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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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vieles zugetragen, dachte er verwirrt. Es war alles zu seltsam und schrecklich.
    Gegen Abend waren die Heilhäuser geleert. Hem stand am Eingang, blickte bedrückt die Straße zum Hafen hinab und beobachtete, wie die letzten Bahren sich langsam den Weg durch die abendlichen Schatten bahnten. Da die Wolken zunehmend tiefer herabhingen, war es bereits dunkel und sehr heiß; die Luft drückte mit erstickendem Gewicht auf ihn, und die untergehende Sonne tünchte alles in ein seltsames, gespenstisch grelles Licht. Hem fühlte sich vor Erschöpfung wie betäubt. Oslar, der mit den Verwundeten reisen sollte, kam zur Tür. Über die Schulter hatte er sich ein kleines Stoffbündel geschlungen, das all seine Besitztümer enthielt. »Tja, Hem, hier trennen sich unsere Wege«, meinte er.
    Elend schaute der Junge zu ihm auf. »Ja«, erwiderte er.
    »Es tut mir leid, dich zu verlassen. Vermutlich weißt du gar nicht, wie sehr ich mich in den vergangenen Wochen auf dich verlassen habe und wie dankbar ich dir für deine Hilfe bin. Es war eine schwere Last, die ich dir aufgebürdet habe.«
    Hem starrte weiter die Straße hinab. »Ich will nicht weggehen«, sagte er schließlich. »Ich wäre gerne bei Euch geblieben.«
    Oslar legte ihm den Arm um die Schultern. »So sollte es auch sein«, gab er zurück. »Leider entwickeln die Dinge sich selten so, wie sie sollten. Ichhatte nur ein einziges Mal einen so naturbegabten Schüler wie dich, und er hat nicht den Weg eines Heilers eingeschlagen.«
    »Wer war das?«, erkundigte Hem sich neugierig und verrenkte sich den Hals, um in Oslars Antlitz emporzublicken.
    »Saliman, natürlich«, antwortete Oslar lächelnd. »Er war mein Lehrling, als er kaum älter war als du. Aber sein brennendes Verlangen bestand darin, die hehren Überlieferungen zu verstehen, weshalb er nach Norloch reiste, um bei Nelac von Lirigon zu lernen. Vielleicht ist es möglich, auch zu begabt zu sein.«
    »Oh«, stieß Hem überrascht hervor. »Ich vermute, so hat er Cadvan kennen gelernt.« »Ja, er und Cadvan von Lirigon sind sehr alte Freunde«, bestätigte Oslar. »Natürlich kehrte er hierher zurück, denn er ist ein Turbansker bis ins Mark. Einst dachte ich, er würde mein Nachfolger werden. Leider jedoch wandelt er auf anderen Pfaden; was ich ewig bedauern werde. Unser Schicksal entfaltet sich nicht immer wie erwartet.« »Nein«, pflichtete Hem ihm mit einem Hauch Verbitterung bei.
    »Sei nicht verbittert, Hem, auch wenn dies bittere Zeiten sein mögen.« Oslar bückte sich und küsste Hem auf die Stirn. »So das Licht will,werden wir uns wiedersehen, wenn all das vorüber ist.«
    Mit ernster Meine schaute Hem in das Gesicht des Barden empor. »Ich muss noch viel lernen«, sagte er, wenngleich dies keineswegs das war, was er jenem weisen, gütigen Barden mitteilen wollte, der so freundlich zu ihm gewesen war und den er vielleicht nie wiedersehen würde.
    Oslar lächelte, als verstünde er, was Hem nicht auszusprechen vermochte. »Ja, mein Junge. Alles, was du zum Lernen brauchst, ist Verlangen, und das hast du. Möge das Licht deinen Pfad erhellen.« »Und den Euren«, erwiderte Hem inbrünstig. Ohne weitere Worte trat Oslar hinaus auf die dunkler werdende Straße, und Hem sah ihm nach, bis er in der Düsternis verschwand. Einen Augenblick lang fühlte er sich verloren, als hätte sich ein flüchtiges, strahlendes Kapitel seines kurzen Lebens endgültig geschlossen.

 
Das Westtor
    Hem wartete eine Weile an den Pforten der Heilhäuser auf Zelika, doch sie kam nicht. Letztlich vermutete er, dass sie wohl schon zum Ernan gegangen sein musste, und wanderte missmutig zurück zum Palast.
    Die Stadt erstreckte sich verwaist unter der sengenden Hitze; die Flaggen der Markisen auf dem Markt hingen schlaff und traurig herab, bloße Lumpen, bar jeder Freude. Irc war auf einen seiner geheimnisvollen Streifzüge verschwunden, wahrscheinlich, um den einen oder anderen glänzenden Gegenstand zu stehlen. Hem war besorgt; er wusste nicht, was geschehen würde, und wollte Irc nicht verlieren. Unterwegs stieß er auf Soron, dem er seine Sorge über Ircs Abwesenheit anvertraute.
    »Ich habe es ihm gesagt«, schimpfte er. »Ich habe ihm gesagt, dass er bei Sonnenuntergang hier sein soll.«
    »Er taucht immer auf«, erwiderte Soron. »Spätestens zum Abendessen. Und ich bin sicher, Zelika ist bereits im Ernan. Ich begleite dich; ich war ohnedies dorthin unterwegs.«
    Hem war dankbar für die Gesellschaft des Barden. Da er den

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