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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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betätigte sich gehorsam und geduldig mit dem Mörser und dem Stößel, um Kräuter zu zermahlen, oder verrichtete Botengänge. Auch sie wirkte angespannt und niedergeschlagen. Ihr Mund bildete eine verkniffene Linie der Erschöpfung. Vom Kämpfen sprach sie nur noch selten mit Hem, und in den wenigen freien Augenblicken, die sich Hem boten, fragte er sich, ob all das Leid, das sie gesehen hatte, ihr inbrünstiges Verlangen nach Rache gedämpft hatte. Es konnte auch an der Hitze gelegen haben, die sich als erbarmungslos erwies. Die Tage des Spätsommers stürzten sich auf die Stadt wie ein ausgehungerter Löwe. In Friedenszeiten wären die Straßen von Turbansk verwaist gewesen, nachdem der Morgentau sich in den Dunst der Stadt verwandelt hätte, während die Bevölkerung sich bis zur Kühle des Abends in die inneren Räume ihrer Häuser zurückgezogen hätte. Erst dann wäre die Stadt zum Leben erwacht. So jedoch herrschte in Turbansk ständig reges Treiben, zumal die Stadt von der gnadenlosen Sonne ebenso heimgesucht wurde wie von dem Feind vor ihren Toren.
    Manchmal dauerte es nachts Stunden, bis es abkühlte. Danach schliefen jene, die das Glück hatten, in der Innenstadt zu wohnen, auf den Dächern ihrer Häuser unter den Sternen. In der Nähe der Stadtmauern war dies zu gefährlich: Die Schwarze Armee hielt ihren Angriff ohne Unterlass aufrecht. Die ganze Nacht hindurch schleuderten Katapulte Steine oder noch gefährlichere flüssige Zauberfeuer in die Stadt - weiß glühende Geschosse mit einem roten Schweif, die mit seltsamer, schrecklicher Anmut durch die Nachtluft segelten und beim Aufprall in Flammen explodierten, die alles rings um sie entzündeten.
    Jeder neue Tag fühlte sich trostloser als der vorherige an, und ein Dunst der Verzweiflung begann, sich wie ein böser Nebel durch die Stadt auszubreiten. Davon zu reden, bis zum Tod gegen einen Feind zu kämpfen, der nicht besiegt werden konnte, war eine Sache; Tag für Tag von der Hitze ausgelaugt Widerstand zu leisten, während überall Freunde getötet wurden und man sich einer Armee gegenübersah, die trotz kleiner Siege überwältigend wie ein endloses Meer blieb, eine ganz andere. Würde nur endlich der wahre Angriff beginnen, munkelten manche, dann wäre es vielleicht nicht so schlimm - aber der Schwarze Hauptmann wartete ab und hielt sich zurück, während die Kräfte der Stadt in kleineren Geplänkeln aufgebraucht wurden. Das Schlimmste stand noch bevor.
    Andere riefen nach einem wagemutigen Ausfall gegen den Feind, um die Schwarze Armee entscheidend von den Stadtmauern zurückzudrängen, wenngleich jeder, der einen Blick auf den Feind warf, unweigerlich wissen musste, dass dies einer selbstmörderischen Torheit gleichgekommen wäre. Und wieder andere begannen leise davon zu tuscheln, die Stadt zu verlassen. Wieso für eine Stadt sterben, die bereits dem Untergang geweiht war? Und sie blickten furchtsam über die glitzernde Oberfläche des Lamarsan-Meeres, wo jene mit den schärfsten Augen in der Ferne bedrohlich eine dunkle Seestreitkraft ausmachten. Vermutlich bleiben wir, weil wir nicht hinauskönnen, meinten die Flüsterer dann: Der Seeweg ist versperrt; wir sind hier gefangen und werden sterben, ob wir wollen oder nicht. Es ist zu spät, klagten die Flüsterer, zu spät, zu spät…
    Hem sah weder Har-Ytan noch Juriken wieder, auch Saliman bekam er nur noch selten zu Gesicht. Und unter jedem solchen Augenblick lag die dumpfe Bedrohung, dass jede kurze Unterhaltung ihre letzte sein könnte; Hem wusste zwar nicht genau, worin Salimans Pflichten bestanden, dennoch war ihm klar, dass der Barde sich nie weit von der Gefahr entfernt befand. Wenn er Saliman begegnete, war dieser zu müde, um viel zu reden, auch lächelte er kaum noch. Stattdessen starrte er Hem mit unergründlichem Blick an, erkundigte sich, wie es ihm ging, nickte und versank in Schweigen. Nur Irc schien unberührt von der wachsenden Verzweiflung, die sich in Turbansk ausbreitete. Mit einem heiseren Kichern erzählte er Hem, dass dies eine günstige Zeit für ihn sei: Er häufte eine beeindruckende Sammlung glänzender Löffel, Knöpfe und anderer Schätze an, die er aus dem Palast stibitzte und irgendwo unter dem Dachgesims versteckte. Wenn Hem sich schlafen legte, tröstete ihn Ircs Gegenwart,und als ob der Vogel dies wüsste, begab er sich oft nicht auf seiner Sitzstange zur Ruhe, sondern kauerte sich im Bett dicht an den Körper des Jungen und krächzte sich in den

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