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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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weiter. Dennoch legte sich Maerads Erschöpfung ein wenig. Lirhan höhlte die Seele nicht so aus wie Annar, und vielleicht hatte der größere Teil ihrer Müdigkeit auch von der Ode des Landes gerührt. Trotz der drei Wochen beschwerlichen Reitens fühlte Maerad sich in guter Verfassung, und ihre natürliche Widerstandsfähigkeit behauptete sich.
    Allmählich begann sie den Verlust ihrer Kameradschaft zu spüren; zwar hatte Cadvan von jeher zu Einsilbigkeit geneigt, doch mittlerweile glich sein Schweigen einer undurchdringlichen Mauer. Ihre einzige Gesellschaft verkörperte Imi, die ihre Betrübnis fühlte und sich nachts dicht an sie schmiegte, um ihr Trost zu spenden. Maerad war dem Tier für dessen schlichtes Verständnis dankbar, aber es linderte den Schmerz in ihr nur geringfügig. Irgendwie fühlte sie sich von der Menschheit verstoßen.
    Sie bereute bitterlich, Ilar von Desor getötet zu haben. Auch die Worte, die sie Cadvan in jener Nacht entgegengeschleudert hatte, taten ihr leid. Allerdings konnte sie beides nicht ungeschehen machen. Ein wenig gedämpft wurde ihre Zerknirschtheit durch einen gewisser Trotz angesichts von Cadvans Wortkargheit, die sie als Strafe empfand. Obwohl sie jedes Entgegenkommen seinerseits begrüßt hätte, war sie zu stolz, um ihn um Verzeihung zu bitten. Unterschwellig verspürte Maerad obendrein blanke Furcht: Furcht vor ihrem Unterfangen, Furcht vor ihren Verfolgern und wohl am meisten von allem Furcht vor sich selbst.
    Abgesehen davon, dass die Berge allmählich näher rückten und die Ebene in ein hügeligeres, kälteres Gelände überging, verlief ihr Ritt ereignislos. Das Wetter blieb beständig. Jeder Tag brach mit einem klaren Himmel an, über den mächtige, unten purpurne und oben goldene und weiße Wolken trieben, aber inzwischen bot die Sonne wenig Wärme, und die Kälte des zur Neige gehenden Jahres fühlte sich nachgerade greifbar an.
    Cadvans Schätzung nach würden sie etwa eine Woche brauchen, um den Osidh Elanor zu erreichen. Der Elanor stellte eine der beiden großen Gebirgsketten von Edil-Amarandh dar und entstand angeblich vor vielen Äonen während der verheerenden Kriege der Elementare. Die Gipfel des Massivs waren mit Abstand die höchsten des Landes. Es gab nur zwei Wege hindurch: den Gwalhain-Pass, über den die südlichen Klans der Pilanel von ihren Winterlagerplätzen in Zmarkan zu den sommerlichen Weideflächen im westlichen Lirhan wanderten, und den Loden-Pass weiter östlich, unmittelbar nördlich von Pellinor. Der Pass war der Hauptgrund für Gahals Einwände gegen ihre Pläne gewesen, auf dem Landweg zu reisen. Er meinte, wenn jemand wüsste, dass Maerad und Cadvan nach Norden wollten, brauchte man nur dort zu warten und ihnen aufzulauern.
    »Wir werden darauf hoffen müssen, dass es niemand weiß«, hatte Cadvan damals entgegnet. Doch je näher sie den Bergen kamen, desto größer erschien das Wagnis. Dass Maerad die Bardin gemeuchelt hatte, vervielfachte ihre Gefahr: Mittlerweile würde sich weit herumgesprochen haben, dass sie sich im Norden Annars aufgehalten hatten, wenngleich Cadvan meinte, die Barden würden es für wahrscheinlicher halten, dass sie unterwegs zu seiner Heimatschule Lirigon waren. Dennoch bestand durchaus die Möglichkeit, dass ihnen die Schergen von Norloch bereits durch das westliche Lirion folgten, und auch andere könnten vermuten, dass sie nach Zmarkan wollten; die Finsternis war ihnen von Anfang an stets einen Schritt voraus gewesen.

Zwölftes Kapitel
     
Der Gwalhain-Pass
    Die Berge des Osidh Elanor schienen aus ihrem Dunstvorhang der Ferne schlagartig aufzutauchen, als hätte sich die trübende Luft, die sie wie bloße Bilder statt echte Gebilde wirken ließ, plötzlich wie ein Schleier fortgehoben. Vom Fuß der Hänge aus vermochte das Auge das gewaltige Ausmaß des Massivs nicht zu erfassen. Maerad konnte nur die niedrigeren Gipfel erkennen, und selbst die wirkten unwirtlich und Furcht einflößend. Welche Höhen dahinter aufragten, blieb ihrem Blick verborgen. Jedenfalls nahmen sich im Vergleich zu ihnen die Berge des Osidh Annova und selbst der Lamedon, wo sie ihre Kindheit in Sklaverei verbracht hatte, geradezu zwergenhaft aus.
    All die Pfade, die sich über die Rilnik-Ebenen schlängelten, verschmolzen hier zu einer einzigen, breiteren Straße mit zahlreichen tiefen Furchen. In regelmäßigen Abständen säumten aufrecht stehende Steine den Weg, die lange Schatten warfen, als der Tag sich dem Abend zuneigte. Die

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