Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
magisches Licht verwenden: Haben wir das Wasser überwunden, erwartet uns eine Kraft, die jegliche Magie verhindert. Folgt mir dicht, einer nach dem anderen. Soron, du bildest das Schlusslicht. Hem, du kommst als Erster. Bleib dicht hinter mir und tritt dorthin, wo ich es dir sage. Pass auf, dass du nicht ausrutschst; einige der Steine sind schleimig.« Hem nickte und folgte Saliman. Er sah, dass sich ein Pfad um die äußerste Seite des Tunnels, um den Rand des Wasserfalls herum wand, der zweifellos von Menschenhand geschaffen worden war. Saliman ging vorsichtig voran, überprüfte bei jedem Schritt den Halt, und Hem bündeltealle Aufmerksamkeit darauf, die Füße auf dieselben Stellen zu setzen wie Saliman. Der Barde hatte Recht: An manchen Stellen war der Fels äußerst rutschig.
Behutsam und langsam umrundeten sie den Rand der Höhle und gelangten bald beinahe unter den Wasserfall, wobei sie nur eine überhängende Felslippe davor schützte, hinabgespült zu werden. An der Stelle war der Pfad überaus schmal, kaum breiter als die Fußlänge eines Mannes, und es gab nichts, woran man sich festhalten konnte. Salimans magisches Licht erlosch. Hem schlug das Herz bis in den Hals. Er presste sich an die Wand und versuchte, dem Lärm zu seiner Linken keine Beachtung zu schenken, wo ungesehen gewaltige Wassermassen in ungeahnte Tiefen, in einen unvorstellbaren Abgrund hinabstürzten. Irc klammerte sich an seinem gewohnten Platz auf Hems Schulter fest; er hasste das Tosen des Wassers und die völlige Schwärze. Es schienewig zu dauern, aber schließlich weitete sich der Pfad, und sie gelangten auf einen breiteren Sims.
Dort hielt Saliman schwer atmend inne. »Der erste Teil ist überstanden«, verkündete er. »Hier können wir kurz rasten.«
Hem nickte und setzte sich behutsam, wobei er mit den Händen abtastete, wie vielPlatz er hatte. Er fühlte sich erschöpfter, als er nach dem eigentlich eher kurzen Weg vermutet hätte.
Nach einer allzu kurzen Pause setzten sie den Marsch fort, der sich als Herausforderung einer ganz anderen Art erwies. Behutsam mussten sie sich einen Pfad entlang kämpfen, der so schmal wie jener um den Wasserfall herum war, zudem so steil, dass er fast lotrecht anstieg. Hem kletterte hinter Saliman her, tastete mit jedem Fuß und jeder Hand nach Halt und lauschte Salimans Anweisungen, während Irc sich nachtblind so verbissen an seinem Haar festklammerte, dass es schmerzte. Allmählich verhallte das Tosen des Flusses hinter ihnen.
Trotz der Kälte drang Hem Schweiß aus allen Poren, als sie endlich über eine Steinlippe kletterten und auf ebenen Boden fielen. Er blieb wie ein gestrandeter Fisch liegen, sog gierig die Luft ein und fühlte sich benommen vor Erleichterung. Irc feierte, indem er den Jungen ins Gesicht zwackte. Hem stieß ihn weg.
Für einige war es einfach, meinte er zu Irc. Ein gewisses Tier musste ja nicht klettern. Irc krächzteselbstgefällig. Da sie sich nicht mehr in einem beengten Raum befanden, fühlte er sich deutlich wohler.
Saliman breitete die Hände aus, und ein silbriges Licht füllte die Höhle. Hem blinzelte, dann kroch er zum Felsrand. Was er sah, ließ seinen gesamten Körper erkalten. Er blickte über die Kante einer hohen Felswand. Er konnte das dunkle Band des Pfades ausmachen, den sie gerade erklommen hatten. Er fiel an die hundert Spannen weit ab, dann beschrieb er eine scharfe Biegung nach rechts auf den Sims, auf dem er und Saliman sich ausgeruht hatten. Wenn er angestrengt hinschaute und die Augen zusammenkniff, konnte er sogar den schmalen Steg erkennen, der um den Wasserfall herumführte, bis er im Sprühnebel des Wassers und der Dunkelheit verschwand. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, was ihn erwartet hätte, wäre er ausgerutscht und abgestürzt. Der Wasserfall stürzte an dem Steg vorbei weit hinab in einen so tiefen Abgrund, dass er dessen Boden nicht sehen konnte. Hätte er das volle Ausmaß der Gefahr gekannt, wäre er vor Angst regelrecht gelähmt gewesen. Seine Blindheit war ein Segen gewesen.
Die Helligkeit schrumpfte auf das winzige magische Licht zusammen, und Hem setzte sich auf den Sims, während sein Herz mit verzögertem Schrecken heftig gegen seine Rippen hämmerte.
»Und du wirst das vier Mal machen?«, fragte er, setzte sich auf und starrte Salimanmit offenem Mund an.
»Eigentlich fünf Mal.« Saliman lächelte und sah ihn müde an. »Mach ein magisches Licht, Hem, und warte auf mich. Die Zeit wird dir lang vorkommen, aber ich
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