubrächte, könnte sie nie alles bewältigen. Während sie sich in den hinteren Bereich der Bibliothek vorarbeitete - sie vermutete, dass sich Cadvan in den älteren, in den Fels gehauenen Räumen befand -, stieß sie auf immer mehr Kammern, die so aussahen, als würden sie nie von jemandem aufgesucht. Dicke Staubschichten bedeckten die Regale, und sie wirkten trostlos. Da in vielen dieser Räume Dunkelheit herrschte, ergriff Maerad eine Lampe, mit der sie weiterging. Schließlich gelangte sie in eine lange, schmale Halle, an der kunstvoll gefertigte Silberlampen von der Decke hingen und helle Lichtkegel auf einen Tisch warfen, der sich über die gesamte Länge des Raumes erstreckte. Unter dem fernsten Licht sah Maerad Cadvan sitzen, der sich über eine auf dem Tisch ausgebreitete Schriftrolle beugte. Ihm gegenüber blätterte Nerili in einem dicken Buch.
    Unentschlossen hielt Maerad an der Schwelle inne und überlegte, ob sie eintreten und die beiden begrüßen sollte. Noch war ihre Gegenwart nicht bemerkt worden; zu sehr waren beide Barden in ihre Lektüre vertieft. Ihrem stillen Beisammensein haftete eine Gemeinsamkeit an, die zu stören Maerad zu schüchtern war. Letzen Endes kehrte sie um und versuchte, die leichte Bitterkeit zurückzudrängen, die ihr in die Kehle gestiegen war. An all den Abenden ihrer Gespräche hatte Cadvan nie erwähnt, dass Nerili ihm beim Durchforsten der Bibliothek half.
    Am Mittsommertag erklomm die Sonne einen Himmel so makellos blau wie das Ei einer Wanderdrossel. Die gewundenen Gassen und schmalen Straßen von Busk waren voll von Menschen, der Rest der Ortschaft schien sich auf die Balkone begeben zu haben, trank, schmauste, winkte und tratschte. Alle hatten ihre besten Kleider angelegt, und die Straßen strotzten vor Farbenpracht, schimmerten vor glänzender Seide, welche in Busk gewoben und gefärbt wurde: smaragdgrün, scharlachrot, golden, himmelblau und Türkis.
    Maerad verschlug es angesichts der Massen den Atem; noch nie hatte sie so viele Menschen auf so engem Raum gesehen. Während sie sich durch die engen Gassen drängte, blieb sie dicht bei Cadvan, der sich beständig einen Weg in Richtung der Küste bahnte, wo später an jenem Tag der Umzug stattfinden würde. Je weiter sie in die Stadt vordrangen, desto dichter, lauter und heißer wurde es. Kinder, die vorankommen wollten, schlängelten sich einfach zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurch. Einige trugen erstaunliche Masken aus gefärbten Federn und Seide, andere hatten sich lediglich die Gesichter bemalt, sodass sie kleine Füchse, Katzen, Eulen und Blumen verkörperten. Die meisten umklammerten mit Schleifchen versehene Schätze: Seidenbeutel voll Süßigkeiten oder Karamelläpfel am Stiel, die eigens vorbereitet worden waren, um von den Marktständen >gestohlen< zu werden. Niemand hatte es eilig; Maerad und Cadvan wurden oft für einen Plausch angehalten oder zu Balkonen gewunken, um sie auf ein Getränk einzuladen. Lächelnd lehnten sie ab und drängten weiter. Letztlich erreichten sie ihr Ziel, die »Kupferne Meerjungfrau«, die Lieblingstaverne der Barden, wo sie sich mit Freunden trafen, die versprochen hatten, ihnen Plätze frei zu halten. Selbst über den Lärm der Menge konnte man die Barden hören: Im Garten musizierten ein Makilon-Spieler und ein Trommler, und die Feiernden erstreckten sich plappernd und lachend über den Garten hinaus bis hinunter zum Wasser. Erleichtert blickte Maerad aufs Meer hinaus, den einzigen Ort, an dem sich keine Menschen drängten. Eine Brise strich über die Wellen und kühlte den Schweiß auf ihrer Stirn.
    »Mir war gar nicht klar, dass es so viele Leute auf der Welt gibt«, sagte sie und wischte sich die Haare aus den Augen, nachdem sie Platz genommen hatten. »Für gewöhnlich trifft man sie nicht so dicht beisammen an«, erwiderte Cadvan. Er schenkte ihr Zitronenwasser mit Pfefferminzgeschmack ein. »Tja, da wir nun

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