Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
jubelten der Flamme zu, die Augen leuchtend vor Triumph. Nun standen sie wieder nur unter dem gewöhnlichen Bann, dachte Hem; die Bindung entstand demnach nicht allein durch das Morralin. Zusätzlich wurden sie von den Untoten gesteuert, wenn es zum Gefecht kam. Hem musterte die verwundeten Bluthunde und widerstand dem Drang, zu ihnen zu gehen, um ihnen zu helfen; Nichts würde ihn schneller verraten als das Zeigen von Mitgefühl. Untote bewegten sich bereits auf sie zu; zweifellos besaßen sie eigene Heilverfahren.
Hem setzte sich ans Feuer und hüllte sich in seinen Mantel. Plünderer näherte sich ihm grinsend.
»Goromants!«, rief er. »Denen haben wir’s ganz schön gezeigt. Wir haben es ihnen ordentlich gegeben.«
Hem versuchte, ebenso aufgeregt auszusehen wie Plünderer, und reckte die Faustin die Luft. Doch der Junge war bereits an ihm vorbeigegangen, um einem anderen Bluthund seine Freude zuzujubeln.
Goromants. Die Bezeichnung hatte Hem schon gehört. Allerdings hatte er gehofft, nie aus nächster Nähe zu erfahren, wofür sie stand. Die Wirklichkeit war wesentlich schlimmer als jedes Gerücht.
Hem schloss die Augen und ließ das Feuer die Kälte der Nachwehen seiner Erschütterung vertreiben. Er hätte nie gedacht, dass er einmal froh sein würde, sich unter Bluthunden zu befinden; aber vermutlich bedurfte es einer Raserei wie der ihren, um so Furcht erregende Kreaturen zu bezwingen. So verstümmelt sie waren, sie lebten immer noch. Ihre schrecklichen Todeslaute untermalten schier endlos die Siegesfeier der Bluthunde und beeinträchtigten den spärlichen Schlaf, der Hem während der restlichen Nacht noch zuteil wurde.
Auch am nächsten Tag, als die Bluthunde weitermarschierten, lebten die Goromants noch. Vorbeigehende Bluthunde traten gegen die zuckenden Leiber oder spuckten auf sie. Hem wandte die Augen ab.
Es dauerte drei Tage, die Glandugir-Hügel zu überwinden. Es folgten noch mehrere Angriffe, stets bei Nacht, aber sie sahen keine weiteren Goromants. Einmal war es ein Schwärm der geflügelten Kreaturen, von denen Hem und Zelika zwei getötet hatten, ein anderes Mal ein Rudel zweiköpfiger Wildschweine. Diese Kreaturen ließen sich weit einfacher vertreiben als die Goromants; sobaldein oder zwei davon getötet waren, zogen die anderen sich zwischen die Bäume zurück. Einige weitere Bluthunde wurden verletzt. Jene Verwundeten, die noch laufen konnten, marschierten aus eigener Kraft weiter, weil die Angst davor, zurückgelassen zu werden, die eigenen Schmerzen überstieg. Wer zu schlimm verletzt war, um weiterzugehen, wurde von den Untoten kurzerhand getötet.
Inmitten der Hügel gab es an den dunkelsten Stellen Bäume, die nachts mundlos seltsame Rufe brüllten, die den Bluthunden Schauder über die Rücken jagten und sogar die Untoten beunruhigten. Einmal schnitt ein Bluthund einen Ast als Feuerholz ab, und der Baum kreischte auf, schlug mit dem Geäst um sich wie ein Tier, und ein Blutschwall ergoss sich auf den Bluthund. Ein anderes Mal sah Hem, wie ein Bluthund von einer Ranke gefangen wurde, die scheinbar harmlos auf dem Pfad lag; unklugerweise trat der Junge darauf, und die Pflanze schlang sich um seinen Fuß. Gellend und sich windend, an Zweigen und Grasbüscheln Halt suchend, wurde der Junge mit erschreckender Geschwindigkeit außer Sicht gezerrt. Erschüttert und wie gebannt hielten die Bluthunde an, während die Schreie des Jungen zu einem hohen, blubbernden Kreischen anschwollen und dann abrupt endeten.
All das beobachtete Hem mit einer wachsenden Taubheit. Nicht einmal Angst verspürte er noch. Er brauchte alle Kraft allein dafür, am Leben zu bleiben. Ohne Aussicht auf Erholung in Nyanars verzaubertem Heim und ohne Irc fühlte er sich mittlerweile wahrlich allein. In den schwarzen Tiefen der Glandugir-Hügel versank die Hoffnung so tief in ihn, dass er sie kaum noch erreichen konnte.
Er bemühte sich, aufmerksam zu bleiben und unter den Bluthunden nach Zelika Ausschau zu halten, aber seine Wahrnehmung schrumpfte auf seine unmittelbare Umgebung. Sein Hunger begleitete ihn ständig und flaute nur durch schlimme Magenkrämpfe etwas ab; die meiste Zeit wollte er gar nichts essen und musste sich zwingen, seine kärglichen Rationen zu kauen, weil er es sich nicht leisten konnte, zu schwach zu werden. Hem teilte sich seine Vorräte so ein, dass sie für die Dauer der Reise reichen würden, dennoch würde er es mit ihnen nicht bis nach Dagra schaffen. Er würde wieder anfangen müssen
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