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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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er nach den vergangenen Tagen gedacht hatte, gegen jeden Schrecken gefeit zu sein, hatte ihn der Anblick zutiefst verstört.
    Die Hundsoldaten bestanden aus einer Mischung aus Metall und Fleisch. Es war schwierig zu erkennen, wo die Rüstung endete und der Körper begann. Wenn Hem sich einem von ihnen näherte, spürte er die Hitze, die sie abstrahlten wie ein Kohlenbecken. Sie waren kräftig gebaut, ragten anderthalbmal so hoch auf wie ein großer Mann und bewegten sich mit bedächtiger, bedrohlicher Langsamkeit. Statt Händen besaßen sie Greifvorrichtungen mit Metallgelenken und einziehbaren Klauen aus blauem Stahl. In der Mitte prangten schwarze Löcher, aus denen sie gezielt jenes flüssige Feuer hervorspeien konnten, das so grässliche Verletzungen verursachte. Waffen trugen sie keine: Das brauchten sie nicht.
    Doch es war weder ihre Größe noch der Umstand, dass sie eindeutig nur lebten, um zu töten und zu verstümmeln, die ihn vor ihnen zurückschrecken ließen. Er hatte einen flüchtigen Blick auf das Gesicht unter dem Eisenhelm eines Hundsoldaten erhascht- eine Fratze, entstellt von den mit grauenhaften Stahlfängen bewehrten Mäulern, die aus den Wangenknochen ragten.
    Und er hatte die Augen gesehen. Menschliche Augen mit einem menschlichen Verstand. Da erkannte er voll Entsetzen, dass der Hundsoldat ein Mensch war - oder gewesen war.
    Hatten sie einst gewöhnliche Männer und Frauen verkörpert, die durch eine Hexerei, die Hem nicht verstand, in diese albtraumhaften Gestalten verwandelt worden waren? Vermehrten Hundsoldaten sich? Oder mussten sie alle erst geformt werden wie die Bluthunde? Und falls sie aus gewöhnlichen Menschen erschaffen wurden, wie empfanden sie das, was aus ihnen geworden war?
    In jenem Anflug von Mitgefühl hoffte Hem inständig, dass die Hundsoldaten überhaupt nichts empfanden. Andernfalls wäre es unvorstellbar grauenhaft, ein Hundsoldat zu sein. Aus ihren entstellten Gesichtern ließen sich keine Hinweise ablesen; ihre Augen wirkten hart und ausdruckslos, unbarmherzig wie die eines Untoten. Aber vielleicht weilten in den Tiefen jener verstümmelten Körper noch die Geister sanfterer Erinnerungen, vielleicht sogar von Liebe … Die Vorstellung erfüllte Hem mit einem bodenlosen Grauen, und er wandte sich schwer atmend ab. Sie waren wie die Bluthunde, nur schlimmer. Und dabei hatte Hem gedacht, etwas Schlimmeres als die Bluthunde könnte es nicht geben.
    Der Junge schüttelte sich. Er konnte es sich nicht leisten, so zu denken. Das bloße Überleben würde sich schwierig genug gestalten.
    Die Untoten gaben eine mörderische Geschwindigkeit vor. Trotz des Pfades war es ein beschwerlicher Marsch: Es ging auf und ab über manchmal sehr steile Hügel, doch öfter bergauf als bergab. Nach kurzer Zeit befanden sie sich in einem dichten Wald. Der Baldachin über ihnen bestand aus dicht ineinander verschlungenem Geäst, weshalb ständig Sonnenuntergang zu herrschen schien. Die Bluthunde spähten besorgt zwischen die Bäume, während sie marschierten. Hem dachte an die geflügelten Kreaturen, die ihn und Zelika am Rand der Hügel angegriffen hatten, dann versuchte er hastig, doch nicht an sie zu denken. Der Pfad wand sich zwischen den Bäumen dahin, von den Füßen der Bluthunde aufgewühlt zu klebrigem, glitschigem Schlamm, der schwer an Hems Sandalen haftete. Je weiter sie in den Wald vordrangen, desto übler wurde Hem; seine Beine schienen aus Stein gemacht, und im Mund hatte er fortwährend einen üblen Geschmack. Die Luft fühlte sich dick und irgendwie schwer zu atmen an.
    Der erste Tag verlief ereignislos. Sie schliefen dIrc?t auf dem Pfad, an der Stelle, wo sie anhielten; trotz der Feuchtigkeit wagte sich keiner der Bluthunde zum trockeneren Boden zwischen den Bäumen vor. Die Untoten entzündeten mittels Hexerei Feuer und hackten Holz von den Bäumen in der Umgebung, um es zu nähren. Die Bluthunde drängten sich um die Wärme und starrten furchtsam in die von Geräuschen erfüllte Nacht: das regelmäßige Ächzen von Geäst, das sich wie eine Art Sprache anhörte; Unheil verkündendes Rascheln; das Geheul und Gebell von Tieren auf der Jagd; das Kreischen von Nachtvögeln.
    In den Lidschlägen, bevor der Schlaf ihn überwältigte, wünschte Hem, er könnte mitIrc reden. Er musste daran denken, wie wütend der Vogel bei ihrem letzten Gespräch gewesen war, wie harsch die Worte, mit denen sie sich voneinander verabschiedet hatten. Die Erinnerung war so schmerzlich, dass er seinen

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